Beginn der Siegesserie |
|
|
|
Erstmals Deutscher Meister in 1985 Walter Netterscheid war schon seit 1984 Kunde bei Friedhelm Zabel, der sich zu der Zeit aber noch ausschließlich mit Wasp-Fahrwerken und dafür passenden Viertaktern befasste. Zwar hatte Zabel Netterscheid den englischen Wasp-Rahmen und Otto Hermeling den Honda-Zweitaktmotor verkauft, aber mit dem Herrichten, Einbauen und Abstimmen für den Gespannbetrieb wollte Zabel ausdrücklich nichts zu tun haben. Das mussten Netterscheid und seine Freunde selbst besorgen. Zabel hatte jedoch 1984 sehr aufmerksam hingeschaut, was Netterscheid/Hoorman mit dem Honda-Motor im Gespann anstellten, denn trotz einiger Ausfälle durch technische Probleme erreichten die beiden immerhin den Vizemeistertitel in der Deutschen Meisterschaft. Offenbar ahnte Zabel schon, welches Erfolgspotenzial für die kommenden Jahre in diesem Konzept aus Netterscheid, Hoormann und Zweitaktgespann steckte. Insbesondere begann Zabel nun seinerseits, sich für den Einsatz von Zweitaktmotoren in den Moto-Cross-Gespannen zu interessieren. Er kannte die Gebrüder Maisch aus der Gründerfamilie der Fa. Maico persönlich gut. Diese Verbindung wollte er nutzen, um seinerseits die Motoren von Maico in seinen Gespannen zu erproben und ggf. in dieser Kombination zu verkaufen. So stellte er 1985 Walter Nettescheid das Renngespann mit den Worten zur Verfügung: „Du bekommst von mir das Fahrwerk und den Maico-Motor. Zusammenbauen musst Du das aber selbst, ich kümmere mich nicht weiter darum!“ Aber er verwies nun zugleich auch auf seine Beziehungen zu den Gebrüdern Maisch und dass diese ebenfalls an einer Motorvariante für den Gespanneinsatz interessiert seien. „Das, was der Zabel mir bot, war für mich ja auch nicht schlecht“, erinnert sich Netterscheid: „Also sind wir 1985 dann Maico im Wasp-Fahrgestell gefahren. Anfangs brauchten wir noch etwas mehr Hubraum. Das erste Ziel waren 530 ccm. Zabel wollte das aber nicht mit den sonst üblichen Graugussbüchsen im Zylinder erreichen. Stattdessen wurde die Kolbenlauffläche nach dem Aufbohren mit Nikasil beschichtet. Dieses gab weniger Probleme im Falle eines Kolbenklemmers. Mit dem Motor waren wir nach der Hubraumerweiterung bei den Gebrüdern Maisch in Pfäffingen und hatten den dort auf deren Prüfstand laufen lassen. Das war die Zeit, als der Kölner Michael Heutz als Werksfahrer auf einer Maico an der Solo-Weltmeisterschaft teilnahm, und der hatte sich bei den Maico-Leuten schon mal wegen mangelnder Leistung beklagt. Insofern war man bei Maico gespannt, was denn unsere Maßnahme leistungsmäßig gebracht hatte. Die Ergebnisse des Prüfstandtestes sorgten dann tatsächlich auch für einiges Staunen. Es war ausschließlich der Hubraum erhöht worden, im Übrigen war gegenüber dem 490er Motor alles unverändert geblieben. Der 490er Motor leistete serienmäßig schon 65 PS. Mit dem 530er Motor wurden dann über 70 PS erreicht. Das war der Anfang. Die Probleme stellten sich im längeren Praxiseinsatz ein: So hielten die Bolzen des Zylinderkopfes nicht, die verwendete Kopfdichtung bereitete anfangs regelmäßig Probleme. Wir schlugen uns mit diesem Motor dann also nur so durch. Sobald aber die Standfestigkeit erreicht war, wurde wieder neu der Hubraum erhöht: Nach den 530 ccm zunächst auf 570 ccm“. Obwohl der Motor noch keineswegs während der kompletten Saison standfest war, gelang es Netterscheid/Hoormann mit ihrer Wasp Maico in der Deutschen Meisterschaft 1985 erstmals und schlussendlich bis ganz an die Spitze zu fahren. Sie wurden Deutsche Meister. Damit war für die beiden ein wichtiges Ziel erreicht worden und die Freude entsprechend groß.
Umjubelte Sieger der Meisterschaft Der Sieg der Deutsche Meisterschaft fand in der Fach- und in der Regionlpresse ein beachtliches Echo: Sowohl im Kölner Stadt-Anzeiger , in der Rundschau, im General-Anzeiger und in den kostenlosen wöchentlichen Werbeblättern. Schon bei der Rückkehr vom letzten Rennen aus Hennweiler nach Buschhoven hatten einige Buschovener ein Begrüßungsbanner über der Hauptdurchgangsstraße des Ortes aufgehängt. Spätesten da wussten alle im Ort, dass einer von Ihnen Deutscher Meister war und manch einer wird sich dann einmal gefragt haben, was das denn überhaupt für eine Sport ist, dieses „Side-Car-Cross“. Die Terminkalender von Netterscheid/Hoormann waren für die nachfolgenden Monate voll, und zwar mit Einladungen zu Empfängen und Ehrungen. Die beiden selbst luden noch im Oktober des siegreichen Jahres Ihre Freunde und Fans aus der Umgebung zu einer Feier in das Heim des Sportvereins Allemannia Hertha Buschhoven ein, wo sich auch der Bürgermeister von Swisttal die Ehre gab. Vom DMV erhielt Walter Netterscheid für sein gutes Abschneider 1985 das „DMV-Sportabzeichen in Groß-Gold“ In der Weltmeisterschaft wurden Netterscheid Hoormann indessen mehr von technische Problemen mit dem unausgereiften Motor heimgesucht, weshalb diese am Jahresende wie schon im Vorjahr mit dem 14. Platz abgeschlossen wurde. |
|
1986 erneut Deutscher Meister und Vorstoß in die Weltspitze Die Entwickungsmaßnahmen am Maico-Motor waren 1985 noch nicht hinreichend abgeschlossen. „1986 war aber dann auch schon der Hermann Walgenbach (HEWA) mit dabei, der etwas vom Zweitakttuning verstand, den Auspuff verbesserte und sich mit den Kanälen und der Motorsteuerung befasste. Damit ging es dann richtig aufwärts. Der Hubraum wurde 1986 zuerst auf 590 ccm und zuletzt auf standfeste 610 ccm erhöht. Damit ging das Gespann ganz anständig“, so Netterscheid. Erneut wurden Netterscheid/Hoormann Deutscher Meister und in der Weltmeisterschaft erreichten sie einen hervorragenden 4. Platz. Damit waren sie in der Weltspitze angekommen. Regelmäßig berichteten damals außer den einschlägigen Motorsport-Zeitschriften auch die regionale Presse über das Abschneiden von Netterscheid/Hoormann bei den einzelnen Weltmeisterschaftsläufen.
Erster WM-Sieg beim Großer Preis von
San Marino
Lokalmatadoren in
Bielstein
|
|
1987 der dritte DM-Titel aber etwas unglückliche WM Was Netterscheid 1984 noch einsam mit dem leichten Zweitaktmotor im Cross-Gespann begonnen hatte, war drei Jahre später auch in der Deutschen Meisterschaft die Regel. Allen war inzwischen klar, dass der Stern der Viertakter in dieser Sportart untergegangen war. Wer in der Spitze der Deutschen Meisterschaft und insbesonder in der Weltmeisterschaft ganz vorne mitfahren wollte, ließ sein Gespann von einem leichten Zweitaktmotor antreiben. Der Versuch von Wasp, neben den erfolgreichen Fahrgestellen auch mit einem Viertaktmotor erfolgreich sein zu können, scheitete jäh. Zwar war der Zylinderkopf hochmodern, doch passte der nicht so recht zu dem veralteten Rest des Motors. Einige böse Zungen behaupteten gar, dass man hier nur einen Formel1-Zylinderkopf auf die alten Nortom Zylinder geschraubt habe, ober hui und unten veraltete Technink mit einer nur zweifach gelagerten Kurbelwelle. Zudem wog ein Gespann mit diesem Motor mal locker 50 kg mehr als der Durchschnitt der Zweitakt-Gespanne. Ein solcher Gewichtsunterschied in einem Renngespann trennte Welten. Vorbei waren auch die eigenen Überlegungen und Bemühungen Netterscheids von 1984, wie der damals knapp 500 ccm messenden Motor auf mehr Leistung für den Gespanneinsatz gebracht werden könnte. Inzwischen gab es schon eine ganze Reihe von Motortunern, die die großen Einzylinder Zweitaktmotoren aus den Moto-Cross-Solomaschinen noch größere Zylinder und Kolben verpassten, die eigens für den Gespannsport weiterentwickelt worden waren. Mit den angepassten Steuerzeiten, Ansaugtrakt und Auspuffform waren hier ausgezeichnete Lösungen zustande gekommen. EML hatte mit seinem eigenen Jumbomotor sogar einen Zweizylinder-Zweitakter für Cross-Gespanne entwickelt, der bis zu 120 PS leistete. Das Leistungsniveau lag 1987 auskömmlich bei annähend 80 PS. Ein Vorsprung durch konzeptionelle Technik gab es bei den Spitzenteams 1987 nicht mehr. Einmal mehr kam es auf andere Faktoren an, insbesondere auf die hohe Fahrkunst und Kondition von Fahrer und Beifahrer.
Zum Beginn des Rennjahres 1987 meinte der vierfache Weltmeister aus der Schweiz Hansi Bächthold noch über ihre Wettbewerber Netterscheid/Hoormann: „Sie zählen durchaus zum Kreis der ernst zu nehmenden Konkurrenten“. Dennoch war der Weltmeisterschaftsverlauf für Netterscheid/Hoormann 1987 nicht der glücklichste. Insbesondere bei den internationalen Rennen einschließlich den Weltmeisterschaftsläufen kamen Sie anfangs nicht richtig in Schwung und als sie endlich im Schweizer Waldkirch ganz vorne mitmischten, streikte einfach die Antriebskette.
|
|
Dramatischer Meisterschaftsabschluss 1987 Im August 1987 führten Netterscheid/Hoormann mit einem deutlichen Punktevorsprung, sodass die beiden beim vorletzten DM-Lauf, am 16. August im bei Stuttgart gelegenen Aichwald schon die Möglichkeit hatten, vorzeitig den dritten Titel als Deutsche Meister zu erringen. In der Vorankündigung zum Rennen in der Cannstatter Zeitung vom 8./9. August 1987 wurde dieses gebührend herausgestellt. Aber es sollte noch ganz anders kommen: Ralf Hoormann hatte drei Tage vorher mit einer Solo-Maschine Moto-Cross trainiert und war dabei gestürzt. Mit Rückerschmerzen erschien er in Aichwald und musste deswegen schon im ersten freien Training am Samstag-Nachmittag aufgeben. In Windeseile fuhr er ins nächste Krankenhaus um sich dort eine schmerzstillende Spritze geben zu lassen. Die Ärzte röntgten ihn jedoch zuvor vorsorglich und stellten dabei den Bruch eines Lendenwirbels fest. Das war dann sehr ernst und selbst auf „eigene Verantwortung“ wollte man ihn verständlicherweise nicht mehr gehen lassen. Netterscheid war natürlich alles andere als glücklich über diese Situation, zumal er bis zum Erscheinen Hoormanns zum Rennen nichts von dessen Rückenproblemen wusste. Der Stress war nun groß. Wo auf die Schnelle einen geeigneten Ersatzbeifahrer herbekommen, war nun Netterscheids Frage. Im Fahrerlager wurde sich mit den Rennfahrerkollegen beraten und ein Kandidatenliste erstellt. Interessant für Netterscheid war vor allen anderen Jürgen Hassold, aus dem von Aichwald etwa 100 km entfernten Mönchsroth. Hassold hatte zuvor bei Ex-Weltmeister Reinhard Böhler im Boot geturnt und verfügte über die erforderliche Lizenz. Beim ersten Anruf erreichte Netterscheid jedoch niemanden bei Hassold. Das war schlecht. Also wurden die anderen gelisteten Kandidaten der Reihe nach angerufen. Diese sagten allerdings durchweg ab. Dann schon zu nächtlicher Stunde einen weiteren Anruf bei Jürgen Hassold. Und tatsächlich, der hob ab. Die Mutter hatte Geburtstag und da war er bis soeben auf der Feier zusammen mit der übrigen Familie, erfuhr Netterscheid. Das Wichtigste war sodann aber die Zusage Hassolds, ihm im Boot auszuhelfen. Netterscheid konnte nach all der Aufregung also beruhigt schlafen gehen. Am frühen Morgen stand Jürgen Hassold in Aichwald im Zelt vor Netterscheids Transportbus im Fahrerlager. Seine hochschwangere Frau Pia war auch gleich mitgekommen. Dort zog er Hoormanns Rennkluft in den Teamfarben an und nahm zusammen mit Netterscheid erstmals das Training auf. Netterscheid merkte sofort, dass Hassold mit ihm und seinem Fahrstil bestens harmonierte. Der eigentliche Rennverlauf ist in der örtlichen Presse sehr gut beschrieben, sowohl in der Cannstatter Zeitung vom 17. August 1987 in den Stuttgarter Nachrichten vom selben Tag und nochmals in der Cannstatter Zeitung vom 18. August 1987
Zwar konnte Netterscheid mit Jürgen Hassold zusammen sich noch nicht der Meistertitel vorzeitig sichern, immerhin gelang es den beiden, mit dem Ergebnis noch den halben Vorsprung bis zum Endlauf in Erbach zu retten. Den dazwischen liegenden WM-Lauf im österreichischen Feldkirch bestritt Netterscheid mit dem urbayerischen Alois Wenniger im Boot und schloss die Weltmeisterschaft mit dem neunten Platz ab. Beim Endlauf in Erbach machten Netterscheid/Hassold indessen einen perfekten Job mit dem dritten Deutschen Meister-Titel in Folge für Netterscheid. |
Meisterehrung
des DMV 1987. |
|