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Gerd Brauneisers goldenes Capri-Jubiläum im Jahre 2021 -
Ford Capri RS seit 50 Jahren im Erstbesitz


Gerd Brauneiser im März 2021 mit seinem Capri RS, mit dem er in den 1970er Jahren eine überaus intensive Beziehung pflegte.
Sie sind immer noch ein Paar, wenngleich sich die Aktivitäten heute anders gestalten

Ein außerordentliches Jubiläum

Beziehungen, die über 50 Jahre bestehen, werden landläufig als golden bezeichnet: Goldhochzeit, goldenes Firmenjubiläum, Goldkommunion usw. Für den Besitz von Automobilen ist dieser „Gold“-Begriff jedoch ungewöhnlich, weil kaum ein Mensch ein Auto so lange in Erstbesitz hat und für die meisten ein Auto eher eine nützliche Sache ohne emotionalen Bezug ist.

In unserer Geschichte geht es einerseits um den sehr außergewöhnlichen Menschen Gerd Brauneiser und andererseits um seinen Ford Capri, den er ab dem Frühjahr 1971 sein Eigen nennen durfte.

Ford Capri ab 1969 auf dem Markt

Ende der 1960er Jahre lag die Geburtenrate lag fast doppelt so hoch, wie seit der nachfolgenden Jahrtausendwende, die Familie hatte durchschnittlich zwei Kinder, der Liter Super-Benzin kostete ca. 0,55 DM (heute 28 Cent), ein Audi 80 ca. 8.000 DM, ein BMW 520 ca. 16.500 DM. Die Rolle der Frau war eine andere als heute. Das Wort „sexy“ traute sich kaum jemand in den Mund zu nehmen, „geil“ war absolut out. Greta Thunberg war noch lange nicht geboren. Ein europäisches Mittelklasseauto verbrauchte zwischen 10 und 14 Liter Benzin auf 100 km. Das Durchschnittseinkommen der Bundesbürger Deutschland betrug 1969 auf ganze Jahr gerechnet trotz üblicher 40-Stundenwoche 12.000 DM (ca. 5.500 €).
Der Autobauer Ford war soeben in den USA mit dem Modell Mustang wirtschaftlich erfolgreich und wollte diese Erfolge ebenfalls in Europa einfahren. Die Formel für den neuen Autotypen lautete: Eine betont sportliche äußere Form einse Sportcoupés, dennoch bequemen Platz für eine durchschnittliche
mitteleuropäische Familie und das alles bezahlbar für den Durchschnittsbürger. Heraus kam dabei der Ford Capri.
Im Januar 1969 wurde der Capri auf dem Brüsseler Autosalon offiziell vorgestellt und ging im nachfolgenden Februar in den Verkauf. Die Motoren waren alte Bekannte und wurden im Baukastenverfahren aus den selben Regalen genommen, wie die Motoren für die
übrigen Ford-Modelle. Die äußerlich sehr sportlich ansprechende Karosserie wurde anfangs bewegt vom 1,3 Liter Motor mit bescheidenen 60 PS. Die Top-Motorisierung hatte der Capi 2600 GT mit 125 PS 6 Zylinder Vergasermotor. Das Gros der in der Anfangszeit verkauften Capris hatten Motoren mit Leistungen von unter 100 PS. Mit Leergewichten von wenig mehr als 1.000 kg waren die Capris damit in ihrer Zeit schon verhältnismäßig flott als Familienautos unterwegs.

Der Motorsport-Abteilung des Ford-Werks, die der Werbeabteilung des Unternehmens zugeordnet war, arbeitete schon mit dem ersten Erscheinen des Capi für sein sportgliches Immage. Nach Wirtschaftswunderjahren, fast Vollbeschäftigung und Kindersegen war die westliche Welt so weit, sich motorsportliche Attitüden leisten können.
Da der Capri von Haus aus kein reinrassig sportliches Modell war, wurde für die Werksrenner der Kölner Ford AG hochgradige Renntechnik entwickelt, die – und das war sehr wichtig – in ihrem Erscheinungsbild den käuflichen den Capri klar erkennen ließ. Ab 1971 stellten sich sehr beachtliche motorsportliche Erfolge ein, wie etwa der Gewinn der Tourenwagen-Europameisterschaft durch Dieter Glemser, der im selben Jahr auch noch die 24 Stunden von Spa-Francorchamps gewann. Große Namen aus dieser Zeit sind die Rennleiter Jochen Neerpasch und Michael Kranefuß und u.a. die Fahrer Dieter Glemser, Hans-Joachim Stuck, Jochen Maas, Hans Heyer und natürlich der Roisdorfer Klaus Ludwig, der schon auf einem privaten Capri sein Tourenwagendebut feierte und später Werksfahrer wurde. Die Zahl der erfolrgreichen Fahrerinnen und Fahrer auf dem Ford Capri ist beträchtlich und reicht bis weit in die 1980er Jahre hinein. Das hatte alles Erfolg, sorgte für Emotionen bei den Motorsportfans und für gute Verkaufszahlen bei Ford.


Gerd Brauneiser im Jahre 1972


Die erste Version des Capri, wie sie 1969 auf dem europäischen Markt erschien: Ein sportlich anmutendes Familienauto, das Emotionen zu wecken vermochte
Foto: Wikipedia


Ford Motorsport-Werksteam 1972. V.l.n.r. Klaus Nietzwitz, Dieter Glemser, knieend Jochen Maas, mittig Michael Kranefuß und das komplette übrige Motorsport-Team (Foto.Ford AG)

An den Kauf seines Capri RS
erinnert sich Brauneiser noch genau

Wie Brauneisers Geschichte auf dieser Homepage zu entnehmen ist, war er „… schon früh unheilbar bekloppt, was den Motorsport anbelangt“. Als echter Kölner hatte er sich 1968 der Kölner Marke Ford verschrieben und auch damit weitergehende Erfahrungen als Racer und als Tuner gesammelt. Familienkutschen von Ford zu schnelle Boliden umbauen, damit kannte er sich schon aus. Beim ersten Erscheinen des Capri begeisterte ihn die sportliche Form die nicht nur bei ihm Emotionen erweckte. Aber so richtig abfahren wollte er sofort noch nicht darauf, weil ihm die serienmäßigen Motorisierungen in der Anfangszeit noch zu schwach erschienen und er noch mit seinem Ford P5 – der war von ihm mit einer sechsfachen Vergaseranlage des Porsche 911 ausgerüstet - beschäftigt war.

Doch im April 1971 erschien ein Freund bei ihm und berichtete fast außer sich: „Höhr mal Gerd, der Ford Strunk, auf der Neusser Straße, verkauft jetzt Renn-Capris, zwei davon hat der in seinem Verkaufsraum stehen. Die sind ohne Stoßstangen, tiefer gelegt, mit breiten Reifen und 150 PS-Motor!“. Brauneiser horchte auf. Er hatte von der Presse-Vorstellung des bevorstehenden Capi RS Ende 1970 schon gehört und jetzt war er zu kaufen. Seine Antwort war ein durchaus interessiertes Muss ich gucken!“.
Weil Wochenende war, verständigte er sich mit seiner Frau Marga, am nächsten Tag, dem Sonntag, „mal zum Strunk zu marschieren“ und sich anzuschauen, was der denn da für einen Renn-Capri stehen hat. Vor dem Schaufenster schnellte sodann die Begeisterung total empor. Brauneiser war wir elektrisiert. „Was ich da sah, vergesse ich nie: Zwei Capri RS standen da, ein rot-schwarzer und ein oker-schwarzer. Ich drückte mir an dem Schaufenster die Nase platt. Der Rote hatte noch Minilite-Alufelgen drauf. Der Preis waren happige 16.500,00 DM. Zu meiner Frau sagte ich, das Auto kaufe ich. Am Montag gehe ich zum Strunk und mache direkt den Kaufvertrag.“ Gesagt getan: Am Montag Morgen stand Gerd Brauneiser vor dem Verkäufer und erklärte diesem, dass er den rot-schwarzen Capri RS kaufen wolle. Der entgegnete jedoch, dass das mit den beiden Ausstellungsstücken nicht gehe, weil die beide schon verkauft seien. „Scheiße“, dachte Gerd. Das hatte er sich anders mit dem Kauf vorgestellt und zeigte sich enttäuscht. Der Verkäufer erkannte die Situation und hielt Brauneiser sofort entgegen: „Wir bekommen aber noch einen Capri RS in der nächsten Woche und der ist noch zu haben. Allerdings weiß ich noch nicht, welche Farbe der hat.“ Brauneiser ging es nicht um die Farbe des Autos, vielmehr um die Technik: „Die Farbe ist mir egal, ich kaufe den!“, war seine Antwort und der Kaufvertrag kam zustande. Einen Teil des Kaufpreises musste Brauneiser sich noch bei einem Freund kurzfristig leihen. Dann kam die ersehnte „nächste Woche“ und der für Brauneiser bestimmte Capri war beim Händler eingetroffen, und zwar in der Farbe Blau-Silber. Allerdings hatte der Capri nicht die Minilite-Felgen, die dem im Showroom den ausgestellten Capris schon so sehr geschmeichelt hatten. Als er nach den Mehrkosten für die Minilite-Felgen gefragt hatte, war der Preis dafür so hoch, dass er den RS zunächst auch lieber mit den serienmäßigen hässlichen Alufelgen nahm, „die jeder Capri RS-Fahrer sofort entsorgte, und das spätestens mit dem Erscheinen des 1972er Modells, das sogar mit ATS-Felgen serienmäßig erschien“.

Probefahrt erst nach dem Kauf

Strunk besorgte die Fahrzeugzulassung zum 14. April 1971. Als Gerd Brauneiser das Auto abholte, musste natürlich sofort eine Runde mit ihm gedreht werden. Der Kauf des Autos erfolgte sozusagen alleine aus der Begeisterung des Augenscheins heraus. Eine Probefahrt vor dem Kauf hatte es also nicht gegeben. „Das Auto ging ab, wie die Feuerwehr!“, war Brauneisers erste Feststellung. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in gerade einmal 8,6 Sekunden, wie der Verkaufsprospekt angab, war 1971 an sich schon eine Ansage. Aber auf den ersten Kilometern stellte er schon fest, dass beim Anfahren die Hinterräder sehr schnell zum Durchdrehen neigten. Das quietschte und qualmte dann zwar heftig, brachte außer ungewollter Aufmerksamkeit bei den Passanten aber nichts Effektives. Da die Gleithaftung bekanntermaßen geringer ist als die Haftreibung, wurde beim Beschleunigen unnötig Zeit verschenkt. Für den erfolgreichen sportlichen Einsatz war das so nicht zu gebrauchen. Als Ursache dafür machte Brauneiser das fehlende Sperrdifferenzial aus. Für den auf Perfektion bedachten Idealisten Brauneiser war somit schon vor dem Ende seiner ersten Probefahrt klar, dass diesbezüglich akuter Handlungsbedarf bestand. Und es sollten nach und nach noch viele weitere Baustellen hinzu kommen.


Aus dem ersten Prospekt des Capri RS im Jahre 1971.
(Zum Vergrößern auf das Bild klicken

Der Prospekt ist inzwischen auch schon 50 Jahre alt und wurde in all den Jahren oft in die Hand genommen. Das sieht man ihm an. (So ist das eben mirt dem Älterwerden)


Technische Daten aus dem ersten Prospekt des
Capri RS im Jahre 1971.
(Zum Vergrößern auf das Bild klicken




Auszug aus dem Prospekt: Angaben zum Motor ...


und zur Leistungscharakteristik

Nur äußerlich ein Rennbolide

In den 1970er Jahren stand für Gerd Brauneinser aktiver Motorsport mit seriennahem Autos ganz oben auf der Prioritätenliste. Wenn er denn sonntags nicht an einem Bergrennen oder bei einem der damals sehr beliebten Autoslaloms startete, war er zusammen mit Freunden auf der Nürburgring-Nordschleife unterwegs. Die Fahrzeugtechnik wurde dabei bis an die Grenze des Möglichen belastet. Schnell stellte er fest, dass die sportlichen Extras des Capri RS mit den im Verkaufsprospekt beschriebenen Bielstein-Stoßdämpfer vorne, der Tieferlegung des Fahrwerks um 2,5 cm und dem 2,6 Liter Sechszylinder-Motor erschöpft waren. Zweifellos war die schnelle Optik des Autos gelungen. Aber das alles reichte noch nicht aus, um bei motorsportlichen Wettbewerben einigermaßen vorne landen zu können.

In der Rückschau bezeichnet Brauneiser heute den Capri RS in seiner Serienausführung für den Einsatz im Motorsport als „Flop“, bei dessen Herrichtung es nicht viel weniger zu tun gab, als bei der Herrichtung einer Familienlimousine. „Der Motor war im Grunde ein schon alter Bekannter aus dem Ford Capri 2,6 GT. Ein V6-Motor mit zursprünglich 2.551 ccm Hubraum, der 125 PS leistete. Im RS wurde statt des damals üblichen Vergasers eine Einspritzpumpe nach dem System-Kugelfischer verbaut und die Kurbelwelle um einen Millimeter hubzapfenverschliffen, was den Hubraum auf 2.637 ccm, die Verdichtung von 9:1 auf 10,5:1 und die Leistung auf 150 PS erhöhte. Verbaut hatte der RS die Nockenwelle des 2,3 Liter SHC Motors, die sportlichere Steuerzeiten hatte. Ein Sperrdifferenzial war nicht serienmäßig, konnte aber – wie schon berichtet - zusätzlich geordert werden. Die Bremsen waren für den Sporteinsatz zu schwach und die Hinterachse war, wie bei allen Ford-Autos damals üblich, eine Starrachse an simplen Einblattfedern. Heute lacht Brauneiser beim Blick in den damaligen Verkaufsprospekt über das, was darin alles als Besonderheiten lobend hervorgehoben wurde. Für den Betrieb als Familienauto auf der Straße reichte das den meisten Käufern wohl auch; für Brauneisers sportliche Einsätze war der Capri RS ohne weitreichende Umbaumaßnahmen nicht zu gebrauchen.

Als die Ford AG 1970 die Motorsportabteilung in Köln einrichtete, da waren ihm einige der nun darin tätigen Techniker schon von seinem bisherigen Motorsportengagement persönlich bekannt. Natürlich pflegte Gerd Brauneiser diese Beziehungen und konnte dank seiner kommunikativen Fähigkeiten auch noch weitere Kontakte zum Ford-Werksteam rund um den damaligen Renneiter Jochen Neerpatsch und Motorenmechaniker Jan Brukemer und Hans Knotte knüpfen. Letztere waren die Motorenbauer des Werksteams schlechthin. Dabei bewahrheitete sich Brauneisers Grundsatz erneut: „Man soll – wenn möglich - das Auto fahren, das in der Stadt hergestellt wird, in der man wohnt!“ Ford in Köln war für Brauneiser also in jeglicher Hinsicht naheliegend. Von den Mitarbeitern des Werksteams erhielt er regelmäßig brandheiße Tipps, durfte sich Technik anschauen und durfte manches Motorteil aus der „Schrottkiste zu Studienzwecken“ und mehr mit nach Hause nehmen. In der Rückschau bescherten diese Kontakte Brauneiser eine sehr wesentliche Fortbildung in Sachen Tuning. Auf seiner Suche nach dem Optimum für seinen RS war Brauneiser insofern gut aufgestellt. Das fehlende Sperrdifferenzial, kaufte er kurz nach dem Autoerwerb beim Ford-Händler für ca. 900,00 DM und baute es sich selbst in seiner Werkstatt ein.

Das intensive Heizen mit dem neuen Auto zeigte bald böse Folgen: „Schon nach knapp zwei Monaten klapperte auf einmal der Motor. Was war? Ratsch! Lagenschaden! Die Pleuellager waren schon ausgeschlagen“. Fordhändler Strunk ersetzte Brauneiser „nur aus Kulanz“ den Motor und erklärte zugleich unmissverständlich, dass es im Weiteren „für diesen Capri keine Garantie mehr“ gebe. Offenbar hatte Strunk Wind davon bekommen, dass Brauneiser den Capri RS bei Wettbewerbseinsätzen außerordentlich beanspruchte. Brauneiser nahm diesen Hinweis hin. Es sollte auch das letzte Mal gewesen sein, dass er das Auto überhaupt zur Bearbeitung einem Händler übergeben hatte. Alle Reparatur- und Wartungsarbeiten nahm er in der Folge selbst in seiner privaten Werkstatt vor.

Auf dem Nürburgring zeigten sich die Bremsen spätestens im Adenauer Forst als überfordert „Die qualmten dort nur noch, ohne zu bremsen, obwohl ich das Pedal bis auf das Bodenblech durchgetreten hatte“, erinnert sich Brauneiser. „Zunächst wurden die von Ford als Sonderzubehör angebotenen innenbelüfteten Scheibenbremsen gegen die serienmäßigen verbaut. Später mussten aber auch diese noch besser wirkenden reinen Rennbremsen weichen“.

Dann besorgte Brauneiser sich vom ersten Renntourenwagen-Capri ein komplettes Armaturenbrett. Dieses war mit allen für den Renneinsatz wichtigen Messgeräten bzw. Anzeigen ausgestattet. Den Einbau meisterte Brauneiser selbst mit Unterstützung seines Freundes und Elektrikers Fritz Schmickler. Dank der Öltemperaturanzeige fand Brauneiser auch die Ursache für den Kurbelwellenlagerschaden. Der Motor wurde einfach mit 160°C zu heiß. Also wurde kurzerhand ein zusätzlicher Ölkühler verbaut. Der senkte die Öltemperatur auf 110° bis 120° C. Damit tat sich dann aber schon das nächste Problem auf: Wegen der langen Ölleitung zwischen Motor und Ölkühler erreichte der Öldruck nur noch inakzeptable 2,5 bar. Also musste auch noch die schlappe Ölpumpe durch eine stärkere ersetzt werden. Damit war der Motor dann auch beim Renneinsatz thermisch gesund. Breitere Reifen mussten ebenfalls schnell her. Damit stand zugleich die Kotflügelverbreiterung an, denn die serienmäßigen Kotflügel konnten die breiten Reifen nicht ausreichend abdecken. Zusätzlich mussten wegen der breiten Reifen die Radaufhängungen und der Stabilisator mittels zusätzlicher Schubstreben verstärkt werden. 1971 kamen noch runde Kotflügelverbreiterungen zum Einsatz, die Ende 1972 durch die dann auch vom Werk verwendeten eckigen ersetzt wurden. „Die gefielen mir einfach besser“, lacht Brauneiser heute. So kam eine Maßnahme zur nächsten.

Die harten Sporteinsätze forderten wegen der hohen Materialbelastung ihren ständigen Tribut: „Etwa alle drei Renneinsätze war eine komplette Zerlegung des Motors fällig. Dabei zeigten sich vorgeschädigte Teile, wie etwa angebrochene Kolbenhemden, die kurzerhand ersetzt wurden, bevor sich kapitale und sehr viel teurere Schäden einstellten“. Dennoch musste Brauneiser alleine zweimal den nach abgerissenen Pleueln total beschädigten Motor entsorgen. Die zu seriennahen Pleuel waren zu schwach für den von Brauneiser auf 2,8 Litr. aufgeborten Rennmotor. Alles das ging natürlich deutlich ins Geld“, erinnert sich Brauneiser, „und selbst als damals gut verdienender Fliesenleger musste ich oft gucken, wie ich das alles hin bekam“.


Die originalen Scheibenbremsen erwiesen sich als nicht genug belastbar. 1971 kamen zunächst die innenbelüfteten Bremsscheiben von Ford zum Einsatz und 1972 die hier abgebildeten von Ford-Motorsport


Die breiteren Reifen benötigten breite Reifenhäuser. Zunächst wurden diese rund gestaltet


Die drei ovalen Vertiefungen waren das individuelle Element von Brauneisers Capri. Als das Werksteam seine Capris jedoch mit eckigeren Kotfügeln ausstattete, zog Gerd Brauneiser Ende 1972 nach und die „Rundverbreiterung“ war da schon Geschichte


Zur Steigerug der Motorleistung diente u.a. die abgebildete leistungs-fähigere Einspritzanlage, die Ford für die privaten Kunden-Rennautos verkaufte


Der Großteil des Ford-Werksteams mit Teamleiter Keisker mit seiner Mannschaft, Renneiter Michael Kranefuß und Fahrer Jochen Maas im Auto sitzend. Brauneiser pflegte insbesondere zu den Technikern gute Kontakte, was seinem eigenen Capri RS sehr zutäglich war.
(Zum Vergrößern auf das Bild klicken, Foto: Ford AG)


Foto von der Neujahrsgrußkarte des Werkteams an Gerd Brauneiser. Dieter Glemser war mit dem Werks Capri 1971 Europameister bei den Tourenwagen und Sieger der 24 Stunden von Spa-Francorchamps geworden. Glemser ist hier 1970 mit dem 2,4 Liter Weslake-Motor unterwegs
(Foto.Ford AG)

Weslake-Motorenteile ab 1970 eingesetzt

Harry Weslake in England konstruierte und fertigte damals komplette Motoren, die von Privatkunden zum Einbau in die Ford-Fahrzeuge gekauft werden konnten. Die Abteilung Ford-Motorsport selbst verkaufte selbst keinerlei Weslake-Motoren oder -Motorenteile. Dennoch verwendete sie Weslake-Motorenteile in ihren Werkswagen“, erinnert sich Brauneiser. Entscheidend waren hierbei die von Weslake entwickelten Zylinderköpfe, des Ansaugtraktes und des Flachschiebers. Da hatte Gerd Brauneiser jedoch schon viele teils teuer erkaufte Erfahrungen mit Weslake-Motoren gesammelt.

Ab 1970, also von Anfang an, verbaute das Ford-Werksrennteam Weslake-Teile in den Renn-Capris. Der 1971er Motor basierte dazu auf dem 2,6 Liter RS Motor mit einer Bohrung von 93 mm, was im Endergebnis einen Hubraum von 2.815 ccm ergab.
Weslake baute in seinen Motoren Stahlguss-Kurbelwellen ein, während Ford gefräste und selbst entwickelte aus Nitrierstahl gefertigte Kurbelwellen verwendete, die zusammen mit Weslake-Pleueln verbaut wurden. Statt die von Weslake entwickelten Nockenwellen verbaute Ford die extern bei Dr. Schrick in Remscheid entwickelten Ausführungen.

1972 erfüllte der Weltkonzern Ford in seinem Werk in Köln einen Spezialauftrag für den US-Markt, indem der sogenannte Federal-Capri gebaut wurde. Mindestens 500 Stück wurden davon benötigt, um die Homologation für die Teilnahme an den 3-Liter Motorsportklassen zu erreichen. Diese Capris hatten einen neu konstruierten 2,8 Liter Motor, der allerdings auf 95 mm aufgebohrt wurde und damit die vollen 3,0 Liter Hubraum erreichte. Das war dann ein originaler deutscher Motor, der nicht mit dem in England entwickelten 3,0 Liter Motor verwechselt werden darf“, weiß Gerd Brauneiser aus seinen Kontakten zum damaligen Werksteam heute noch zu berichten.

Seinen ersten Weslake-Motor beschaffte sich Brauneiser Anfang 1972. Es war ein bereits gebrauchter Motor von 1970 mit 2,8 Liter Hubraum. Gemäß der Motornummer, war es der fünfte von Weslake überhaupt gefertigten Motor für den Capri. Es war der gleiche Motorentyp, mit dem Dieter Glemser 1971 Tourenwagen-Europameister geworden war.

Bei den Einsätzen 1972 stellten sich an dem 1971er Weslake-Motor gleich dreimal so weit Schäden ein, dass der Motor nicht mehr reparabel war. Weitere Käufe von Weslake- Motoren standen also an.1972 wurde Brauneisers Weslake-Motor zudem mit einem Fünfgang-Renngetriebe von ZF ausgestattet, wie es auch in den Werks-Carpis der Zeit zu finden war. Heute weiß Brauneiser gar nicht mehr im Detail, was da alles noch so kaputt ging und ersetzt werden musste. Jedenfalls waren es sehr viele Schäden und es ist das Glück nach all den Jahren, dass der Mensch sich von Natur aus mit der Zeit mehr noch an die schönen Dinge des Lebens erinnert statt an die unschönen.


1973 verkaufte Ford den Capri in einer Rennversion für den Breitensport durch Privatfahrer. Da hatte Gerd Brauneiser seinen Capri aber schon seit zwei Jahren
(zum Vergrößern in PDF bitte auf das Bild klicken)

Anfang 1973 kaufte Brauneiser den ersten 1972er Weslake-Motor ein, weitere sollten im selben Jahr folgen. Das Ford-Werk indessen verkaufte jeweils zum Saisonende seine Werkswagen für teures Geld weiter, wozu Brauneisers Budget als hauptberuflicher Fliesenleger jedoch nicht reichte.


Brauneisers erster „Weslake-Motor“. Es war ein 1970 hergestellter 71-er Motor, den er im Winter 1971/72 für die Saison 1972 gebraucht kaufte und in seinen Capri einbaute. Links zu sehen auch das gleichzeitig verbaute Fünfganggetriebe von ZF (5.600,00 DM) mit einer Kupplungsglocke aus Magnesium (1.200,00 DM)


Blick in den Zylinderkopf, der von Brauneiser bereits überarbeitet wurde


Foto des originalen Typenschildes des ersten von insgesamt sechs Weslake-Motoren, die Brauneiser sich für seinen Capri zulegte


Einige von Brauneisers verwendeten Motorenvarianten

Zugleich Sportgerät und Familienkutsche

Alleine mit den Wartungs- und Optimierungsmaßnahmen am Capri nach den Renn-Sonntagen zu Hause nach Feierabend waren die Arbeiten am Capri noch nicht getan. Weil der ja neben dem Renneinsatz auch noch den Alltag bewältigen musste, waren ständig Termine beim TÜV und beim Straßenverkehrsamt erforderlich, denn alles sollte ja auch seine Richtigkeit haben. Alle motorsportlich erforderlichen Veränderungen bekam er jedoch nicht genehmigt, sodass vor den Wettbewerben weitere Umbauten ausschließlich für den Renneinsatz erforderlich waren, die nach dem Renneinsatz auch wieder zurückgebaut werden mussten. Schließlich wurde das Auto zur Rennsaison abgemeldet, umgebaut, auf dem Hänger zu den Wettbewerben transportiert, eingesetzt usw. Derweil musste der Firmentransporter des Fliesenlegerbetriebs auch für die privaten Fahrten herhalten. Nach der Rennsaison wurde der Capri wieder für die private Nutzung im Straßeneinsatz zurückgebaut. 1975 erfolgte eine Stilllegung bis Ende 1977.


1973 vor der Haustür in Köln-Nippes. Inzwischen sind die eckigen Kotflügelverbreiterungen montiert

Spektakulär in den Spanienurlaub

Mit Frau und Tochter fuhr Brauneiser 1972 im zurückgebauten Capri RS für drei Wochen in den Urlaub nach Spanien. „Vorher wurde der Rennmotor durch einen normalen Motor getauscht. Weil die Kotflügelverbreiterung aber zugelassen war und deshalb dran bleiben durfte, sorgte das Auto unterwegs und in Spanien schon für eine gewisse Show und immer wieder für Kommunikation mit den Passanten“, lacht Gerd Brauneiser heute noch. Mit Kommunikation hatte er als echter Kölner ja nie ein Problem.


Bericht von der Clubmeisterschaft. Der mit der kleinen Honda Dax ist übrigens auch Gerd Brauneiser
(zum Vergrößrn auf Foto klicken)

Andererseits weiß Brauneiser auch heute noch zu schätzen, was seine damalige und inzwischen verstorbene Frau Marga sowie seine Tochter Claudia ihm gegenüber alles an Nachsicht und Geduld aufbrachten. Zum Glück machten die auch viele seiner Wochenendaktionen mit und „lernten auf diesem Wege den Nürburgring sehr intensiv kennen“.

Erst 1975 schaffte Brauneiser für die Familie ein eigenes Auto an und der Capri wurde ausschließlich für seine Sporteinsätze fortan überwiegend ohne Zulassung per Anhänger zu seinen Einsatzorten verbracht. Damit war auch viel Zeit gewonnen, da die oft aufwendigen Umbaumaßnahmen vom Renn- zum Familienauto und umgekehrt entfielen.

Motorsport hinter dem Steuer bis 1978,
danach Rennteam mit Escort

Das rege Treiben als Fahrer und zugleich auch als Tuner hielt Brauneiser bis 1978 durch. Danach nahm ihn sein berufliches Engagement im Fliesenlegerbetrieb so sehr in Anspruch, dass er den Capri RS zunächst einmal beiseite stellte. Der 1973er Weslake-Motor hatte da einen auf 3,0 Liter angewachsenen Hubraum.

Motorsport betrieb Brauneiser ab 1978 nicht mehr indem er selbst in das Lenkrad griff; er engagierte sich fortan weiterhin als erfolgreicher Tuner und nun zusätzlich als Betreiber eines privaten Rennteams in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft. Die Ära der schnellen Capris war inzwischen bei der Turbotechnik angelangt, mit der Brauneiser kein neues Kapitel aufschlagen wollte. In seinem Team kamen nun die schnellen Brauneiser-Escort MK2 zum Einsatz, mit denen damals junge und talentierte Fahrer wie etwa ein gewisser Jörg van Ommen, Olaf Manthey und Franz-Josef Bröhling mit sehr beachtlichen internationalen Erfolgen ihre ersten Sporen verdienten.


Morgens an einem Sonntag im März 1973


Autoslalom 1974. Ausschnitt aus einem Zeitungsartikel


Autoslalom Markthalle Köln 1975


Bericht vom Autoslalom Butzweiler Hof 1976
(zum Vergrößrn auf Foto klicken)


Ford und auch Brauneiser vewendeten statt der Weslake Teile die Stahlkurbelwelle von Ford und die Nockenwelle von Schrick


Kolben und Pleuel von Weslake


Autoslalom 1974

Der Capri RS als Rentner

Der Capri verfiel aber zunächst einmal in einer Garage wohlbehütet in den Dornröschenschlaf. Auf Betreiben von Brauneisers Sohn Hans Gerd wurde er erst Ende der 1990er Jahre wiederentdeckt und erweckt. So richtig heiße Rennen standen mit dem inzwischen deutlich gealterten Renn-Oldtimer nicht mehr auf dem Plan. Die zukünftigen Auftritte sollten nur noch aus gelegentlichen Ausfahrten, Treffen und Show-Veranstaltungen bestehen. Dazu wurde die Leistung etwas entschärft und das Auto insgesamt so ausgelegt, dass es für den Straßenverkehr wieder zulassungsfähig ist. Ausgestattet ist er heute mit dem 3,0 Liter Weslake-Motor in speziellem Brauneiser-Tuning, mit dem der inzwischen 50-jährige Veteran immer noch mehr als 300 legale PS auf die Straße bringt. Es ist übrigens der vierte Weslake-Motor von insgesamt 9 Motoren, die Brauneiser in seinen Capri einbaute.


Das Renncapri-Armaturenbrett von 1970 im März 2021

Capri-Freunde

Für den Ford Capri generell bildete sich eine Fangemeinde, die sich heute im Capri Club Deutschland über zahlreiche Ortsgruppen organisiert hat und nicht nur bei der historischen Technik rührig weiter hilft, sondern den Mitgliedern zusätzlich eine Art Familie bieten will. Ein Besuch der Club-Homepage lohnt sich allemal. Für Freunde „machte“ Gerd Brauneiser in den Jahren nach seinen Motorsportaktivitäten immer wieder mal einen Weslake-Motor für einen schnellen Capri zurecht und steht vielen Restaurierern mit Rat und Tat hobbymäßig zur Verfügung. „Auch heute noch erhalte ich viele Anrufe mit Fragen von Ford-Freunden zum Weslake-Capri“, erzählt Brauneiser.

Engagement an Sohn weitergegeben

Die Begeisterung für schnelle Motoren hat sein Sohn Hans-Gerd Brauneiser übernommen und kümmert sich nach einer adäquaten Berufsausbildung bereits seit Jahrzehnten mit viel Herzblut und Know-How in der von ihm betriebenen „Rheinland-Garageum das Funktionieren alter Autos und am liebsten alter Boliden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn man Gerd Brauneiser dort heute oft findet. Aus den im Fundus der Brauneisers noch vorhandenen neuen Teilen bauen die beiden seit drei Jahren einen „komplett neuen Weslake-Capri“ zusammen, der „besser ist, als das hier beschriebene Jubiläumsauto“ und voraussichtlich in diesem Jahr noch vollendet wird.

Beziehungstäter

Beziehungen reifen über 50 Jahre nur dann zu einer „goldenen“ Beziehung, wenn diese intensiv waren. Brauneisers Beziehung zu seinem Capri RS ist auf Ihre Art eine ganz besondere Beziehung, von der er bis heute zehrt. Die alten Erinnerungen tun ihm gut, alte Fotos verhindern das Vergessen und alte Bekannte aus den der Zeit von vor 50 Jahren gibt es auch gottlob immer noch.
Die Seele nährt sich von dem, an dem sie sich freut. „Früher war der Capri Mittel zum Zweck, heute hänge ich an dem Capri und ich würde ihn für kein Geld der Welt weggeben“.


Bei einer beschaulichen Runde Nürburgring GP-Kurs anlässlich des Treffens des Capri Clubs
Foto: Capri Club Deutschland


Der Capri 2021 wohlbehütet vor seiner Garage


Capri RS von 1971


Potent, noch wie in jungen Jahren, mit von Brauneiser veredeltem
3.0 Liter Weslake-Motor


Gerd Brauneisers Capri RS 2008 beim Tag der offenen Tür unseres Clubs, bei dem er den interessierten Besuchern ...


Dokumente aus der Geschichte seines Autos zeigt


Gerd Brauneiser beim Interview im März 2021 in seinem Besucherzimmer. Seine Beziehung zum Capri RS ist auch hier nicht zu übersehen und gibt Grund genug für die vorliegende Jubiläumsgeschichte. Wir freuen uns mit Gerd

Hier geht es zum Capri-Album bzw.

Brauneisers Fotosammlung


Gerds ALBUM

Updates zu Brauneiser auf dieser Homepage

2008: Brauneisers Portrait




2013: Brauneisers Zweitaktfreuden


2021: Brauneisers Escort MK2 Rennteam von 1979 bis 1983

2021: Zu Besuch bei Lisa in der Rheinlandgarage

Swisttal, im März 2021

Text: Hans Peter Schneider Fotos: Archiv Gerd Brauneiser und Hans Peter Schneider

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