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Walter Netterscheid
Moto-Cross auf höchstem Niveau

Nachruf zu Tod von Friedhelm Zabel †

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Team Netterscheid 1991 in Rudersberg /v.l.n.r.): Edgar Bihler, Siegfried Schellhorn, Günter Heppe, Lothar Jehle,
Walter Netterscheid, Friedhelm Zabel. In der Zeit wurde der Zabel-Motor noch auf Maico-Basis unter Beteiligung von Hermann
Walgenbach (HEWA) entwickelt

Foto: Axel Koenigsbeck©

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Ein Stern ging auf

Mit 60 wird wieder alles besser, Walter“, meinte Friedhelm Zabel, als er Walter Netterscheid zu dessen 57-sten Geburtstag gratulierte. Auch nach Jahren vergaß er die Geburtstage seiner Freunde nicht und meldete sich zumindest telefonisch. Der Spruch selbst war typisch für ihn, den Optimisten aus dem Rheinland, der lebensfroh war und absolut kein Kind von Traurigkeit. Unter fröhlichen Menschen fühlte er sich am wohlsten. Den Blick stets sportlich nach vorne und am liebsten auf die positiven Seiten des Lebens gerichtet. Jammern und Schimpfen waren nicht so seine Sache.

Motocross spielte in seinem Leben die zentrale Rolle. In jungen Jahren war er zunächst auf der Solomaschine unterwegs und wechselte 1972 ins Gespannlager. Dort gewann er zusammen mit seinem Beifahrer Martin Tino“ Bichler 1975 den OMK Pokal, nachdem die beiden im Jahr zuvor schon die Vizemeisterschaft in dieser Nachwuchsserie gewonnen hatten. Da sah Zabel für sich aber auch schon eine Zukunft im Handel mit der Technik zum Motocross-Gespannsport. Von Freilingen in der Eifel aus importierte er zusammen mit Otto Hermeling die englischen Wasp-Fahrgestelle, die in den 1970er Jahren das Non-Plus-Ultra in dieser Sportart darstellten. Zabel befasste sich dabei vornehmlich mit dem Tuning der Motoren. Reinhard Böhler und sein Beifahrer Siegfried Müller errangen mit der von Hermeling und Zabel gelieferten Technik 1980 den ersten und bisher einzigen WM-Titel von Deutschen in der Motocross-Gespannklasse.

Dann trat Walter Netterscheid auf den Plan. Von Hans-Geog Peppinghaus war er auf den Geschmack für den Einsatz eines leichten Zweitakt-Gespanns gekommen. Der Einsatz 1984 zusammen mit seinem Beifahrer Hoormann endete erfolgreich mit dem Gewinn des Vizemeistertitels in der Deutschen Meisterschaft. Friedhelm Zabel hatte da schon genau auf die beiden geschaut, und als diese für 1985 um Unterstützung bei Zabel baten, sagte dieser nicht nein. Zabel hatte erkannt, welches Sieg-Potenzial in der ca. 50 kg leichteren Zweitakttechnik gegenüber den bisher etablierten Viertaktern steckte und sah in Netterscheid die geeignete Person, mit der er sich gemeinsam auf diesen neuen Weg begeben konnte. Vom anfangs nur bereitgestellten Honda-Motor ging es über einen mit Unterstützung von Hermann Walgenbach aufgebohrten Maico-Motor schließlich zur Entwicklung des leistungsstarken Einzylinder Zweitaktmotors, der endgültig Zabels Namen trug. Die Details zu dieser Geschichte finden sich weiter oben auf dieser Homepage und sollen an dieser Stelle nicht wiederholt werden. Walter Netterscheid war der Fahrer, der diese Entwicklung mit allen Experimenten, Fortschritten und Rückschlägen an der Seite Zabels mitgemacht hatte. Als Ergebnis dieser Entwicklung stellten sich die großen sportlichen Erfolge für Zabel Ende der 1990er Jahre ein. Diese suchten ihresgleichen: Nicht weniger als 15 Weltmeisterschaften wurden seit 1998 mit Zabels Motoren gewonnen, wovon alleine 10 vom niederländischen Ausnahmefahrer Daniel Willemsen errungen wurden. Der Platz hier würde kaum reichen, alle die Sieger von nationalen Meisterschaften und Rennserien aufzulisten, zu denen Zabels Motoren geführt hatten.

Ein Baustein zu seinem Erfolg war seine preußische Gründlichkeit, die seiner rheinischen Frohnatur nicht im Wege stand.
„Bei dem, was der Friedhelm machte“, erinnert sich Walter Netterscheid, „wurde nichts dem Zufall oder halben Sachen überlassen. Das begann bei seiner top aufgeräumten und hervorragend
ausgestatteten Werkstatt und ging bis hin zu Motorteilen, bei denen er sicher war, dass die gut waren. Die Kosten spielten in diesem Plan erst in zweiter Linie eine Rolle. Aus den ersten Zylindern, die er damals von Maico erhielt, wurden zuerst die Graugussbüchsen entfernt, von denen er grundsätzlich gar nichts hielt. Nikasil war ihm als Zylinderlaufbahn gerade gut genug. Der Otto Hermeling war da etwas anders eingestellt, und das war wohl auch der Grund, warum die beiden sich schließlich getrennt hatten. Der Sparfuchs im Otto passte mit Friedhelms Vorstellungen nicht zusammen.“, so Netterscheid weiter. Typisch Sportler, wollte Zabel bei dem, was er tat, stets Erster sein. Sein Werbespruch der letzten 30 Jahre, „Zabel. Wo wir sind, ist vorn“ bestimmte die meisten seiner Entscheidungen. Dieses Ziel vor Augen, wurde der gelernte KFZ-Mechaniker, zum erfolgreichen Autodidakten an Fräs- und Drehbank.

Das Fahrerlager, dieser wöchentliche Zirkus in der Zeit von März bis Ende Oktober, war dabei Teil seiner Familie. Höchstselbst tauchte er zumindest bei jedem WM-Lauf auf, auch wenn dazu Tausende von Kilometern bis nach „Russland“ zu fahren waren. Keine Krankheit konnte ihn ernsthaft davon abhalten. Schon am Freitag vor dem Sonntagsrennen war er da. Sein Campingbus war mit umfangreichen Ersatzteilen und einer vorzüglichen Werkstatt ausgestattet. Vielen seiner internationalen Kunden lieferte er im Fahrerlager die georderten Ersatzteile aus oder nahm gar selbst die Reparaturen der Motoren vor.

Ein schneller Zabel-Motor steht 2011 in einer Ecke des Werkstattteils von Zabels Wohnmobil. 88 PS aus knapp 700 ccm. Das geringe Gewicht sieht man ihm direkt an. Um die Zabel-Motoren kümmert sich nach Zabels Tod der Belgier Davy Maris

Eine Sitzgruppe aus Biertisch und Bierbänken stand immer vor seinem Wohnmobil. Diese war Treffpunkt aller, die ihn kannten und mal auf ein Wort und etwas zu trinken vorbeischauten. „Friedhelm, weißt Du auch, dass es morgen über 35°C heiß werden soll“, wurde er in Strassbessenbach von einem seiner Besucher gefragt. Zabel mit seinen stattlichen ca. 2 Meter Körpergröße und beeindruckenden ca. 140 kg Körpergewicht schaute kurz nachdenklich und antwortete: „Dann weiß ich jetzt schon, was ich morgen den ganzen Tag machen werde!“ Alle waren in der anschließenden Pause sehr gespannt auf das, was das wohl sein würde. Mit schelmischem Blick erklärte Zabel sodann: „Ich tue mich nicht bewegen.“ Alle lachten mit dem Rheinländer, der auch über sich selbst lachen konnte, wenn es zum allgemeinen Frohsinn beitrug.

Im Bild die Biertisch-Sitzgruppe, an der Friedhelm Zabel gerade sitzt

Millionen Euro scheffelte Zabel in der Nischensportart Gespann-Motocross indessen nicht. Mit seinen Fähigkeiten und Talenten hätte er dazu beruflich andere Wege gehen müssen.
Aber über Jahrzehnte war Friedhelm Zabel aus dem WM-Fahrerlager nicht wegzudenken; sowohl in menschlicher, sportlicher als auch technischer Hinsicht in der Szene bekannt, beliebt und eine Institution. Ich selbst frage mich, ob es ohne Friedhelm Zabel nicht auch im Motocross-Gespannsport schon seit Jahren nur noch eine Weltmeisterschaft für Viertakter gäbe. Jedem, der ihn kannte, ist klar, dass der Motocross-Gespannsport allgemein Friedhelm Zabel sehr viel zu verdanken hat.

Im Sommer 2020 ereilte Friedhelm Zabel ein Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr erholte. Am 27.10.2020 starb er im Alter von 72 Jahren.

So sehr, wie Friedhelm Zabel mit der Szene verbunden war, so bestürzt und bewegt reagierte diese auf seine Todesnachricht. Die entsprechenden Bekundungen in den Internetforen sind überwältigend und in all den Sprachen der Länder, wo die Weltmeisterschaftsläufe stattfanden. Genau so sieht es aus, wenn die internationale Motocross-Szene sich tief verneigt vor diesem außergewöhnlichen Mann und seinem Lebenswerk.
Sein Stern wird deshalb weiterhin am Motocross-Himmel leuchten; dazu braucht
Friedhelm Zabel sich nun nicht mehr „zu bewegen“.



Im November 2020
Hans Peter Schneider


1986 gratuliert Friedhelm Zabel Netterscheid/Hoormann nach deren Sieg im Inter-Rennen in Bielstein. Nach Netterscheids erfolgen 1984 und 1985 war die Gespannszene im Umbruch und wendete sich zu großen Teilen der Zweitakttechnik hin. Zabel hatte also aufs richtige Pferd gesetzt. Walter Netterscheid war bei der Pionierarbeit dabei


Beim Abschlusstrunk mit Kölsch nach nach dem letzten Rennen 1994 sitzt Friedhelm Zabel rechts neben Walter Netterscheid der in an der Pionierarbeit von dem beteiligt war, was sich in den Jahren danach als technisches Erfolgskonzept erwies


Friedhelm Zabel 1993 mit Lothar Jehle

An Zabels Wohnmobil schaute jeder von Rang und Namen vorbei. Hier gab es Neuigkeiten, Getränke und manchmal auch was zum Lachen

F riedhelm Zabel auf der Treppe zum Werkstattteil seines Wohnmobils im Gespräch mit Super-Weltmeister Daniel Willemsen

Wartungsarbeiten an Daniel Willemsens Gespann zwischen Training und Rennen des niederländischen WM-Laufes in Oss 2011. Mit Zabel-Motoren errang Willemsen 10 Weltmeister-Titel



Hinweis

Zum Tod von Friedhelm Zabel schreibt Axel Koenigsbeck
in Speedweek.com.

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