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Tollkühner
Sprung mit einem noch sehr seriennahen und deshalb sehr schweren
Zündapp KS 601-Gespann
(Grüner Elefant) etwa 1961
Allgemeines zur Geschichte des Motocross-Sports Beim Motocross geht es darum, mit Motorrädern nach einem Massenstart möglichst als Erster das Ziel zu erreichen. Der Weg dorthin führt über einen aus unbefestigten Wegen im Gelände bestehenden Rundkurs von Längen zwischen 1,0 km und 4,0 km Länge, der über eine bestimmte Zeitdauer umrundet werden muss. Mensch und Maschine müssen dabei hart im Nehmen sein. Sprünge, waschbrettartige Bodenwellen, tiefe Spurrillen, steile Auf- und Abfahrten, Sand, Geröll und Schlamm müssen im Renntempo und im Grenzbereich bewältigt werden. Spannung beim Kampf um die beste Position am Ende des Rennens ist somit vorprogrammiert. Motocross hat im Grunde mehrere Väter. Wenn man in der Sportgeschichte sehr weit zurückgeht, findet man das erste bekannte Geländerennen für Motorräder in England – wo sollte es auch anders gewesen sein. Das war im Jahre 1908. Von seiner Art her war das damals eine sogenannte „Fuchsjagd“, bei der noch Motorradfahrer gegen Reiter auf Pferden starteten. Letztere waren schließlich die Sieger dieser Rennveranstaltung. Aber die Zweiradtechnik stand da noch in den Kinderschuhen und hatte noch sehr viel Entwicklungspotenzial. Aus den Fuchsjagden entwickelten sich Geländefahrten. Weil Motorradsportler sich dafür schon früh begeisterten, schuf die Weltorganisation der Motorsportler (FICM) die „Internationale Sechstagefahrt“ oder wie sie heute heißt: „International Sixdays Trial“ (ISDT), die erstmals 1919 in England stattfand. Hierbei kam es ebenfalls auf Geschwindigkeit bzw. auf bestimmte Zeiten an, die für bestimmte Streckenabschnitte eingehalten werden mussten. Zudem gab es Sonderprüfungen, bei denen ausschließlich die schnellste Zeit zählte. Weil die Fahrer dennoch vornehmlich gegen die Uhr fahren, es also keine Rad-an-Rad-Kämpfe auf einem überschaubaren kurzen Rundkurs gibt, ist der Wettbewerbsverlauf für die Zuschauer an der Strecke nur schwer zu verfolgen. Erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang noch Alfred Angas Scott. Dieser schuf nicht nur die wunderbaren und sagenhaft schnellen wassergekühlten Zweizylinder Zweitaktmotorräder. Ihm war von Anfang an klar, dass sportlicher Erfolge auch für den wirtschaftlichen Erfolg wichtig waren. 1913 fuhr der Sieger der Klasse bis 500 ccm der berühmt berüchtigten Tourist Trophy (TT) auf der Isle of Man bereits eine Scott. Im Jahr darauf schon initiierte Scott das erste Geländerennen, bei dem der erste als Sieger zählte. Entscheidend war bei diesem Wettbewerb nicht der Fahrstil sondern alleine das Tempo. Scott wollte mit diesem Wettbewerb einmal mehr die Zuverlässigkeit seiner Motorräder unter Beweis stellen. Die Wegstrecke führte über 70 Meilen durch Moor und felsiges Gebirge. Von den 14 Startern des ersten Rennens erreichten 9 das Ziel. Dieses Geländerennen bekam den Namen Scott Trial und wird auch heute noch auf den britischen Inseln veranstaltet. Es darf jedoch nicht mit den Trial-Wettbewerben verwechselt werden, bei denen es vornehmlich auf den fehlerfreien Fahrstil ankommt. Motocross war in England, Belgien, Niederlanden, Schweden und Frankreich bereits kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ein Thema. Es war spektakulär und zog viele Zuschauer an. Dort fanden sich schon 1946 Fahrer und Clubs zu ersten Rennveranstaltungen zusammen. Sie gipfelten bereits1947 im „Motocross der Nationen“ das in dem Jahr erstmals mit großem Zuschauerinteresse stattfand und sich jährlich in der Regel in einem anderen Land wiederholen sollte. Die Deutschen hatten derweil noch viel mit dem Wegräumen der Kriegstrümmer, dem Wiederaufbau und der Selbstfindung nach dem Untergang zu tun. Britischem Offizier als Geburtshelfer Das Motorrad war vom Militär sehr früh als nützliches Fahrzeug erkannt worden. Schon im Ersten Weltkrieg kamen sowohl Solomaschinen als auch Gespanne bevorzugt für Kurierfahrten zum Einsatz. Weil das schnelle und sichere Fahren im Gelände nicht zuletzt für das Überleben der Fahrer dieser Militär-Kräder wichtig war, gab es im Rahmen der militärischen Ausbildung spezielle Trainingsprogramme. Bei einer Lektüre der Zeitschrift DAS MOTORRAD in den 1970er Jahren fällt auf, dass der 1998 verstorbene Motorrad-Journalist Ernst Leverkus (Klacks) in vielen seiner sehr lesenswerten Artikel zwischen den Zeilen immer wieder neu die Leser wissen ließ, dass er sich als Kradmelder in der Wehrmacht des Zweiten Weltkrieges erfahren hatte und dieses eine sehr gute Schule fürs Motorradfahren gewesen sei. Das Geländetraining der Britischen Rheinarmee erfolgte in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem östlich von Düsseldorf gelegen Militärübungsgelände „Aaper Wald“. Der für das Geländetraining verantwortliche britische Offizier, Captain John Betty, war ein begeisterter Anhänger der neuen Motorsportart Motocross. Gerne nahm er selbst als Fahrer an Motocross-Veranstaltungen teil. Insofern sollte es nicht verwundern, dass seine Soldaten „Geländefahrten unter sportlichen Gesichtspunkten trainierten“, wobei diese wie die Crossfahrer um einen Rundkurs mit Ihren Ariel-, BSA-, Royal-Enfield-, Matchles, Norton und Triumph-Motorrädern bolzten. Das war spektakulär und zog mehr und mehr Zaungäste an. Aus diesen Zaungästen bildete sich bald eine Schar junger Burschen, die teils auf Vaters geretteten Vorkriegs-98er antraten, um selbst gegeneinander im Wettstreit über einen Gelände-Rundkurs zu fegen. Captain John Betty wurde auf diese jungen Burschen aufmerksam. Er hatte ein Herz für sie und sah wohl auch die Möglichkeit, wie diese ihre Freizeit sinnvoll mit bezahlbarem Motorsport gestalten konnten. So ließ er die jungen deutschen Burschen unter seiner Anleitung bei den Trainingsfahrten seiner britischen Soldaten mitmachen. Erste deutsche Versuche im Rahmen der Möglichkeiten Natürlich
waren die Motorräder der Deutschen ganz normale
Serienmotorräder, die im Übrigen zum Brot- und
Butter-Holen eingesetzt wurden. Veränderungen wurden nur so
weit vorgenommen, als sie kurzfristig wieder für die
Herstellung der Alltagstauglichkeit rückgängig gemacht
werden konnten. Aber die jungen Burschen, die daran teilnahmen
wurden entflammt. Wer dazu in der Lage war, optimierte mehr und
mehr die Technik seines Motorrades: Ein breiterer Lenker musste
dran, die Räder erhielten Reifen mit grobstolligerem Profil,
Kotflügel wurden beschnitten und abmontiert wurde alles was
nicht gebraucht wurde. Den Unebenheiten der Piste und den
Sprüngen beugte man mit stärkeren Federn vor oder
zumindest mit der Erhöhung der Vorspannung der serienmäßigen
Federn durch Unterlegen von Scheiben. Beim Motortuning war man
zurückhaltender: Mehr Kompression, ein etwas größerer
Vergaser, weniger Schalldämpfung und ganz wichtig, der
Austausch des serienmäßigen Gasdrehgriffs durch einen
sogenannten Kurzweg-Gasdrehgriff. Zwischen Leerlauf und Vollgas
lag damit allenfalls eine dreiviertel Griffdrehung, wohingegen
bis in die 1950er Jahre hinein an den meisten Motorrädern
serienmäßig der doppelte Drehweg erforderlich war.
Wegen der obligatorischen Wasserdurchfahrten bemühte man
sich noch, die elektrischen Bauteile und den Ansaugtrakt vor
eindringendem Wasser zu schützen, was oft genug mit dem
Einsatz von Vaseline und Leukoplast geschah. Zahlreiche Motocross-Clubs ab Mitte der 1950er Jahre Die Trainingsfahrten der der Burschen erwuchs immer zu wilden Rennen und freuten sich großer Beliebtheit unter den jungen Burschen bzw. den Fahrern und es zeigte sich zugleich ein großes Zuschauerinteresse. Zwangsläufig erwuchs daraus auf der Fahrerseite der Wunsch, selbst einen Club zu gründen und mit diesem Motocross-Rennen zu veranstalten. Das wilde Treiben konnte auf diesem Wege geordnetere und legale Formen annehmen und dem Zuschauerinteresse mit offiziellen Rennveranstaltungen entsprochen werden, zu deren Besuch freilich Eintritt erhoben wurde. Die Oberste Motorsport Kommission (OMK) als Trägerin der Motorsporthoheit der Motorradfahrer hatte die Zeichen der Zeit und der neuen Motorsportart erkannt und sich damit befasst. Die Genehmigung für das allererste Motocross eines Deutschen Clubs wurde für den 22. April 1951 in besagtem Aaper Wald erteilt. Auch die übrigen örtlichen Behörden erteilten daraufhin ihre Zustimmung und das Rennen fand statt. Irgendwie hatte die neue Motorsportart offenbar allenthalben in Deutschland den Nerv der Zeit getroffen. Motorsportler haben ja nie genug Geld und Motocross war noch mit einem verhältnismäßig bescheidenen Budget zu bestreiten, Motocross-Rennstrecken ließen sich relativ schnell finden und einrichten, etwa in einem nahegelegenen Tal, auf einer Wiese oder in einem Kiesgrubengelände. Straßenbaumaßnahmen waren dafür nicht erforderlich und die Herrichtung der Piste ließ sich im Extremfall auch noch mit Muskelkraft bzw. Hacke und Schaufel bewerkstelligen. Zudem fanden die Rennen ein bemerkenswert großes Zuschauerinteresse. Zu keiner Zeit in der Geschichte dieser Sportart waren die Zuschauerzahlen je Rennveranstaltung höher und die Clubs konnten mit den Eintrittsgeldern nicht nur ihre Kosten bestreiten, oft blieb auch noch Geld übrig, das anschließend in die Optimierung der Rennbahn gesteckt werden konnte. Bis 1955 waren, initiiert durch die neue Motorsportart Motocross, Clubs in außerordentlich großer Anzahl entstanden: Um nur einige zu nennen, so etwa in: Dom Esch, Euenheim, Wermelskirchen, Erkelenz, Wipperfürth, Radevormwald, Brühl, Bilstein, Wassenberg, Eschweiler, Arnoldsweiler usw.
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Motocross mit Gespannen erst später Das Interesse an Motocross mit Gespannen entwickelte sich mit etwa zehnjähriger Verspätung zu Beginn der 1960er Jahre. Im Bereich Bodensee-Schweiz, England, dem Niederrhein und den Niederlanden gab es mehr und mehr Motocross-Fahrer, die ihren Sport mir dem Gespann ausüben wollten. Das waren einerseits solche, die bisher Motocross solo fuhren und sich als Gespannfahrer weniger Anstrengungen versprachen und andererseits aber auch junge Fahrer, die vollends auf den sportlichen Erfolg im Gespannsport programmiert waren. Zu letzteren war auch Konrad Knübben zu zählen. Für beide Fahrer-Kategorien war es wichtig, einen körperlich fitten Beifahrer zu finden, denn im Boot war wegen der heftigen Turnübungen die meiste Muskelkraft und Fitness erforderlich. Vorreiter beim Gespann-Cross war der DAMCV DAMCV
steht für Deutscher Amateur Moto-Cross Verband. Im Gegensatz
zur damaligen bundesweit agierenden OMK,
der die DMV- und ADAC-Clubs angehörten, handelt es sich beim
DAMCV um eine in Deutschland regionale Einrichtung, zu der sich
aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zahlreiche
Moto-Cross-Clubs zusammengeschlossen haben. Heute ist das Verhältnis zwischen den Verbänden DAMCV und dem DMSB (Deutscher Motorsport Bund) als Nachfolger der OMK deutlich entspannter. Inzwischen ist es sogar möglich, dass Clubs beiden Verbänden angehören und ein Fahrer muss auch dann nicht mehr seine DMSB-Lizenz abgeben, wenn er an einer Veranstaltung des DAMCV teilnimmt. In den 1960er und 1970er Jahren der OMK-Lizenz war das nicht so. Für den Motocross-Sport ist dies gewiss eine gute Entwicklung. Darüber hinaus gehört der DAMCV zur europäischen Vereinigung IMBA, (International Motor Bike Association) zu der europaweit ansässige Moto-Cross-Clubs zählen, vornehmlich aus den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Groß-Britannien, Dänemark, Tschechien und der Schweiz. Die IMBA organisiert über die angeschlossenen Clubs eigens für den Moto-Cross-Sport eine Europameisterschaft, und zwar auf einem qualitativ sehr hohen Niveau. Teilnehmer dieser Europameisterschaft, die anschließend zu den Rennserien der OMK wechselten, erreichten auch dort auf Anhieb in der Regel sehr gute Ergebnisse. Schon seit Mitte der 1960er Jahre hatten die DAMCV-Clubs insbesondere bei IMBA-Läufen regelmäßig Gespannklassen in Ihrem Programm, die sich bei den Zuschauern zunehmender Beliebtheit erfreuten. So wurden in Holland, Belgien, Schweden, England und der Schweiz Motocross-Rennen mit Seitenwagen schon mit bemerkenswerter Regelmäßigkeit gefahren als die OMK-Oberen davon noch nichts wissen wollten. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass das fahrerische Niveau der Gespannfahrer bei den IMBA-Rennen sehr hoch war. OMK bzw
ADAC- und DMV-Clubs erst Als auf Druck verschiedener ADAC- und DMV-Clubs auf die OMK 1966 ein erstes Testrennen 1966 in Erbach/Ulm zuließ, gab es bei den DAMCV-Clubs bereits jahrelange Erfahrungen mit Gespann-Rennen. Es dauerte danach noch bis 1970 dass die OMK Moto-Cross mit Gespannen erstmals eine Rennserie einrichtete: Das war der OMK-Pokal für Motorräder mit Seitenwagen, die Herbert Simon und Klaus Jörgens aus Waldbröl auf einem Wasp-Hedlund-Gespann für sich entschieden. Aus dem OMK-Pokal wurde später die Deutsche Meisterschaft. Parallel gab es dazu international von 1971 bis 1974 den FIM-Cup, von 1975 bis 1979 eine Europameisteschaft und seit 1980 krönt eine Weltmeisterschaft als höchstrangige Serie Motocross mit Gespannen. Parallel dazu veranstalten die IMBA und deren deutsches Mitglied DAMCV weiterhin ihre Europameisterschaft.
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Swisttal, im Dezember 2015
Text: Hans Peter
Schneider
Fotos: Archiv Knübben, Axel Koenigsbeck und Hans
Peter Schneider