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Die Name Knübben ist über viele Generationen
mit dem Gespann-Motocross verbunden

Jürgen Knübben:
„Ich war WM-Fahrer“

In die Wiege gelegt

Der Apfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stamm. Als Jürgen Knübben 1961 geboren wurde, da fiel er sehr nahe vom Stamm auf die Cross-Piste und wurde quasi im Beiwagen groß. Es konnte ja auch gar nicht anders so sein, wenn mit seinem Vater das Familienleben von März bis November an allen Wochenende an den Crossstrecken Europas sich abspielte. Zwischen den Rennen legte die ganze Familie Hand an, wenn es darum ging, dass Gespann den Vaters für den Einsatz am nächsten Wochenende vorzubereiten. „Auch meine gute Mutter putzte montags am Gespann mit“, erinnert sich Jürgen Knübben. „Wir, die ganze Familie, wir hatten alles für den Motocrosssport gegeben: Geld, Zeit, Tag und Nacht; das war unser Leben. Mein Vater war in unserer Familie der „Werksfahrer“, mein Onkel Heinrich der Sponsor und ich kümmerte mich schon sehr früh ums Motorrad“, so Jürgen Knübben. Wenn dann am nachfolgenden Wochenende für die Fahrt zum nächsten Rennen das Gespann auf dem Hänger stand, dann sah das immer aus wie gepellt. Alle hatte verstanden: Um fit für den Sieg zu sein, musste alles top sein, halbe Sachen reichten nicht.

Jürgen war das älteste von Konrad Knübbens Kindern. Es folgten noch zwei Söhne und zwei Töchter, die alle an der Crosspiste groß wurden. Keiner der Knübbens-Kinder war jedoch so sehr vom Gespann-Motocross angetan wie Jürgen Knübben. Beim Betrachten der alten Fotos fällt schon auf, dass es immer Jürgen ist, der mit dem Gespann oder mit dem Vater auf dem Siegerpodest abgebildet ist. Schon als Jugendlicher, fuhr Jürgen das Gespann seines Vaters zur technischen Abnahme und er wusste, was am Motorrad wie zu machen war, wenn der „Werksfahrer“ nach einem Lauf wieder in Fahrerlager zurückkehrte und noch weitere Rennläufe zu fahren waren.

Und sagte kein Wort

Deshalb war es nur eine Frage der Zeit, dass Jürgen Knübben selbst auf der Rennstrecke am Gas und am Lenker drehte. „Für mich war klar: Ich fahre Motocross. Ich fahre nicht solo, ich fahre direkt Gespann!“, so Knübben. Sein erster Rennstart war 1976 mit 15 ½ Jahren auf dem Gespann bei einem Rennen des DAMCV in Roggendorf. Die Älteren erinnern sich sicher noch an diese Strecke, die mit all ihrem Sand und den Wellen (Waschbrettpiste) auch sehr gut nach Holland gepasst hätte: „Ich kam mit der Strecke überhaupt nicht klar, hatte mehrere Stürze, wurde auch noch überrundet und beendete das Rennen weit abgeschlagen. Die vielen strengen Beobachter aus der Fan-Gemeinde seines Vaters meinten anschließend enttäuscht zu diesem: „Ja Kunnes, das mit deinem Jungen, das gibt nie etwas!“ Jürgen Knübben stand indessen nach dem Roggendorf-Rennen da, „wie am Boden zerstört“.

Nun sollte man meinen, dass der erfolgreiche und rennsporterfahrene Vater seinen Sohn Jürgen mit konstruktiver Kritik und guten Ratschlägen beiseite gesprungen wäre. Der aber schaute nur zu und schaute und schaute und sagte „nie ein Wort dazu“. „Was sollte ich dem auch sagen?“, erinnert sich Konrad Knübben, „der Jürgen hatte von kleinem Baby an, als er noch gar nicht laufen konnte, alles sehr aufmerksam miterlebt. Der war noch kein Jahr alt, da saß der schon bei mir auf dem Tank und fuhr mit mir zusammen zum Start hin. Als er dann selbst mit der Rennerei anfing, da sollte er fahren was er kann und dann war es gut“. Auf das wenig erbauliche erste Rennen in Roggendorf folgte das zweite Rennen in Kerpen-Ahütte. „Und richtig, da stand ich am Ende schon auf dem Siegerpodest“, so Jürgen Knübben lachend. Und weiter: „Ich war ja auch zu 100 Prozent motiviert. Mir brauchte auch niemand etwas zu sagen“.

















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Teilnahme an den DAMCV-Rennserien





Bei der OMK bis zur WM-Teilnahme





Veteranen-Cup zum Ausklang





Spezialist für Yamaha XS 650 und
Norton Commando

Als Jürgen Knübben begann, sich um das Renngespann seines Vaters zu kümmern, dann hatte er mit den prächtigen Norton Commando-Motoren zu tun, die heute al Inbegriff eines britischen Twins gelten. Später verwendete sein Vater den Yamaha XS 650 Motor, mit dem Jürgen selbst in seine eigene motorsportliche Laufbahn startetet. Nach einem Intermezzo mit einem 1.000er Yamaha TR 1 Motor rannte er schließlich mit einem großen Zweitakt-Einzylinder um die WM-Punkte, weil diese Technik sich als die schnellste hersausgestellt hatte und die Konkurrenz damit die die Spitzenplätze in der WM verteidigte.

Aber was ist schon ein simpler schnöder Einzylinder-Zweitakter schon bei aller Raketenschnelle gegen einen Zweizylinder Viertakt-Motor, wenn es darum geht, Technikherzen zu bewegen. In den 1970er Jahren waren die großen Viertakter beim Motocross-Besuch die Abwechslung und damit eine Attraktion gegenüber dem zweitaktenden Einerlei der Soloklassen. Zudem erkannte man die Motoren wieder, die man sich ganz zivil mit einem aktuellen Straßenmotorrad erwerben konnte. Natürlich entsprachen die Norton- und die Yamaha XS-Motoren in den Crossgespannen in vielfacher Hinsicht nicht mehr den Motoren der Zivilversionen, denn die Motoren mussen im Renneinsatz mehr leisten und mehr aushalten. So wurden die Zylinder aufgebohrt, dickere Kolben längere Hübe und Nockenwellen mit schnelleren Steuerzteiten verwenden. Die Zylinderköpfe wurden optimiert und das Getriebe mit anderen Übersetzungennund stärkerem Zahnradmaterial gefahren. Und trotzdem. Wer am nächsten Wochenende ober auf dem Treppchen stehen sollte musste in einer Saison immer wieder den Motor ausbauen, ihn demontieren, die Bestandteile kontrollieren und beschädigte oder veraltete Teile austauschen. Im Team Knüben war der Jürgen dafür immer zuständig. Es ist also kein Wunder, wenn Jürgen Knübben diese Motoren auch heute noch kennt, wie seine Westentasche: Montieren kann er diese selbst mit verbundenen Augen perfekt. Übung macht eben den Meister.

Yamaha XS 650 und mehr noch die Norton Commando sind heute in der Motorrad-Classik-Szene etwas besonderes: Den Charme der großen englischen Zweizylinder verbreiten beide. Wenngleich die XS 650 immer noch als das englischste je in Japan gebaute Motorrad gilt, bei der man gegenüber den britischen Vorbildern nicht mit Ölflecken unter dem Motor rechnen muss und die die auch die modernere und standfestere Technik bietet.

Jürgen Knübben verfügt heute über ein außerordentlich großes Lager von neuen und gebrauchten Teilen für die Commando und die XS 650 und bietet sie zum Verkauf an. Aber nicht nur das: Wer will kann auch ein solches fertig restauriert bei ihm erwerben, entweder originalgetreu oder mit edlen Teilen ganz nach den Wünschen der Kunden tüv-gerecht getunt. Das Unternehmen betreibt Jürgen Knübben zusammen mit seinem Kooperationspartner Gerd Geruschke unter dem Label Cycle Salvage“


Yamaha XS 650 als Restaurationsobjekt. Nach der Fertigstellung ist sie besser als neu und getunt. Der Deckel der Lichtmaschine weist auf Knübbens Tuning und den Hubzapfenversatz von 277 Grad hin

Die meisten Tuningmöglichkeiten bietet zweifellos der XS 650 Motor. Hierzu gibt es – wer es will - Hubraumerweiterungen bis zu 1.000 ccm zudem kann mit verschiedenen Nockenwellen die Leistung und der Motorcharakter dramatisch verändert werden. Der Einbau moderner Zündanlagen erleichtert zudem den Wartungsaufwand für die Motoren.
Als Besonderheit, mit der Knübben aufwartet gilt jedoch der Hubzapfernversatz um 277 Grad beim XS 650-Motor. Wie seine englischen Vorbilder, ist der XS-Motor als Paralleltwin konstruiert. Das heißt, dass beide Kolben glöeichzeitig auf und ab stampfen, jedoch immer nur einer der Motoren abwechselnd mit jeder Motorumdrehung einen Zündfunken erhält. Dieses synchrone Auf und Ab der Massen bewirkt, den Umstand, dass die Vibrationen der XS 650 stets deutlich spürbar sind, wie bei den englischen Vorbildern. Man könnte diese auch als „Charakter“ bezeichnen. Problematisch ist bei derartigen Motoren stets die Motorentlüftung, die mit jedem Auf und Ab große ozillierende Luftmassen bewältigen muss. Dank des Kurbelwellenversatzes auf 277 Grad wird einerseits dieser Luftmasse der hohe Druck genommen, weil sie sich nun mehr verteilt und der Motor nimmt den Laufcharakter eines V2-Motors an, wie wir das heute noch von dem moderneren Yamaha TDM 900-Motor her kennen. Insgesamt verzeichnet der Motor damit einen Zuwachs an Drehmoment und Laufkultur. Keineswegs leidet die Standfestigkeit des Motors darunter. Mehrere Kunden haben bereits viele tausend problemlos Kilometer damit zurückgelegt. Zudem hat sich diese Technik auch bereits im Renneinsatz bewährt: So fuhren 2013 damit Rolf Bremer/Dominik Niemand einen beachtlichen 3 Platz in der Rennserie um den Seitenwagen Veteranen-Cub ein. Im Weiteren beteiligte sich der Solofahrer Jürgen Lange mit dem von Knüben umgebauten 277 Grad-Motor am Straßenrennsport und gewann damit sogar den DHM-Lauf auf der Dahlemer Binz. Auch Jürgen Knübben selbst, der es nicht so ganz bleiben lassen kann, fährt seinem altbewährten Schmiermax hin und wieder mit flotten Runden einen ganzen Tank auf der Crosspiste leer. Sein Gespann wird dabei stets von seinem 277 Grad XS-Motor angetrieben. Technische Probleme oder gar Ausfälle waren noch keine zu beklagen und werden von Jürgen Knübben auch nicht erwartet.

In und um Mönchengladbach hat sich sogar eine kleine aber feine Fan-Gmeinde rund um Knübbens 277 Grad-Motoren entwickelt, die bisher in der Gründung eines Clubs am 10.10.2014 gipfelte.
Mehr dazu unter www.the-twins-mg.de

















Zitate

Mein ersten Gespann hatte einen Yamaha XS 650 Motor.

„Ich habe ja einen ganz anderen Fahrstiel als mein Vater oder auch als der Walter Netterscheid. Das waren sozusagen die Kriecher. Die fuhren ganz unspektakulär aber trotzdem sauschnell. Ich bin dagegen einer, der gerne die Gänge ausfährt und der vom Sound lebt. Ich habe unheimlich gerne so ein Brummen.“

„Mit dem Beifahrer Peter Schneider war das immer eine sehr freundschaftliche Beziehung durch Dick und Dünn: Damals als wir zusammen auf dem Gespann ein Team waren und auch heute noch. Die die Konkrrenten in der Weltmeisterschaft hatten damals sehr oft die Beifahrer gewechselt, weil sie sich damit bessere Ergebnisse versprachen. Bei dem Peter und mir war die freundschaftliche Beziehung wichtiger.

Ich war früher ja schon für meine Hitzköpfigkeit bekannt. Der Walter Netterscheid war dagegen immer die Ruhe selbst.




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Swisttal, im Dezember 2014

Text: Hans Peter Schneider
Fotos: Archiv Wolfgang Kamradt, Karl Schleuter und Hans Peter Schneider

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