Netterscheids Team |
|
|
|
Seitenwagen-Moto-Cross ist nichts für Einzelgänger Im vorhergehenden Kapitel war schon die Rede von den Beifahrern, und zwar ausschließlich bezogen auf den Fahrbetrieb. Aus der Team-Perspektive stellen Fahrer und Beifahrer die kleinst mögliche Einheit im Gespann-Motorrad-Sport dar. Auch bei Walter Netterscheid fing das einmal so an, als aus wirtschaftlichen Erwägungen der Beifahrer nicht nur seinen Beitrag im Boot leisten sollte, sondern auch finanziell zum Erwerb und Unterhalt des Gespanns mitsorgen musste. Natürlich ist es sehr viel vorteilhafter, wenn das Unternehmen Moto-Cross-Team nicht nur auf den Schultern einiger Weniger lastet und von vielen Mitgliedern mit vergleichbarer Kompetenz, Begeisterung, Mitverantwortung und Idealismus getragen wird, mit der mindestens der Fahrer am Gasgriff dreht. Moto-Cross-Fahren auf dem Erfolgsniveau, auf dem sich Walter Netterscheid über viele Jahre aufhielt, ist ohne die Unterstützung durch ein hervorragend funktionierendes mehrköpfiges Team gar nicht möglich. Die unterschiedlichen Funktionen waren stets auf mehrere hochqualifizierte Teammitglieder verteilt, sodass Fahrer und Beifahrer, die beim eigentlichen Rennen ja im Mittelpunkt standen, sich um so mehr auf ihre Fahrkünste konzentrieren konnten.
Der Fahrer spielt eine zentrale Rolle Natürlich nimmt der Fahrer des Gespann-Teams immer eine hervorragende Rolle ein. Zwar kann der ohne seinen Beifahrer auf der Strecke gar nichts erreichen, er dreht jedoch sowohl am Gas als auch an der Lenkstange und hat damit den komplexeren und entscheidenderen Teil auf dem Weg zu Sieg in den Händen. Deshalb ist der Name des Fahrers eines „Sidecar-Teams“ in der Regel der erster Namesgeber, sowohl bei der allgemeinen Teambezeichnung als auch beim Benennen von Fahrer und Beifahrer. In den meisten Fällen sorgt der Fahrer auch für die Unterbringung, Transport und Wartung des Gespanns und organisiert die technischen Verbesserungen. Er ist in besonderer Weise auch Entscheidungsträger. Ob und wie sich ein hochwertiges Team bildet, ist immer individuell von sehr unterschiedlichen Faktoren abhängig. Diese lassen sich drei Gruppen zuordnen:
Walter Netterscheids starke Faktoren lagen zweifellos in seinen hohen fahrerischen Qualitäten und die seiner ruhigen sympathischen Art, die es ihm erleichterte, viele Freunde und Helfer vom Mitmachen zu überzeugen. Der am schwierigsten zu erfüllende Faktor war stets, die finanziellen Mittel für diesen Sport aufzubringen. |
|
Angelika Netterscheid -
Lebenspartnerin Den wohl wichtigsten Menschen in seinem Leben lernte Walter Netterscheid schon sehr früh in seiner Moto-Cross-Laufbahn kennen. Er machte hier ganze Sachen, überzeugte Angelika von seiner Person, zu der auch seine außerordentliche Leidenschaft fürs Moto-Cross-Fahren gehörte und schloss mit ihr 1975 den „Bund fürs Leben“. Angelika Netterscheid wusste 1975 auf wen und was sie sich einließ und trug die Moto-Cross-Leidenschaft ihres Mannes all die Jahre mit. Bis auf acht Monate 1985, als ihr Sohn Patrick geboren wurde, hatte sie Ihren Mann auf jedes Rennen begleitet und umsorgte ihn dabei mit derselben großen Hingabe wie auch zu Hause. Während ihr Mann Walter sich zu Hause um die Vorbereitung des Motorrads kümmerte, erledigte Angelika seit dem Wechsel vom DAMCV zur OMK den „Papierkram“: „Das war regelmäßig das Anfordern von Ausschreibungen, die Abgabe der Nennung fürs Gespann mit allerlei möglichen Unterlagen. Dann mussten die Nennungsbestätigungen abgewartet und geprüft werden. Aufwendiger waren die mitunter erforderlichen Fahrten zu den Botschaften, um die Visa für die Einreise der Teammitglieder ins osteuropäischen Ausland zu bekommen. Oder die vielen Telefonate mit den einzelnen Veranstaltern, Sponsoren und Teammitgliedern wegen unterschiedlichster Dinge“. Im Fahrerlager lag ihr das leibliche Wohl aller Teammitglieder am Herzen. Auch das musste geplant und vorbereitet sein, denn der Platz im Transporter war begrenzt. Dementsprechend packte sie die benötigten Küchenutensilien und Lebensmittel fürs komplette Team ein. Sie hatte auch Tausende Kleinigkeiten im Kopf, an die außer ihr kaum jemand dachte bzw. an die die anderen erst dann dachten, wenn es zu spät war, wie etwa ob genügend Heftpflaster im Verbandskasten war oder das liebe Toilettenpapier.
Wenn es bei den Fahrern im Rennen mal nicht so gut gelaufen war, dann wusste Angelika auch immer ganz genau, wie sie sich zu verhalten hatte. „Immer erst warten, bis die Fahrer ihre Helme abgelegt hatten, denn die konnten auch schon mal durch die Luft fliegen“. Die Phase der Anteilnahme an der Enttäuschung und ggf. an dem Ärger und der Frustration kam erst immer danach.
Dabei fand das
gemeinsame Teamessen bei schlechter Wetterlage immer im Wohnwagen
statt. Der war jedoch an dem Wochenende trotz Angelikas Bitten
von Walter mit den eigens dafür vorhandenen Stützen
nicht standfest gemacht worden. Walter Netterscheid hielt das
einfach nicht für erforderlich. Ohne die großartige Beteiligung seiner Frau am Moto-Cross-Team hätte Walter Netterscheid seinen Sport nicht mit der Intensität ausüben können, die ihm seine großen Erfolge ermöglichte. Sie war eine sehr wichtige Partnerin auch in seinem motorsportlichen Lebensabschnitt.
|
|
Die Beifahrer Den Beifahrern ist schon eine eigene Untergeschichte gewidmet. Nur der guten Ordnung halber sind diese hier nochmals mit aufgeführt. Beim Klicken auf das Foto kann die Geschichte über die Beifahrer aufgerufen werden. |
|
Die Mechaniker |
|
Hubert Overkamp - Walter Netterscheids erster Beifahrer war auch zugleich sein erster Mechaniker, der als solcher während Netterscheids aktiver Laufbahn ständig zur Verfügung stand. Auch beim letzten Rennen war er als offizieller Mechaniker dabei. Als KFZ-Elektriker erschloss sich ihm über den Willen zum Rennerfolg die Motorradtechnik schneller als vielen anderen. Overkamp erinnert sich noch an die Zeit, als die Handbohrmaschine in einen Heimwerkerbohrständer von Wolfkraft eingespannt war, und er damit in seiner Garage Löcher in die Bremsscheibe des Vorderrades bohrte. „Am Montag nach dem Rennen und auch an den folgenden Feierabenden war der Hubert immer dabei, wenn es darum ging, das Gespann zu reinigen und wieder für das nächste Rennen fit zu machen“, berichtet Walter Netterscheid. „Oft genug fuhr der Hubert auch für mich in die Eifel und besorgte beim Otto Hermeling in Freilingen oder beim Hermann Walgenbach in Trier benötigte Ersatzteile. Sehr vorteilhaft war, dass der Hubert und ich im selben Ort wohnen".
Am 25. Januar 2020 verstarb Hubert Overkamp. Nachruf |
|
Günter Euskirchen
- ... war Jahrgang 1952, lebte in Mechernich und war gelernter Automechaniker. In den 1970er Jahren fuhr Günter Euskirchen selbst Gespann-Moto-Cross mit seinem Bruder Hans-Josef als Beifahrer. Die Freundschaft zwischen Günter Euskirchen und Walter Netterscheid entwickelte sich über die gemeinsame Clubmitgliedschaft im MSC Roggendorf. Bei einem nationalen DAMCV-Rennen 1976 in Kleinhau, das als Rahmenrennen zu einem IMBA-Lauf veranstaltet wurde, gewannen Netterscheid/Overkamp und die Gebrüder Euskirchen belegten unmittelbar dahinter den zweiten Platz in einem beträchtlichen Fahrerfeld. Für Günter Euskirchen war dieses ein besonderer Erfolg, denn der war wegen seiner großen Körperfülle als Motorradrennfahrer sehr gehandikapt. So war es wohl seine außerordentliche Begeisterung für den Moto-Cross-Sport, die ihn trotz dieses Handikaps zur Teilnahme an den Rennen veranlasste. Günter Euskirchen war jedoch eine begnadeter Motorenmechaniker und Tuner, der als solcher beim Renneinsatz stets mit Feuereifer dabei war. „Den Günter konnte man mit einem in alle seine Teile zerlegten Motor, den der noch nie zuvor gesehen hatte, in einem Raum einschließen: Wenn man dann nach drei Stunden den Raum wieder aufschloss war der Motor zusammengebaut und lief“, beschreibt Walter Netterscheid Euskirchens Mechaniker-Qualitäten und lobt im nächsten Satz Euskirchens Improvisationstalent: „Wenn bei einer Notreparatur im Fahrerlager eigentlich notwendige Ersatzteile oder Werkzeuge nicht zu bekommen waren, dann war der Euskirchen noch lange nicht am Ende“, wie etwa 1979 beim Moto-Cross in Dom Esch. Euskirchen
sorgte auch für das Motortuning. Netterscheids auf 1.000 ccm
gebrachter Yamaha XS 650 Motor war außerordentlich
zuverlässig und so leistungsstark, dass er 1980 sogar den
aktuellen Weltmeister Reinhard Böhler damit verblüffte,
weil dessen Motor offenbar nicht die Leistung von Netterscheids
Motor erreichte. Hubert Overkamp erinnert sich: „Der
Reinhard konnte danach im Fahrerlager mal einen demontierten
Zylinderkopf anschauen und war begeistert. Günter Euskirchen
musste anschließend zum Zabel und dem eine Serie von
Zylinderköpfen in der selben Art und Weise zurecht machen.
Ich musste dagegen im Fahrerlager aufpassen, dass der Reinhard
(Böhler) mir den demontierten Zylinderkopf nicht einfach
abschleppte". Vom
Sport zur Völkerverständigung Die
Teammitglieder machten sich deshalb alle gemeinsam zu Fuß
auf, in den angrenzenden Ort, wo an dem Tag große
französische Kirmes war, ähnlich so, wie man sie auch
in Deutschland die Großkirmes jener Jahre kannte. Günter
Heppe ging dort zielstrebig zu einem Faustschlagmessgerät,
das neben einer Schießbude stand. Zum Messen der
persönlichen Schlagkraft der Faust hatte das Gerät ein
Lederkissen, das den Schlag aufnahm. Solche Geräte kannte
man auch von den Rummelplätzen in Deutschland. Neben den
nüchternen Zahlen, wieviel Kilogramm der gelandete
Faustschlag bewegen konnte, waren auf der Anzeigenskala Worte in
französischer Sprache zu finden, die niemand aus dem Team
verstehen konnte, da ja keiner der französischen Sprache
mächtig war. Vermutlich wurden mit diesen Worten aber auch
gleich die Bewertungen bzw. die Titel angegeben, die das Gerät
an den Zuschlagenden je nach Skalenwert vergab. In Deutschland
reichten solche Bewertungen von „Schlappschwanz“ bis
„Boxprofi“. Vieleicht war dass auch die beste Vorbereitung für das Rennen am nachfolgenden Sonntag, denn Netterscheid/Overkamp gewannen alle drei zu fahrenden Rennläufe. Leider verstarb Günter Euskirchen 1986 viel zu früh an den Folgen eines Herzinfarktes. |
|
Günter Heppe -
Der
heimliche Chef unter den Mechanikern Eigene
Federbeine und Dämpfungselemente
Notfalls
wurde nachgefertigt Hubert Overkamp erinnert sich: „Den Günter Heppe sah man fast immer nur in seinem Monteursanzug, in anderen Klamotten sah man den sehr selten. Auch zu Hause lief der nur damit herum und er hatte auch kein Problem, damit sonntags im Restaurant „Bei Ina“ in Dom Esch essen zu gehen.
|
Leider verstarb auch Günter Heppe zu früh 2003 an den Folgen einer Krebserkankung. |
Siegfried Schellhorn (Siggi) ... ist etwa Jahrgang 1960, gelernter KFZ-Mechaniker, wohnte in 91614 Mönchsroth und war der Schwager von Beifahrer Jürgen Hassold. Über dieser kam „Siggi“ auch zum Team und leistete dort noch wertvolle Dienste, als Jürgen Hassold verletzungsbedingt 1989 schon nicht mehr mitfahren konnte. Eine wichtiger Beitrag Schellhorns war auch die Tatsache, dass er nach einem für die Fahrer und noch viel mehr für den Beifahrer anstrengenden Rennen das Auto mit Beifahrer Jürgen Hassold Hunderte und mehr von Kilometern sicher bis zu ihrem Wohnort im bayerischen Mönchsroth steuerte.
Die
Rheinländer im Team Netterscheid verbinden noch heute sowohl
mit dem Namen Siegfried Schellhorn als auch mit dem seines
Schwagers Jürgen Hassold jeweils den Begriff „der
Bayer“. Das hatte natürlich sehr viel mit der Sprache
zu tun.
Netterscheid erinnert sich noch an den unglücklichen Umstand, dass ihm während eines Renntrainings auf der Strecke einmal das Benzin ausging. Die Mechaniker hatten das ebenfalls aus der Ferne rasch erkannt und ihnen war klar, dass ganz schnell Benzin zum Gespann an der Strecke geschafft werden musste. Benzin stand aber ausschließlich in schweren 20-Liter-Kanistern im Transport-Bus zur Verfügung. Der schmächtige Günter Heppe wäre wäre als Kettenraucher damit überfordert gewesen, in der Schnelle den schweren Kanister zu Fuß über eine so weite Strecke zu transportieren. Da sahen Netterscheid/Hassold auch schon, wie Siggi Schellhorn mit dem schweren Kanister auf der Schulter schnellen Schrittes angerannt kam, und zwar mit einem Tempo, wie es sonst wohl kaum jemandem möglich war. Kurze Zeit später konnte das Training fortgesetzt werden. |
|
Lutz Schmidt
Wegen seiner äußeren Ähnlichkeit mit Walter Netterscheid meinten viele, er sei sein Bruder. |
|
Josef Netterscheid ... ist Jahrgang 1945, gelernter Kfz-Mechaniker und Walter Netterscheids Buder. Insbesondere in den schwierigen Anfagsjahren leistete Josef Netterscheid wertvolle Beiträge fürs Team, und zwar in einer Qualität, wie sie nur unter sich gut verstehenden Geschwistern möglich sind.
|
|
Helfer |
|
Agnes Overkamp ... hat sich von Ihrem Mann Hubert Overkamp für den Moto-Cross-Sport begeistern lassen. Mit ihrem Charm und ihrem freundlichen gewinnenden Wesen begleitete sie ihren Mann und sorgte schon alleine damit für ein gutes Teamklima. Gleichzeitig übernahm sie die eine oder andere Aufgabe und machte viele der hier abgebildeten tollen Fotos.
|
|
Volker Wolf ... wohnte damals in Walter Netterscheids Nachbarschaft in Buschhoven und war Inhaber eines Unternehmens für den Vertrieb von Reformhausartikeln.
Als
es um Geld ging
|
|
Peter Netterscheid ... ist Walter Netterscheids Bruder und gehörte zusammen mit seiner Frau Erika zu den treuesten Fans. Die beiden kümmerten sich um die Organisation der Meisterfeier in Buschhoven 1985. |
|
Paul Lorre
Insbesondere bei den Vorbereitungen in Buschhoven machte Lorre sich gerne nützlich. In guter Erinnerung ist Netterscheid noch der Innenausbau seines Transporters, was Lorre 21 Urlaubstage kostete und was Netterscheid Freiraum gab, sich um andere wichtige Dinge zu kümmern. Paul
Lorre war viele Jahre der Vorsitzende
des MSC
Euenheim. |
|
Hermann Josef Deutschbein
Deutschbeins Helferdienst für das Team Netterscheid begann mit dem Grundwehrdienst von Beifahrer Hubert Overkamp und setzte sich mit der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für das Team fort. 2010 gab Hermann Josef Deutschbein seinen Vorsitz des MSC Euenheim an Paul Lorre ab und will künftig „als Ehrenvorsitzender selbst nicht mehr an den ganz großen Schrauben drehen“. |
|
Sponsoren |
|
Stunde Null Als Walter Netterscheid und Hubert Overkamp 1975 mit dem Gespann-Moto-Cross begannen, da waren die beiden ganz und gar und alleine ihre eigenen Sponsoren. Es gab weder Eltern noch Großeltern, die einen finanziellen Beitrag zu diesem Hobby leisten konnten oder wollten. Alles Geld für ihren Motorsport mussten sie selbst aufbringen, und zwar so gut und so viel wie das die Gehälter von Handwerksgesellen zuließen. Zwar zahlten später nach dem Weggang von den DAMCV-Rennen die OMK-Vereine auch Preisgelder und es gab für die angereisten Kilometer etwas Benzingeld, das aber auch nur, wenn das Rennen zu Ende gefahren wurde. Sponsoren lassen sich nur mit zunehmendem Erfolg erschließen Erst als die beiden sich 1980 so weit etabliert hatten, dass sie mit internationaler Lizenz fuhren und regelmäßig auch im Ausland starteten, waren einzelne Unternehmen bereit, Nettetrscheid zu unterstützen. Da war sein Team schon froh, wenn kein Geld für das Motoröl ausgeben werden musste oder gar den Sturzhelm oder die Stiefel gestellt wurden. Allerdings war es mitunter auch ein schwieriges Unterfangen Sponsoren zu finden. Als Gegenleistung trugen Gespann und Kleidung die Namenszüge bzw. Werbebanner ihrer Sponsoren. Diese sind auf den hier abgebildeten Fotos durchweg gut zu erkennen. Deshalb werden diese Sponsoren nicht nochmals alle einzeln und namentlich hier aufgeführt. Finanziell blieb das Moto-Cross-Engagement für Walter Netterscheid ein ständiges Zuschussunternehmen, und zwar auch noch in der Zeit, als er in der Weltmeisterschaftsspitze mitfuhr. Für die dort gezahlten Siegesprämien wäre in der damaligen Motorrad-Straßenweltmeisterschaft kein Kenny Roberts, kein Randy Mamola oder Marco Lucchinelli zum Start erschienen. Ein halbwegs auskömmliches Startgeld wurde nur von den Veranstaltern internationaler Rennen in Frankreich gezahlt, weshalb diese eine besondere Anziehungskraft ausübten. |
|
Friedhelm Zabel –
Die spürbarste Unterstützung war für Walter Netterscheid die durch Friedhelm Zabel und sein Unternehmen. Friedhelm Zabel, den Netterscheid auch heute noch den „Chef“ nennt und der sich anfangs noch mit Otto Hermeling gemeinsam und später alleine mit seinem Unternehmen als Zulieferer geeigneter Technik für die Moto-Cross-Gespann-Szene engagiert, hatte sich sowohl von Netterscheids Pionierleistung mit dem Zweitaktmotor als auch von dessen Gewinn der Deutschen Meisteschaft 1985 beeindrucken lassen. Er erkannte zudem das Werbepotenzial, das in Netterscheids aufgegangenem Stern steckte. „Von 1986 bis 1994 hatte ich mein Motorrad frei, auch was den Motor anbelangt“, erinnert sich Netterscheid, „das schaffte Freiheiten sowohl für unser immer knappes Budget als auch für das Fahren, auf das ich mich dann mehr konzentrieren konnte. Zabel hatte zudem auch immer noch zwei Reservemotoren bereitgestellt und gab mir alle möglichen Ersatzteile zur Mitnahme in meinem Bus mit, ohne dass ich dafür zahlen musste. Zusätzlich hatte Netterscheid die Freiheit, den Motor Hermann Walgenbach (HEWA) aus Trier zur Optimierung zu überlassen. Dabei war es ganz gleich, ob es sich dabei um die Maico-Motoren und schließlich die Zabel-Motoren handelte. „Aber so viel brauchte man an dem Zabel-Motor gar nicht zu schrauben. Zwar meinten die Konkurrenten ständig, ich hätte bei jedem Rennen einen neuen Motor im Gespann“, lacht Netterscheid heute noch, „das war aber nicht wahr; derselbe Motor war relativ pflegeleicht und standfest. Was ich indessen sehr viel häufiger wechselte, war das Fahrwerk. Und zwar nicht etwa weil es Schaden genommen hatte, was auch hin und wieder einmal vor kam, sondern weil der „Chef“ (Friedhelm Zabel) das während des Rennens schon jemandem verkauft hatte. Von 1991 bis 1994 war Zabel gar Walter Netterscheids Arbeitgeber. Netterscheid war dort als „Testfahrer“ bei der Fa. Zabel angestellt. Viele ordneten Netterscheid damit dem Profilager zu. Zabel hatte das gemacht um Netterscheid noch mehr Freiraum für seinen Sport zu schaffen. 1992 und 1993 konnte Netterscheid jedoch verletzungsbedingt an vielen wichtigen Meisterschaftsläufen nicht teilnehmen. Mit der Unterstützung von Friedhelm Zabel gelangte Netterscheid auch an ein Sponsoring von Bridgestone, die ihm Moto-Cross-Reifen in ausreichender Stückzahl kostenlos zur Verfügung stellten. Deshalb wurde zu jedem Rennen mit neuen Reifen gestartet. Für den Fall eines Reifendefektes warteten im Bus stets zwei bis drei Radsätze darauf, gegebenenfalls als Ersatz montiert zu werden. Vorbei waren damit die Zustände der Anfangsjahre, in denen die bereits rund gefahrenen Reifenstollen mit einem scharfen Messer oder einer PUK-Säge wieder kantig geschnitten oder wo im Fahrerlager der Mantel mit Montiereisen und Gummihammer auf die Felge montiert werden musste, was mit eingebauten Reifenhaltern, Schlauch und bis zu 8 mm dicker Gummiwandung des Reifens unter Zeitdruck schon eine besondere Kunst war. Die Vormontage erfolgte zu Hause in aller Ruhe, dann konnte man sich am Renntag wenigstens dieses Stress ersparen. Zabels Verdienste um den Seitenwagen-Cross und Netterscheids Erfolge
Hermann Walgenbach (HEWA) ... war ein begnadeter Motorentuner aus Trier, der sehr eng mit Friedhelm Zabel zusammenarbeitete. Bereits in den 1960er Jahren hatte sich Walgenbach mit seinen HEWA-Maicos in der Szene einen sehr guten Namen. Dabei war der erste Besuch von Netterscheid und Overkamp mit dem Honda Zweitaktmotor enttäuschend. Overkamp: „Wir hatten selbst vom Tuning des Zweitaktmotors zwar so unsere Vorstellungen, doch im Grunde keine Ahnung. Der Otto Walgenbach war jemand, der nicht sehr viel redete und sich eher zurückhaltend äußerte. Als der in dieser Weise auch auf unsere geäußerten hohen Erwartungen reagierte, waren wir schnell der Meinung, dass dieser Walgenbach ja auch keine Ahnung hat. Als wir später ihn und seine hohen Fähigkeiten genauer kennenlernten, waren wir selbst über uns entsetzt, dass wir bei unserem ersten Besuch so etwas über ihn denken konnten“. Am Liebsten befasste sich Walgenbach mit Maico-Motoren. Für die Saison 1985 hatte Netterscheid auch tatsächlich einen Maico-Motor von Friedhelm Zabel erhalten mit dem sich Walgenbach sodann sehr intensiv befasste. Walgenbach setzte die Hubraumvergrößerungen in mehreren Stufen um, überarbeitete die Kanäle, entwickelte die Auspuffformen und das Ansaugsystem für die vergrößerten Motoren und last not least auch eine elektronische Zündanlage, nachdem das ursprüngliche Kröber-Teil nicht richtig funktionieren wollte. Sehr bewährt hatte sich bei Hermann Walgenbach der Leistungsprüfstand, mit dem er den Erfolg seiner Weiterentwicklungen unmittelbar messen konnte. Walgenbach war auch der entscheidende Mitentwickler des Zabel-Zweitaktmotors. Hermann Walgenbachs Sponsoring erfolgte mittelbar über Friedhelm Zabels Firma. Am
27. Oktober 2020 starb Friedhelm Zabel. |
Inzwischen
haben sich Friedhelm Zabel und seine Frau weitgehend zur Ruhe
gesetzt. Das
von ihm gegründete Unternehmen befindet sich heute in 14827
Wiesenburg/Mark-Reetz, firmiert unter MX Zabel-Racing mit Michael
Kube als Inhaber.
|
|