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Motorsport-Engagement Motorsport war für Wolfgang Kamradt schon ein Thema, als er noch nicht wusste, wie das geschrieben wird. Interessant war dabei natürlich der Sport an sich, sein Hauptaugenmerk richtete sich jedoch auf die im Motorradsport eingesetzte Technik. Von den noch relativ unbeholfenen Tuningversuchen an seinem ersten Victoria-Moped, hatte er sich schon bald unter dem Einfluss von Hans Perscheid weiterentwickelt. Bei Hans Perscheid fanden sich sich ohnehin viele Motorradfreunde ein, die aktiv Motorsport betrieben. Know-How und Arbeiten an Motor und Fahrwerk wurden bei Perscheid ebenso so an die Kundschaft weitergegeben wie die Ersatzteile. Der Kölner Verteilerkreis am Anfang/Ende der heutigen A 555 war bis Ende der 1960er Jahre der Kölner Motorradtreffpunkt schlechthin. Jeder, der sich für Motorradsport begeisterte und etwas auf sich hielt, traf dort auf Gleichgesinnte. Darunter Leute wie der "fliegende Bleistift" Reinhard Scholtis und Gerd Brauneiser. Wer sich regelmäßig bei Hans Perscheid traf, fand sich am Kölner Verteilerkreis ein, wenn Perscheid geschlossen hatte. Wolfgang Kamradt war in jenen Jahren in seiner Freizeit ebenfalls oft am Verteilerkreis zu finden. Motorradfahrer gab es in den 1960er Jahren in Deutschland nicht mehr viele. 1968 war der Gesamtbestand im Deutschland der alten Bundesländer an zugelassenen Motorrädern über 50 ccm Hubraum auf 311.000 gesunken und schon 1972 sollte der Tiefststand von 198.000 Maschinen erreicht werden. Anfang 2012 waren es dagegen in Deutschland einschließlich der neuen Bundesländer 3.908.072 Motorräder. Alle die in den 1960er Jahren in Wesseling ein Motorrad fuhren, kannte Wolfgang Kamradt persönlich. Darunter war auch ein gewisser Willi Bernartz, mit dem Kamradt bald Freundschaft schloss. Willi Bernartz war, wie noch weitere Freunde vom Motorradtreff, Mitglied im MSC Porz. In der Kölner Region hatte der MSC Porz in den 1960er Jahren schon einen sehr guten Ruf, weil viele sehr erfolgreiche Motorsportler dem Club angehörten. So kam, was kommen musste und Kamradt trat selbst 1966 seine Mitgliedschaft in dem Club an. Seine ohnehin schon vielfältigen Kontakte zu Motorradsportlern der Region wuchsen damit nochmals. Als junges Mitglied im MSC-Porz betätigte Kamradt sich 1966 und 1967 hin und wieder an sogenannten NG-Trials, die von verschiedenen Veranstaltern angeboten wurden. NG stand dabei für "nicht genehmigungspflichtig" und es durfte im Wettbewerb auch mitfahren, wer nicht über einen OMK-Ausweis oder eine Sportfahrerlizenz verfügte. |
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Rennmechaniker Hans Perscheid war in jungen Jahren selbst Straßenrennen in der 50er Klasse um den Moto-Cup mit einer selbst hergerichteten Kreidler gefahren. Doch auch als der Zweiradmechaniker-Meister Hans Perscheid sich selbst vom aktiven Rennfahrerleben zurückgezogen hatte, befasste er sich doch immer wieder mit dem Schnellermachen von Motoren. Andere Technik-Freaks fanden sich bei Perscheid ein und auch Kamradt war dabei, insbesondere nachdem er beruflich in Perscheids Dienste getreten war. Perscheid berichtet in seinen "Erinnerungen" von Versuchen, den 50er Kreidler-Rennmotor auf Drehschiebersteuerung umzubauen. Er ließ auch zu, dass sein im Geländesport erfahrener "Freund Werner" eine Kreidler Florett für den Geländesport herrichtete. Es war die Gelände-Kreidler, die lange Zeit in Perscheids Schaufenster gestanden hatte und die wieder halbwegs zurückgebaut 1963 Wolfgang Kamradt kaufen sollte. Als ein gewisser Matthias Schulz aus Wesseling auf Basis einer Victoria 159 TS eine Rennmaschine aufbaute, befasste sich Hans Perscheid mit der Idee, das Getriebe von serienmäßig fünf Gängen in ein Neungang-Getriebe umzubauen. Das war 1966/1967 und der damals bei Perscheid schon angestellte Wolfgang Kamradt setzte Perscheids Ideen zusammen mit Matthias Schulz technisch um. Den genauen Hergang schildert Hans Perscheid in seiner Geschichte selbst. Es war rückblickend schon eine beachtliche Leistung, die schließlich auch in der Praxis funktionierte. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass Wolfgang Kamradt, dem die Technik dieses Motors bestens vertraut war, bei den nachfolgenden Renneinsätzen von Matthias Schulz, als Rennmechaniker mit dabei war.
Im Einsatz für Walter Sommer Walter Sommer war, wie auch Wolfgang Kamradt, Mitglied im MSC Porz. Die beiden kannten sich schon, Sommer noch erfolgreich im Motorrad-Straßenrennsport in der 250er und 350er Klasse mit Motorrädern von Honda fuhr. Unterstützt und betreut wurde Sommer in der Zeit von der Mannschaft Friethjof Erpeldings aus Köln. Der war in jener Zeit Stützpunkthändler und stand den Honda-Händlern in der Region mit der Versorgung von Ersatzteilen zur Verfügung. Mit Honda gewann Walter Sommer 1964 den OMK-Juniorenpokal, wurde 1965 Deutscher Vizemeister und 1969 Deutscher Meister in der 350er Klasse. Das war dann auch das letzte Mal, dass in dieser nach heutigen Maßstäben kleinen Hubraumklasse ein Deutscher Meistertitel mit einem Viertakt-Motorrad errungen werden konnte. Zu leistungsstark waren inzwischen die Zweitakter und das geringere Gewicht sorgte ebenfalls für mehr Renntempo. Nur MV Agusta konnte international mit massivem Werkseinsatz noch einige Jahre die Viertaktfahne erfolgreich hochhalten. Erst 40 Jahre später soll die Moto GP 3 Rennserie mit 250er Viertaktern starten, aber nicht weil die technische Entwicklung diese gegenüber den Zweitaktern hätte wieder erstarken lassen, sondern sozusagen aus weltanschaulichen Gründen.
Walter
Sommer wollte gewinnen und hatte früh genug erkannt, dass
damals die Viertakttechnik gegenüber der Zweitakttechnik in
den kleineren Hubraumklassen nicht erfolgreich bleiben konnte. So
startete er ab 1970 in der 250er und 350er Klasse mit
Zweitakt-Production-Racern von Yamaha. Gleich im ersten Jahr mit
Yamaha kam für ihn in der 250er Klasse die Deutsche
Vizemeisterschaft heraus. Bei Hans Perscheid, der sich zu der
Zeit schon als linksrheinischer Yamaha Händler in der Region
etabliert hatte, war Wolfgang Kamradt inzwischen bestens mit der
Technik der Yamaha Motorräder vertraut geworden und hatte
zudem schon einschlägige Erfahrungen als Renntechniker
gesammelt. Die beiden Mitglieder des MSC Porz Kamradt und Sommer
fanden deshalb ab 1971 zu einem Team zusammen. Wolfgang Kamradt
war für das gute Funktionieren von Walter Sommers
Yamaha-Rennmaschinen zuständig. Sommer und Kamradt
bereiteten in der Woche gemeinsam die Maschinen vor. Ständig
mussten Teile der Maschinen geprüft, ggf. ausgetauscht und
optimiert und eingestellt werden. An den Wochenenden ging es dann
zu den Rennveranstaltungen: Das waren nationale Deutsche
Meisterschaftsläufe oder internationale Rennen bis hin zu
Weltmeisterschaftsläufen.
1972 gab es sturzbedingte Rennausfälle, so beim WM-Lauf im jugoslawischen Opatia/Rijeka. Deshalb konnte Sommer in dem Jahr nicht ernsthaft zu Meisterehren gelangen.
1973 erhielt Walter Sommer von Manfred Weihe, dem Geschäftsführer des deutschen Yamaha Importeurs Mitsui Maschinen GmbH zusammen mit Dieter Braun je eine neue Production-Racer-Yamaha für die 250er und eine für die 350er Klasse. Zusätzlich wurden kostenlos alle erforderlichen Ersatzteile für die Rennen um die Weltmeisterschaft zur Verfügung gestellt. Walter Sommer hatte zu Beginn 1973 die Arbeitsstelle in seinem erlernten Beruf aufgegeben und wollte ausschließlich als Profi-Rennfahrer sein Geld verdienen. Wolfgang Kamradt war für dieses Unternehmen als Rennmechaniker vorgesehen. Kamradt wollte dazu aber seine Anstellung bei Perscheid nicht aufgeben und fand mit dem kooperativen Hans Perscheid eine Lösung für rennsportbedingten vielen Ausfallzeiten am Arbeitsplatz. Schließlich kosteten die vielen Auslandsrenneinsätze mehr Zeit als ein normaler Arbeitnehmer Urlaub bekommen konnte. Wohl vorbereitet warteten Sommer und Kamradt brennend darauf, dass es im Frühjahr 1973 endlich mit der Rennerei wieder losgehen konnte. Vor dem ersten WM-Lauf stand im belgischen Mettet schon ein internationales Rennen auf dem Plan, wo sich viele Fahrer mit Rang und Namen trafen. Nach der langen Winter-pause wollten die Fahrer sich gegenseitig beschnuppern und sehen, wo sie selbst und wo die Konkurrenz stand. Walter Sommer konnte sich mit einem Sieg behaupten. Voller Zuversicht sahen Sommer und sein Team deshalb dem ersten WM-Lauf im französischen Paul Ricard entgegen. Dort
kam leider alles schneller anders als erwartet. Beim Training
blockiert an der Yamaha TZ 350 das Getriebe und Walter Sommer
stürzte infolgedessen sehr unglücklich. Dabei zog er
sich zahlreiche komplizierte Knochenbrüche zu. Der
Heilungsprozess war langwierig und an einer erfolgreichen
Teilnahme am Renngeschehen in absehbarer Zeit nicht mehr zu
denken. Walter Sommer, der zu der Zeit schon auf mehr als zehn
Jahre erfolgreichen Motorradsport zurückblicken konnte,
geriet ins Grübeln, sprach viel mit seiner Frau Lilli und
entschied schließlich, seine Karriere als Rennfahrer zu
beenden. Dennoch fuhr Wolfgang Kamradt zu allen WM-Läufen, um wenigstens alleine dem Treiben im Fahrerlager und an der Rennstrecke beizuwohnen. Das Mitsui Team hatte Walter Sommer trotz seines sturzbedingten Ausfalls zu allen WM-Rennen genannt. Walter Sommer erschien deshalb auch als Teilnehmer in den Rennprogrammen der Zuschauer. Dieser Umstand kam Wolfgang Kamradt indessen so weit zugute, dass er als "Mechaniker des Fahrers Walter Sommer" freien Zugang ins Fahrerlager und zu den Rennen hatte. Zu Sommers Team-Kollegen Dieter Braun und insbesondere zu dessen Rennmechaniker Sepp Schlögl konnte Wolfgang Kamradt die schon bestehenden Kontakte vertiefen. Schlögl war zu der Zeit als Rennmechaniker und Motorrad-Entwickler schon eine Klasse für sich und Kamradt wusste es sehr zu schätzen, wenn er ihm im Fahrerlager regelmäßig über die Schultern schauen und hin und wieder auch zur Hand gehen konnte. Bei diesen Gelegenheiten konnte Kamradt beobachten, dass Sepp Schlögl in Brauns 250 TZ die Kurbelwelle mit dem kürzeren Hub der Yamaha TD2B transplantiert hatte, die Zylinder der TD2B mit einer Bohrung von 56 mm auf Wasserkühlung umgebaut, die Kanäle für die Gasströmungen optimiert und die Leistungsentwicklung des 250er Motors damit dramatisch verbesserte hatte. Mit dem kürzeren Hub von 50 mm und der entsprechend größere Bohrung von 56 mm war die Motorfüllung entscheidend verbessert. Der Motor drehte damit ca. 1.000 U/min höher als der TZ 250 Motor mit dem längeren Hub. Das Team hoffte dabei, dass die selbstgebauten Zylinder standhielten, denn Ersatz dafür war nicht griffbereit. Weltmeister Dieter Braun Dieter Braun wurde mit diesem von Sepp Schlögl weiterentwickelten Motor 1973 zur großen Freude der Nation und seines Rennteams Weltmeister in der 250er Klasse. Er war damit schneller als die offiziellen Werksfahrer mit ihren Werksmaschinen. |
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Aktiver Geländesport 1974 und 1975 Als Rennmechaniker für Walter Sommer blieb Wolfgang Kamradt nicht viel Zeit für eigene Fahraktivitäten übrig. Für das Jahr 1974 hatte er deshalb beschlossen, selber Motorsport als Fahrer aktiv zu betreiben. Das sollte aber nicht im Straßenrennsport geschehen, obwohl er diesen ja schon von seinem Einsatz als Rennmechaniker sehr gut kannte. Kamradt startete im Geländesport. Das Tempo bei diesem Sport war nicht so lebensgefährlich hoch wie im Straßenrennsport, das finanzielle Budget war nicht so fordernd und in seinem Club, dem MSC Porz, spielte der Geländesport von Anbeginn an eine große Rolle, weil viele seiner Clubfreunde in diesem Sport schon großartige Leistungen erbracht hatten.
Zum Geländefahren erwarb Wolfgang Kamradt eine KTM 175 GS. Das war der letzte Typ von KTM, der mit dem Konfektionsmotor von Sachs ausgestattet war. Mit dem damaligen OMK-Ausweis nahm er 1974 an insgesamt 17 Geländewettbewerben teil, von denen er 16 mal die Zielflagge erreichte. Den einzigen Ausfall erlebte er ausgerechnet bei der Geländefahrt des MSC Porz. Dennoch, bei 15 der 16 Zieleinfahrten erntete Wolfgang Kamradt die Goldmedaille. Unter den Veranstaltungen war auch die Zweitagefahrt in Isny, in der die Lizenzfahrer um die Europameisterschaft rangen. Vor dem Wettbewerb hatte es tagelang geregnet und der ohnehin schon schwer zu fahrende Kurs war damit noch schwieriger zu bewältigen. Das war dann auch die Veranstaltung, bei der es "nur" für eine Silbermedaille reichte. Dennoch war Wolfgang Kamradt in seinem ersten Jahr aktiven Geländesport schon sehr erfolgreich und entsprechend zufrieden. Im großen ADAC war er damit 1974 der beste Ausweisfahrer in dieser Sportart überhaupt.
1975 startete Wolfgang Kamradt mit der nationalen Fahrerlizenz und der Option für die internationale Lizenz. Im Winter von 1974 auf 1975 hatte er voller Ehrgeiz zusammen mit dem Clubkameraden, Zündapp-Werksfahrer, späteren Mitgewinner der Welttrophy und Europameister Eberhard "Hardy" Weber sozusagen ein privates Trainingsprogramm in der Eifel durchgezogen. Die beiden hatten sich zu diesem Zweck beim damaligen "Nettwirt" in Drees, nahe dem Nürburgring, einquartiert. Der Nettwirt war in Motorradfahrerkreisen jener Jahre bestens bekannt, weil er der einzige Motorradfahrer-Wirt der 1960er und frühen 1970er Jahre in der Eifel weit und breit war. Diese Vorbereitungen waren mit Plänen gut ausgetüftelt und nutzten die veranstaltungsfreie Winterzeit sinnvoll aus: Es wurde gesund gegessen, Dauerlauf rund um Drees, Schwimmen im Schwimmbad Adenau und mit dem Motorrad viel im Gelände fahren. Plötzlich lacht Wolfgang Kamradt mit dem Hinweis: "Aber der Hardy Weber fuhr in einer ganz anderen Liga als ich". In der Klasse der Lizenzfahrer "wehte natürlich ein anderer Wind". Dazu kaufte Kamradt sich ein neues Motorrad, und zwar eine 125er KTM mit dem Sechsgang-Motor von Sachs, der auf 133 ccm aufgebohrt war, damit er in der 175er Klasse starten durfte. Dennoch nahm Wolfgang Kamradt 1975 doch nur noch an einigen wenigen Veranstaltungen teil.
Über den Geländesport im Jahre 1975 lernte Wolfgang Kamradt seine spätere Frau Karoline kennen, für die er sich fortan und gerne die Zeit nahm, die er ansonsten für den Geländesport benötigt hätte. |
Leserhinweis: Gruß
aus den Bergen, |
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Yamaha-Cup 1985 und 1986 Das nächste motorsportliche Engagement erfolgte erst zehn Jahre später, und zwar erneut als Renntechniker. Sein Arbeitgeber Hans Perscheid hatte sich seiner eigenen Rennsportvergangenheit als Teilnehmer des "Moto Cup" 1959 und in den frühen 1960er Jahren erinnert und unterstützte jeweils 1985 und 1986 einen jungen Fahrer beim Yamaha Cup, einer der ältesten Straßen-Rennserien im Motorradsport. Aus dem ersten Wettbewerb dieser Serie ging 1978 ein gewisser Martin Wimmer hervor. Damals wurde die Serie noch auf der fast serienmäßigen Viertakt-Twin Yamaha XS 400 gefahren. 1985 und 1986 starteten die Teilnehmen indessen auf den superschnellen und wassergekühlten Yamaha RD 350. 1985 fand Matthias Keuth Perscheids Unterstützung und 1986 Bernd Hermann. Wolfgang Kamradt übernahm bei beiden Teilnehmern die Vorbereitung und Wartung des Motorrads zwischen und bei den Rennen. |
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Swisttal, im Dezember 2012
Text: Hans Peter
Schneider
Fotos: Archiv Wolfgang Kamradt, Karl Schleuter und Hans
Peter Schneider