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Helmut „Speedy“ Clasen
Kölner wurde „Gelände-Legende in Nordamerika“

Auswanderung nach Kanada

Mut und Kampfgeist bewies Helmut Clasen nicht nur im Sport. Bei einem Familienbesuch in Kanada 1967 lernte er die Lebens- und Arbeitsverhältnisse in Kanada kennen. Nur bis 1968 überlegte er, dann kam der Entschluss: Auswanderung nach Kanada. Seine ehemalige Verlobte Hannelore hatte sich inzwischen mit ihm getraut und mit ihm eine Familie gegründet, die außer den Eltern noch aus der erstgeborenen Tochter Andrea und dem zweitgeborenen Sohn Michael bestand. Nicht nur, dass Hannelore Helmut seit 1956 zu allen Geländesport-Wettbewerben begleitete, sie stimmte auch der Auswanderung mit der kompletten Familie zu und nahm alle damit einhergehenden Strapazen der neuen Heimat auf sich. Schließlich galt es, sich zu arrangieren mit einer anderen Lebensart und Kultur, weit weg vom Rheinland und einer neuen Landessprache, die so sehr anders war als die vertraute Muttersprache.
Die Familie zog in die Kleinstadt Dundas in die Provinz Ontario, keine hundert Kilometer nördlich zur Staatsgrenze der USA zwischen dem Ontario- und dem Erie-See gelegen. Bis zu den Niagara-Wasserfällen fährt man von dort etwa 80 km südöstlich. In der Mitte des Flusses liegt genau die Staatsgrenze zwischen USA und Kanada. Ca. 250 km südwestlich liegt die Stadt Windsor auf der kanadischen Seite des Flusses und gegenüber die Autobauer-Metropole Detroit auf der amerikanischen Seite. Die neue Heimat der Clasens fand sich somit ganz im Süden von Kanada, und damit noch sehr viel südlicher als die nordwestlichen Bundesstaaten der USA .

Zum Geldverdienen nahm Helmut Clasen in den ersten Monaten zunächst verschiedene Jobs an. Natürlich hatte er aber außer seiner Familie auch seine Liebe zum Motorradsport mit nach Kanada genommen. Der Kontakt zur kanadischen und nordamerikanische Offroad-Szene kam schnell zustande und so trat er schon 1969 als Mitglied dem örtlichen Motorsport-Club, dem S.C.R (Steel City Riders) Hamilton bei. Sein fahrerisches Talent und seine Kompetenz in Sachen GS- und MC-Motorräder kamen in der Neuen Welt an: Schon bald wurde er dort für Motorrad-Reparaturen und -Umbauten gerne von seinen „Kunden“ in Anspruch genommen. Schon 1969 war der Zeitpunkt gekommen, an dem er sein offizielles Geschäft als Motorradhändler eröffnete. Damit war er, wie es auf seiner Facebook-Seite heißt, „self-employed“.

Motorradhändler und erfolgreicher Offroad-Sportler
Er etablierte sich in Kanada zum Motorradhändler speziell für Motocross-, Gelände- und Trial-Motorräder europäischer Hersteller. Bei den potenten Importeuren dieser Marken wurde er bald geschätzt wegen seiner fachlichen Kompetenz in Sachen GS-Technik, seiner sportlichen Erfolge und seine gewinnenden lockeren und dennoch verbindlichen Art im Umgang mit Menschen die gut ankam. Bald war er deshalb der „Erste Händler“ für die spanische Marke Ossa und kurz danach kamen schon die Marken Zündapp, Maico, SWM und Hercules hinzu. Als alle diese Marken in den 1990er Jahren bis auf Ossa schon nicht mehr existierten, weil die Insolvenz sie dahingerafft hatte, da stand Helmut Clasen schon in handfester geschäftlicher Beziehung zu KTM.


Für die Sixdaysteilnahme in der kanadischen Nationalmannschaft mussten sich erst einmal die Sporen verdient werden. Hier bei einem Wettbewerb in Berkshire mit der weißen Ossa 250


Im Einsatz

Old Big“ John Penton aus Amherst im US-Bundesstaat Ohio war ja nicht nur der erste KTM-Importeur für die USA, er war es auch, der 1967 Hans Trunkenpolz, den damaligen KTM-Besitzer, dazu bewegen konnte ein hochwertiges Motocross- und Geländsport-Motorrad für die125 ccm-Klasse zu bauen. Für den US-Markt sollte die Maschine mit dem Fünfgang-Sachs-Motor und Frischölschmierung ausgerüstet werden. Nach der Präsentation eines Mustermotorrades, das den Vorstellungen Pentons sehr gut gefiel, orderte der daraufhin für den US-Markt 1.000 Exemplares dieses Motorrads an und war damit auf Anhieb sehr erfolgreich. Die durch die Amerikaner damit errungenen Sporterfolge sorgten für sehr gutes Folgegeschäft und waren letztendlich auch für KTM richtungsweisend. Mehr zu diesem Thema ist z.B. auf der Homepage von Zweirad-Grisse zu finden.


Hier wird Clasen 1971 als Sieger eines sechsstündigen Motocross-Rennens abgewunken


Dreitägige Geländefahrt im amerikanischen Berkshire 1971

Helmut Clasen und John Penton hatten gemeinsam an den Sixdays 1962 in Garmisch-Partenkirchen teilgenommen, und zwar Penton auf einer selbst hergerichteten Gelände-BMW R 27. Die beiden kannten sich seitdem persönlich, schätzten einander sehr und pflegten gute freundschaftliche Beziehungen. Mit Clasens Einwanderung in Kanada und der Fortsetzung seiner Geländesportaktivitäten auf dem amerikanischen Kontinent, also auch in den USA, intensivierte sich diese Freundschaft. So verwundert es nicht, dass Clasen mehr als zwei Jahrzehnte „Erster Händler“ für KTM war und in den 1990er Jahren für vier Jahre der kanadische Importeur.

Helmut Clasens eigene motorsportlichen Aktivitäten und seine überaus erfolgreiche Teilnahme an nationalen und internationalen Motocross- und Geländewettbewerben war die beste Reklame für sein wachsendes Unternehmen.


ISDT Reunion Ride 2009 in McArthur/Ohio. „Big John“ Penton und „Speedy“ Clasen begegnen sich als sehr alte Freunde

Großartige sportliche Bilanz

1971 schaffte er es für seine neue Heimat Kanada als erster, die Goldmedaille bei der Internationalen Sechstagefahrt zu erringen, und zwar auf der britischen Insel Man. Für diese Leistung wurde er vom Premierminister seiner neuen Heimat, William Grenville „Bill“ Davis, zur großen Gala der besten Sportler des Landes eingeladen. Das war schon eine besondere Ehre – nicht nur für einen Neu-Kanadier.


Bei der Ehrung im Zusammenhang mit der Aufnahme in die Canadian Motorcycle Hall of Fame durfte die Familie nicht fehlen. Helmut Clasen mit seiner Frau Hannelore, Tochter Andrea und Sohn Michael

Es folgten noch viele Sixdays-Teilnahmen und Siegermedaillen. Zwischen 1983 und 1996 gewann er nicht weniger als 13 über sechs Stunden dauernde Motocross-Rennen. Darüber hinaus errang er insgesamt 14 Titel als Kanadischer Meister im Motorrad-Geländesport. Letztmalig im Jahr 2000 im Alter von 65 Jahren.

Einmal nachgerechnet kommt man zu dem Ergebnis, dass Helmut Clasen in 50 Jahren ca. 1.500 Wettbewerbe mit dem Motorrad bestritten hatte. Das sollte erst mal jemand nachmachen.
So viel sportlicher Einsatz und Erfolg bescherte ihm 2007 die Aufnahme in die „Canadian Motorcycle Hall of Fame“.

Leo Keller, einer seiner Mitstreiter und Freunde seit Jahrzehnten und ausgesprochener Kenner der Geländesport-Szene schreibt in MO GS, Heft 2 (siehe unten), dass Helmut Clasen „in Nordamerika zur Gelände-Legende“ wurde.

In seinem Club S.C.R Hamilton und in etlichen anderen Clubs in Kanada und den USA ist er heute Ehrenmitglied. Im MSC Porz, in dem er schon seit der Gründung Mitglied ist, hat er es allerdings bis heute noch nicht bis zu einer solchen Ehrenmitgliedschaft geschafft. Kanada und USA liegen eben nicht im Rheinland.

In der Szene ist Helmut Clasen mit seiner interkontinentalen und überragenden Motorradsport-Geschichte eine besondere Persönlichkeit. Derweil belebt er diverse einschlägige Internet-Foren immer wieder mit fachlicher Kompetenz, Witz und kurzweilig erzählten Anekdoten, und zwar in deutscher und in englischer Sprache. Ein Besuch in diesem Foren lohnt sich allemal.

Sixdays 1971 auf der Isle of Man


1971 Sixdays auf der britischen Insel Man. Helmut Clasen startet für Kanada und holt die historische erste Goldmedaille für seine neue Heimat. Zu der Zeit war er der Händler für Ossa. Die auf dem Bild zu sehende Ossa hatte Clasen selbst aus einer Osso Stiletto und einer Ossa Pioneer als „erste weiße Ossa ISDT-Replica zusammengebaut. Mit diesem Modell erregte Clasen nach dem Schlussrennen beim Ossa-Management so sehr Aufsehen, dass es 1973 als Ossa 250 SDR in Produktion ging. Clasens sportlicher Erfolg war natürlich auch gut fürs Geschäft


Beim Sixdays-Wettbewerb 1971 traf er viele
alte Freunde. Clasen ganz rechts, neben ihm
Erwin Haselbauer


Sixdays 1971, Speedy erneut auf Goldkurs


Bericht in der einschlägigen kanadischen Fachpresse über Clasens Erfolg 1971

Zum Bericht von den Sixdays 1971 auf der Isle of Man

Sixdays 1976 in Österreich


1976 bei den Six-Says im österreichischen Zeltweg errang Clasen als Mitglied der kanadischen Trophy-Mannschaft eine Silbermedaille. Die im Bild zu sehende Hercules GS 175 kaufte er 30 Jahre später in einem erbärmlichen zustand zurück und restaurierte diese

Zum Bericht von den Sixdays 1976 in Österreich

Zu Clasens Fotoalbum über die ISDT in Österreich

Sixdays 1989 in Walldürn (D)

Bei den Sixdays in Walldürn 1989 gab es technische Probleme und es musste auf dramatische Art und Weise repariert werden. Zwart lief die KTM am Ende wieder, die kostbare verlorene Zeit kostete ihn am Ende eine noch höherwertige Medaille. Fahrerisch und konditionsmäßig was Helmut Clasen trotz seiner 54 Jahre top.


Bei den Sixdays 1989 in Walldürn (Deutschland, Odenwald) war Helmut Clasen mit 54 Jahren - nun auf einer KTM - nochmals im Kanadischen Aufgebot um gegen eine viel jüngere und harte Konkurrenz anzutreten. Um so mehr wiegt die gewonnene Bronze-Medaille

Mehr zur Teilnahme in Walldürn

Service-Einsatz bei nachfolgenden Sixdays

Zufriedene Kunden sind weltweit wichtig fürs erfolgreiche Geschäft. Am überzeugendsten wirkt auf die Kunden, wenn man dort dabei ist, was ihnen am wichtigsten ist. Das hat ein Freidhelm Zabel verstanden, wenn man ihn heute regelmäßig bei allen wichtigen Rennen in der Crossgespannszene findet und bei Helmut Clasen war das nicht anders. Und als einer, dem der Geländesport durchs Blut fließt war Helmut Clasen mit Leib und Seele voll dabei, das kam bei seinen Kundengut an. Schließlich blickte Clasen da schon auf die Erfahrung von Jahrzehnten zurück.


Im Service-Einsatz bei den Sixdays 2001 als engagierter KTM-Händler


Es gibt in den USA und Kanada niemanden aus der Szene, der Helmut „Speedy“ Clasen nicht kennt


KTM steht seit den 1980er Jahren bei Helmut Clasen im geschäftlichen Mittelpunkt

Zu Helmut Clasens Fotoalbum
zur
40-Jahrfeier von Penton im Jahre 2008

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Text: Hans Peter Schneider
Fotos: Archiv Helmut Clasen

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