Zurück zum Navigator

Walter Netterscheid
Moto-Cross auf höchstem Niveau

Die Lehrjahre im Beiwagen
und der Schritt zum Gespannpiloten


Probefahrt mit Heinz Montenarh 1970 auf einem Acker am Noel zwischen Buschhoven und Flerzheim in der Abendsonne. Walter Netterscheid entwickelte seine erste Beziehung zum Moto-Cross-Gespannsport als Beifahrer Foto: Andreas Brünagel

Im Anfang

war bei Walter Netterscheid die Begeisterung für das Motorrad schlechthin.

Typischer junger Bursche
Das, was Walter Netterscheid damals in Buschhoven erlebte, war in anderen Dörfern bei motorbegeisterten Jugendlichen seines Jahrgangs ähnlich und typisch. So übten auch auf Walter Netterscheid die vielen alten Motorräder aus den 1950er Jahren, die in zahlreichen Häusern abgemeldet und von ihren Besitzern nicht mehr gebraucht nur so herumstanden, den Reiz aus, diese für sich zu gewinnen und damit zu fahren. Bekanntlich werfen Bauern ja nicht schnell etwas weg, so lange noch irgendwo Platz zum Aufbewahren besteht. So standen sich die bis zum Autokauf genutzten und zugelassenen Motorräder in Schuppen und Ställen zwischen Egge und Kreissäge staubig und platt und der TÜV war auch schon ewig abgelaufen. Wenn nicht die eigenen Söhne der Bauern sich für die alten Maschinen interessierten, - manche Bauern hatten ja auch „nur“ Töchter – dann gelang es im Laufe der 1960er Jahre einzelnen Burschen schon einmal, ein altes nicht mehr benötigte Motorrad vom benachbarten Bauern mit oder ohne Geld „abzustauben“. Oft mussten die Burschen dabei gegen die Bedenken der Bauern ankämpfen, dass Minderjährigen ohne Führerschein ein nicht zugelassenes Motorrad überlassen wurde und sie selbst als vorherige Besitzer dafür einmal belangt werden könnten. Meistens war es deshalb so, dass das nicht mehr benötigte Motorrad eines Tages vom Bauern dem „Lumpenkrämer“ gegen 0,50 DM gegeben wurde. Interessanter für die jungen Burschen war die Alternative, wenn das alte Motorrad zusammen mit anderem Abfall auf der Schlagkarre hinter dem Trecker zu einer der vielen offiziellen oder wilden Kippen in der Nähe des Dorfes verbracht und entsorgt wurde. Natürlich wurde diese „Kippen“ regelmäßig von den Jungs nach Brauchbarem und insbesondere nach Motorrädern oder Motorradteilen abgesucht. Froh war man immer, wenn ein gefundenes Motorrad noch die Räder hatte, denn die fehlten oft, weil ihre Vorbesitzern gerne dafür eine letzte Verwendung in einer Handkarre hatten. Ideal war für die Burschen ein komplettes Motorrad, bei dem zum Fahren nur Luft in die Reifen und Sprit in den Tank gefüllt werden musste. Einer von ihnen fand sich immer, der über eine Batterie „mit Saft“ verfügte und die je nach Art der Lichtmaschine zum Starten des Motors benötigt wurde. Wenn dann der Kfz-Brief nicht dabei war, machte das nichts, denn zum Fahren über die abgeernteten Äcker oder durch den Garten hinterm elterlichen Haus brauchte man weder Zulassung noch Führerschein.

Der Ehrgeiz im Umgang mit den alten Motorrädern hatte damals mehrere Dimensionen: Die erste bestand darin, „die alte Kiste“ überhaupt zum Laufen zu bringen; die zweite Dimension war, mit dem alten Motorrad auch wirklich zu fahren und die dritte, mit dem alten Stück so außerordentlich gut bzw. schnell zu fahren, dass die Freunde nicht mehr mithalten konnten. Das sorgte für Aufmerksamkeit und eine gewisse Spitzenstellung unter den Gleichaltrigen.
Gefahren wurde polizeisicher querbeet rings um das Dorf, und zwar so lange, bis die Technik schlapp machte. War dann eine Reparatur mit dem geringen Fachwissen, ohne gescheites Werkzeug und ohne Ersatzteile nicht mehr möglich, dann wurde das alte Motorrad entweder für kleines Geld an einen Gleichaltigen weiter verkauft oder im Falle eines absehbar nicht lösbaren technischen Problems weiter verschenkt.

Klar waren die fahrerischen Aktivitäten auch aus damaliger Sicht nicht immer „ganz so legal“ und klar auch, dass die Eltern der jungen Burschen sich mitunter Sorgen machten. Aber mit vierzehn oder fünfzehn Jahren sah man solche Aktivitäten mit anderen Augen. Jungen, so die Entwicklungspsychologen, beweisen gerne Mut. Das macht sie unter ihren „Kumpels“ stark und cool. Um echte Männer zu sein, muss man sich beweisen. Und starke Jungs sind auch bei Mädchen besonders beliebt. Ein wieder flott gemachtes Motorrad war dazu noch besser geeignet als nur Zigaretten zu rauchen.


Ein Wahrzeichen Buschhovens ist die moderne Kirche aus den 1960er Jahren an dem ehemaligen Burgweiher Foto: Helmut


Kleine DKW-Motorräder mit 125 oder 175 ccm hatten eine simple Technik und waren deshalb auch nach langer Standzeit leicht wieder in Betrieb zusetzen und zu fahren. Im Bild Lothar Nehren mit seiner DKW RT 175. Derartige Maschinen rückten ihre alten Besitzern eher an junge Burschen heraus, als etwa Motorräder mit Viertaktmotor


Walter Netterscheid kurvte als Fünfzehnjähriger unter anderem mit eine NSU-Superfox über die privaten Äcker. Das war schon eine Besonderheit, weil die einen Viertaktmotor hatte. Die alten Besitzer tennten sich damals eher von Zweitaktern als von Viertaktern, die generell eine höhere Wertschätzung fanden. Die Super Fox wurde in den Jahren von 1955 bis 1957 von NSU gebaut. Die Motorräder der 1950er Jahre hatten das Interesse der Erstbesitzer in den 1960er Jahren verloren, da die sich nunmehr ein Auto leisten konnten. Das Wirtschaftswunder ließ grüßen


2010 sind aus den Äckern von einst Pferdeweiden geworden

Geregelte sportliche Verhältnisse

Im Jahre 1969 konnte Walter Netterscheid, wie viele seiner Zeitgenossen, es kaum erwarten, den damaligen Führerschein Klasse vier zu machen, mit dem Kleinkrafträder bis 50 ccm Hubraum gefahren werden durften. Gespart hatte er für was „Richtiges“ und mit dem Zuschuss der Eltern war das eine Kreidler RS.

Es war die Zeit in der die Motorradhersteller eigentlich nur noch mit „Fünfzigern“ Geld verdienen konnten. Die Zahl der zugelassenen Motorräder über 50 ccm war 1969 auf annähernd 200.000 geschrumpft. Heute sind deren nach mehreren Boom-Schüben in den alten Bundesländern etwa wieder 2,6 Mio. zugelassen. Walter Netterscheid hatte damals zum Motorrad aber schon eine etwas weitergehende Beziehung: So war im Gegensatz zu den meisten seiner Altergenossen das Motorrad für ihn nicht nur ein Zwischenspiel bis zum Erreichen des 18. Lebensjahres, um sich dann ein Auto „mit vier Rädern und einem Dach über dem Kopf“ zuzulegen. Bemerkenswert war schon Walter Netterscheids außerordentliche Lust am Motorradfahren an sich, und im Besonderen, wenn es durch schwieriges Gelände ging, und zwar so schnell wie möglich, mit Sprüngen, steilen Abfahrten, Kurven und durchdrehendem Hinterrad.


Probefahrt 1969. Außer Walter Netterscheid hatte auch dessen späterer Beifahrer Hubert Overkamp schon mal den Platz im Beiwagen bei Chauffeur Hans Montenarh getestet

Motorradsport erleben konnte Netterscheid damals auch schon in seinem Heimatort Buschhoven quasi vor der Haustür, wo in den 1960er Jahren auf dem alten Buschhovener Sportplatz neben der B 56 – heute Reitanlage des Buschhovener Reitervereins - regelmäßig Motoball gespielt wurde. Zudem besuchte er schon früh zusammen mit seinem Vater die Moto-Cross-Rennen in der näheren Umgebung, wie etwa in Dom-Esch und in Satzfey. Glück hatte Walter Netterscheid, dass sein Vater ebenfalls Sinn fürs Motorrad hatte.

Und dann gab es da in Buschhoven noch den Heinz Montenarh, der seit Ende der 1950er Jahre schon Moto-Cross mit einer Solomaschine fuhr. Der trug in den 1960er Jahren mit dazu bei, dass in Buschhoven ein Moto-Cross-Club gegründet wurde. Mitglieder darin waren unter anderen ein Hans Mans und Wolfgang von Kienzel. Durch letzteren war es möglich, Trainingsfahrten in der der Familie von Kienzel gehörenden Kiesgrube zu veranstalten, die zwischen der Kreuzung „An den vier Bänken“ und Miel lag, wo heute die Müllumladestation der RSAG zu finden ist.

Im Buschhovener Motocross-Club war sozial eingestellt: So durften Lehrlinge – heute Auszubildende genannt - wegen ihres bekanntermaßen bescheidenen Einkommens beitragsfrei Mitglied werden. Diese Möglichkeit nahm Walter Netterscheid schon früh wahr und es entwickelte rasch eine freundschaftliche und fruchtbare Beziehung zu dem oben genannten Heinz Montenarh, der in Buschhoven im Rosenweg sein Haus hatte.


Mit 16 Jahren eine Kreidler RS, wie bei so vielen damals „mit Unterstützung der Mutter“ für 1.200,00 DM gekauft. Der Sturzhelm gehörte noch nicht zur selbstverständlichen Ausrüstung der Jungs mit ihren Fünfzigern; es gab noch keine Helpflicht. Nach dem Foto fuhr Walter Netterscheid mit der Kreidler zusammen mit seiner Freundin bzw. seiner späteren Frau Angelika nach Bonn ins Kino. Als sie nach der Vorstellung das Kino verließen, da war die Kreidler gestohlen worden


Ab 1969 fuhr Walter Netterscheid in Heinz Montenarhs Boot als Beifahrer mit. Sein Vater gab ihm dazu die Erlaubnis. Es war im April 1970, als Montenarh das Norton-Gespann kurz zuvor in Belgien für 4.000 DM erworben hatte. Im Vorjahr fuhren die beiden noch auf einer 650 er Triumph mit Eigenbau-Beiwagen. An der Bekleidung erkennt man, dass das Foto sonntags entstanden sein muss


Der Montenahr-Netterscheidsche Fuhrpark 1970. Die Kreidler RS hatte inzwischen eine Verkleidung erhalten. Die Florett mit dem gekappten Vorderradschutzblech war ein Geschenk von Andreas Brünagel. Walter Netterscheid hatte zu der Zeit auch noch Ambitionen mit einer Solomaschine Motocross zu fahren, dazu stellte Montenarh seinem jungen Beifahrer hin und wieder auch seine Bultaco Pursang (vorne links) zur Verfügung. Seine Kreidler RS hatte Netterscheid inzwischen mit einer Vollverkleidung ausgerüstet


Erste Erfahrungen als Beifahrer in Gespann

Montenarhs aktiv Moto-Cross-Laufbahn mit Solomaschinen fand, durchweg auf Viertaktmaschinen der Marken BSA und Triumph statt, letztere auch mit Zweizylinder-Motoren. Ende der 1960er Jahre war Montenarh schon über vierzig Jahre alt. Er hatte schon festgestellt, dass inzwischen den jüngeren Wettbewerbern gute Platzierungen leichter fielen als ihm. Das lag wesentlich an der hohen körperlichen Beanspruchung des Moto-Cross-Sportes und da hatten die Zwanzigjährigen einfach mehr jugendlichen Elan, mehr Ausdauer und körperliche „Kondition“. Heinz Montenarh nahm an Rennen teil, die dem DAMCV angeschlossene Vereine veranstalteten. In diesem Motorsport-Verband hatte sich in jenen Jahren eine neue Klasse im Moto-Cross-Sport etabliert: Das war die Klasse für die Gespanne. Mehrere Sportsfreunde, mit denen Montenarh in früheren Jahren auf den Solomaschinen um die Wette gefahren war, hatten sich inzwischen eine motocrossfähiges Gespann zugelegt und fanden das weniger anstrengend als Moto-Cross mit der Solomaschine. Die erforderlichen Beifahrer, für die körperlich anstrengenden Turnereien im Boot rekrutierten sich aus motorradsportbegeisterten, konditionsstarken jungen Männern. Montenarh als der alterfahrene Crosser, fuhr indessen im eigentlichen Sinne das Gespann, hatte sozusagen die Erfahrung in der Herrschaft über Gas, Lenker und Bremse. Dabei rechnete er für sich wohl damit, bei einem geringeren körperlichen Einsatz so manches Mal wieder aufs berühmte Siegertreppchen fahren zu können. Der motorradbegeisterte Walter Netterscheid und Heinz Montenarh, der beim Moto-Cross in der noch jungen Gespannklasse weitermachen wollte, kamen darin überein, dass Walter ab 1969 sein Beifahrer im Boot seines Gespannes wurde. Glücklicherweise hatte Walter Netterscheids Vater problemlos die Unterschrift geleistet, die Heinz Montenarh für seinen damals erst sechszehnjährigen Beifahrer in seinem Renngespann benötigte. Heinz Montenarh startete 1969 mit einer Zweizylinder- Norton Commando mit 750 ccm Hubraum, an die er sich selbst einen Beiwagen in der Schlosserwerkstatt seines Arbeitgebers, der Fa. Andernach in Beuel, gebaut hatte.

Diese Zeit als Beifahrer dauerte drei Jahre, also bis 1971. „Heinz Montenarh war im Moto-Cross-Sport erfahren, verfügte im Verhältnis zur Konkurrenz immer über erstklassiges Maschinenmaterial, das stets bestens in Schuss war“, so Walter Netterscheid heute. Damit holten sich beide die eine oder andere Siegtrophäe.

Ende 1971 hatten Montenarh und Netterscheid aber beide keine so rechte Lust mehr: Netterscheid wollte lieber selbst und schneller fahren als Montenarh und letzterer hatte nach so vielen aktiven Jahren dann doch „satt und genug vom Moto-Cross“. Er wollte seine Freizeit etwas beschaulicher gestalten und beendete seine Rennfahrer- Zeit.


Trainingsfahrt im März 1970 in Satzfey

Die beiden, die damals in Freundschaft auseinandergingen oder besser ein letztes Mal vom gemeinsamen Gespann stiegen, waren je Vertreter einer anderen Generation von Moto-Cross-Fahrern. Heinz Montenarh gehörte sozusagen der frühen Fahrergeneration an: Das Fahren wurde von der zwar als eine Sportart betrachtet, die körperlich anstrengend war, aber die körperliche Fitness hatte man von Natur aus oder von dem was man sonst so beruflich tat. Kaum einem Moto-Cross-Fahrer in der 1950er und 1960er Jahren kam es in den Sinn, mit gezieltem systematischem Training die Fitness für diesen Moto-Cross-Sport sicher zu stellen. Stattdessen wurde ohne Einschränkungen geraucht, gut und viel gegessen und manches erfrischende Bier geschluckt. Weil die meisten Wettbewerber es nicht anders machten, waren dennoch Plätze auf dem Siegertreppchen möglich.

Walter Netterscheid gehörte hingegen der nächsten jüngeren Fahrergeneration an.


Ankunft in einem Fahrerlager an einem frühen Sonntagmorgen. Gleich wird das Gespann abgeladen

Erfolgsorientierte Einstellung
Die Lust am schnellen und perfekten Fahren hatte Walter Netterscheid schon sehr früh verinnerlicht. Andreas Brünagel, der als motorsportbegeisteter Nachbar die Aktivitäten Walter Netterscheids beobachtete und oft dessen Vater mittags zu den Rennen seines Sohnes chauffierte, meinte dazu: „Der Walter wirkt nach außen hin immer sehr ruhig und gelassen. Sobald der aber auf dem Rennmotorrad sitzt, wird der zum „Isäcker“, der in seinem überbordenden Ehrgeiz überhaupt nichts mehr zu verschenken hat. In seiner Zeit als Beifahrer vom Montenarh habe ich oft genug als Zuschauer erlebt, wie der dem Hein (Heinz Montenarh) voller Eifer ungeduldig und fast zornig zurief: „Mensch Hein, jeff Jas!“ Der arme Hein, der von Montag bis Freitag und mitunter auch noch samstags als Fernfahrer auf dem Bock saß und der ehrgeizige energiegeladene junge Walter, das passte nicht so richtig zusammen. Spätestens nach drei Runden hatte der Montenarh keine Kondition mehr und war eigentlich fertig. Gute Rennresultate waren bei dem in der Regel weniger auf seinen fahrerischen Einsatz als sehr viel mehr auf seine erstklassigen Motorräder zurückzuführen, mit denen er der Konkurrenz deutlich überlegen war. Der Hein hatte immer einen komplette Ersatzmotor zum Einbauen griffbereit. Alleine finanziell konnten sich das nur wenige seiner Konkurrenten leisten. Der Walter war da aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Der hatte schon sehr früh erkannt, dass auch physische Kondition wichtig war und trainierte darauf hin“. Regelmäßiges Joggen über fünf Kilometer durch den Buschhovener Wald gehörten bei Walter Netterscheid zum Pflichtprogramm.


1970 ging man noch davon aus, dass der Beifahrer im Cross-Gespann auch noch eine Sitzgelegenheit haben muss; deshalb
der zum Sitz gepolsterte Kotflügel des Bootes


Den Rahmen des Beiwagens hatte Montenarh sich nach Feierabend und eigenem „Plan“ in der Werkstatt seines Arbeitgebers selbst zusammengeschweißt


Schon 1969 wäre Walter Netterscheid schon gerne selbst der Fahrer des Gespanns gewesen. Aber dazu sollte es später noch kommen


Heinz Montenarh mit Walter Netterscheid als Beifahrer im Renneinsatz, ...


... der mitunter schon mal erfolgreich endete


1970 wusste Walter Netterscheid noch nichts von seinen späteren Erfolgen als Gespannpilot


Für eine Probe- und/oder Fotofahrt war ein abgeernteter Acker durchaus geeignet. Als Buschhovener Junge kannte Walter Netterscheid alle örtlichen Bauern und die kannten ihn; dann war es auch kein Problem, wenn er schon mal mit dem Gespann über deren abgeerntete Äcker fuhr


Hans Montenarh kam mit seinem Renngespann bei Buschhovens Jugend 1971 sichtlich gut an, zumal er den Rahmen seines Gespannes gerade in einem freundlich frischen Grünton gestrichen hatte. Die „Jugend“ fuhr damals noch Mofa, Mokick und Kleinkraftrad; Roller waren die Seltenheit. Im Bild links die Gebrüder Reiner und Clemens auf der Mauer, die später ebenfalls Moto-Cross mit Gespannen fuhren

Kurzes Intermezzo auf der Solomaschine
Nach der Zeit als Beifahrer waren für Walter Netterscheid zunächst einmal vier Jahre der motorsportlichen Zurückhaltung angesagt. In der Zeit hatte er nur gelegendliche Moto-Cross-Einsätze auf einer Solo-Maschine, und zwar einer 380er Bultaco Pursang. „Auch damit bin ich sehr gut zurecht gekommen“, erinnert sich Netterscheid, und ergänzt: „Ich hätte auch als Solofahrer sehr erfolgreich abschneiden können!“ Aber mit den noch jungen Lebensjahren fehlte es ihm – wie den meisten seiner Altergenossen - vornehmlich am lieben Geld. Sein Vater hatte zwar nichts gegen seinen Sport, aber eine finanzielle ergeizige Förderung durch diesen schied aus. Fußballspielen, Schießen in der Schützenbruderschaft oder das Pfeifen im Spielmannszug wären da billiger gewesen, aber das wollte Walter Netterscheid nicht. Moto-Cross faszinierte ihn total.

In der Zeit mit Heinz Montenarh hatte Netterscheid sein Schlüsselerlebnis, das für für seine weiteren motorsportlichen Aktivitäten richtungsweisend sein sollte: „Bei den ersten Rennen hatte ich auf die geschaut, die auf dem Siegetreppchen standen und mir das Ziel gesetz, da oben willst du auch mal stehen. Mein weiteres Ziel war es, nie überrundet zu werden, es sei denn, dass ein technischer Defekt oder ein Unfall mich heimsuchen sollte. Dieses ist mir rückblickend auch gelungen. Platzierungen ab dem vierten Platz waren mir nie genug“.


Amerikanisches Werbeplakat von 1971. Die Bultaco war damals eine Alternative zu Moto-Cross-Maschinen von Maico, CZ, Montesa und Husqvarna

Gespannpilot als ökonomische Wahl

Letztendlich war es das liebe Geld, das bei Netterscheid zur Entscheidung für den Gespannsport den Ausschlag gab. Zwar war eine Moto-Cross-Gespann teurer als eine Solomaschine, aber die Kosten dieses Sportes wurden schließlich durch zwei geteilt, eben durch den Fahrer und den Beifahrer.

Für die Saison 1976 konnte endlich für 4.000 DM in Mönchengladbach ein gebrauchtes Gespann von Konrad Knübben gekauft werden. Dieser Verkäufer konnte zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnen, dass sein Käufer Walter Netterscheid schon bald mit ihm hart um die Meisterschaft im DAMCV ringen würde und auch später sein Sohn Jürgen bei den Wettbewerben der OMK. Das erworbene Gespann war gerade einmal ein Jahr alt und hatte den Motor einer 850er Norton-Commando. Das war ein typischer englicher Langhuber, der schon bei relativ niedrigen Drehzahlen viel Drehmoment entwickelte. Dieser Motor war damals ideal, um damit im Gelände aus den Kurven heraus effektiv beschleunigen zu können, ohne wegen eines schlecht kontrollierbaren durchdrehenden Hinterrades zu viel Traktion und damit Vortrieb zu verlieren. Friedbert Hahnenberg sollte sein erster Beifahrer sei. Der hatte sich auch am Kauf des Gespanns beteiligt. Erste Trainingsfahrten in der Kiesgrube bei Miel offenbarten beiden schon sehr schnell, dass sie für das von Netterscheid vorgelegte Tempo nicht zusammen passten. Friedbert Hahneberg meinte danach schon von sich aus, dass ein Weitermachen für ihn keinen Zweck habe. Glücklicherweise hatte Hahneberg aber schon mit Hubert Overkamp aus Buschhoven – so klein war damals noch die Welt - gesprochen und diesen als potenziellen Beifahrer-Kandidaten gewonnen und empfohlen.

Die anschließenden Trainingsfahrten mit Hubert Overkamp erwiesen sich für beide als überaus positiv. Schließlich hatte Overkamp – Heinz Montenarh war in Buschhoven sein unmittelbarer Nachbar - ja schon Erfahrungen als Beifahrer bei Netterscheid fünf Jahre zuvor im Gespann von Heinz Montenarh sammeln können. Netterscheid/Overkamp entwickelten sich in der Folgezeit zu einem immer schwerer zu schlagenden Team und zu einer noch heute bestehenden engen Freundschaft.


Pause nach einer Probefahrt. Auf dem Motorrad sitzend Hubert Overkamp. Die Dame im Bild ist Walter Netterscheids Frau Angelika. Der junge Herr mit der Bierflasche wohnte in der Nachbarschaft und besuchte mit weiteren Freunden aus Buschhoven regelmäßig mit Begeisterung die Rennen, an denen die Buschhovener Netterscheif/Overkamp teilnahmen


Fahrerlagerszene in Roggendorf im April 1977

zurück

vorwärts


zurück zum Navigator