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Karl Schleuter -
einige Erzählungen aus seinem Leben als Pressefotograf

Eintausch von Manx-Pfund

Nach den TT Rennen gingen die deutschen Teilnehmer nicht immer alle zur Siegerehrung. Die meisten mussten ja noch ihrem Hauptberuf nachgehen und wollten deshalb nach dem Rennen möglichst schnell nach Hause und der Weg bis Deutschland war relativ weit und etwas umständlich, da zwei Schiffspassagen Douglas - Liverpool und Dover – Ostende zu bewältigen waren.

Das erste Problem, das sich daraus für die Teilnehmer ergab, war die Währung auf der Insel, die sich von der Währung der britischen Hauptinsel unterschied. „Auf der Isle of Man galt als Währung das Isle-of-Man-Pfund oder auch Manx-Pfund genannt. Außerhalb der Insel wurde diese Mini-Währung so gut wie nirgendwo akzeptiert und nur wenige Banken außerhalb der Isle of Man waren bereit, diese Währung überhaupt einzutauschen. Keineswegs durfte sie mit dem guten alten Englischen Pfund verwechselt werden. Mit letzteren konnte man überall bezahlen, mit Manx-Pfund nur auf der Manx-Insel“, so Schleuter.

Deshalb bekam Schleuter von Rolf Steinhausen und anderen deutsche TT-Teilnehmern stets die vom TT-Veranstalter auf Manx-Pfund lautende Schecks für das Start- und ggf. für das im Rennen errungene Preisgeld. Weil für Karl Schleuter die Isle of Man „die zweite Heimat“ war und er dort regelmäßig und oft verweilte, hatte er nie ein Problem damit, selbst den Währungstausch für seine schnellen Freunde vorzunehmen.


Ein-Pfund-Note der Insel Man


Wer dachte schon daran, dass die verhältnismäßig kleine britische Insel Man seit dem 17. Jahrhundert bis heute eine eigene Währung besitzt
Karte: Wikipedia

Mit der Rennsportszene verwachsen

Im Mai/Juni 1966 war der Streik der britischen Seeleute. Auch der Verkehr zur Insel Man war davon betroffen und somit empfindlich gestört. Dem Veranstalter der TT war es deshalb nicht möglich, die „Race-Week“ in der traditionellen Jahreszeit Mai/Juni zu veranstalten. Weder konnten genug Fahrer noch die für die Wirtschaft der Insel so wichtigen Besucher zum Rennen erscheinen. Glücklicherweise war es dem Veranstalter und der FIM dennoch möglich, die TT-Rennveranstaltung mit der besonderen Genehmigung des Gouverneurs der Insel auf Ende August/Anfang September zu verlegen.

Der WM-Status der Veranstaltung konnte damit sogar gewahrt bleiben. Ausnahmsweise erfolgte das Rennen der Gespanne am Sonntag, dem Wochentag in Großbritannien, der traditionell von Großveranstaltungen frei gehalten wird. Wie die meisten Motorradrennfahrer, konnten auch die deutschen Gespannfahrer Klaus Enders und Ralf Engelhardt nicht alleine von der Rennerei leben. Die schon sehr geschätzte Werksunterstützung von BMW gab das nicht her. Deshalb mussten Motorradrennfahrer regelmäßig einem Hauptberuf nachgehen.


Klaus Enders zusammen mit dem legendären Gespannkonstrukteur Dieter Busch bei der technischen Fahrzeugabnahme zur Teilnahme an der TT 1966. Für Enders wurde es beim Rennen der vierte Platz und der Pokal für den Newcommer. Ein Jahr später holten Enders/Engelhardt den Sieg

Auch Enders/Engelhardt hatten es aus diesem Grund verständlicherweise nach dem Rennen stets sehr eilig, den weiten Weg nach Hause anzutreten. Bei ihrer ersten TT-Teilnahme fuhren die beiden auf Anhieb den vierten Platz heraus, was außer dem Pokal für den vierten Platz auch noch einen Sonderpokal für die besten Newcomer einbrachte. Auch weitere deutsche Gespannfahrer – alle auf BMW – erhielten für ihr gutes Abschneiden silberne Pokale und andere Trophäen. Weil die offizielle Siegerehrung jedoch - wie üblich - am nachfolgenden Tag, dem Montag, in der Villa Marina erfolgen sollte und die deutschen Gespannfahrer da schon seit einem Tag auf der Heimreise waren, hatte die ACU als Veranstalter der TT, den damalige BMW-Direktor, Helmut Werner Bönsch, gebeten,die Trophäen der deutschen Gespannfahrer stellvertretend in Empfang zu nehmen und und den Gewinnern mit nach Deutschland zu nehmen. Bönsch suchte aber noch vor der Siegerehrung Karl Schleuter auf und fragte diesen, ob er nicht die Entgegennahme der Trophäen und deren Überführung nach Deutschland für ihn übernehmen könne. Er selbst müsse zuerst nach London und anschließend zum nächsten Geschäftstermin nach Berlin weiterfliegen. Karl Schleuter fühlte sich in dem Moment mehr als nur geschmeichelt, weil ja der „große BMW-Direktor höchstpersönlich“ ihm sein Anliegen vortrug. Schleuter überlegte nicht lange und sagte sofort zu.


TT 1966 Siegerehrung der Gespannklasse: 1.) Scheidegger /Robbinson, 2.) Deubel/hörner, 3.) Auerbacher/Kalauch. Vorne recht H.W. Bönsch. Etwa eine halbe Stunde nach der Siegerehrung wurde Scheidecgger der Sieg aberkannt und Deubel/Hörner durften den Siegerpokal mit nach Hause nehmen. Später wurde auch diese Entscheidung wieder rückgängig gemacht.


Schleuter mit dem Silberschatz nach der
glücklichen Ankunft in seiner Wohnung

Also nahm er zunächst höchst feierlich die Trophäen und Ehrungen stellvertretend für die schon Heimgereisten in Empfang. Da er zudem ohnehin auch noch den Siegerpokal Max Deubels transportierte, war der Kofferraum seines Autos anschließend voll mit silbernen Pokalen.
Unerwartet problematisch wurde die Aktion schließlich an der belgischen Grenze: Das Schengener Abkommen war noch Jahrzehnte entfernt. Den Grenzern und Zöllnern kam diese silberne Kofferraumladung natürlich sehr ungewöhnlich vor, zumal Schleuter keinerlei Papier vorlegen konnte, das für so viel Silber eine sofort verständliche Erklärung geboten hätte. Auf Anhieb war die Situation zunächst ernst. Die Grenzer prüften gar, ob Karl Schleuter die kostbare Metallfracht vielleicht irgendwo „geklaut“ haben könnte. Schleuter musste mehr als eine Stunde, ohne auch nur ein Wort Französisch sprechen zu können, mit den Grenzern verhandeln. An seinem Presseausweis lag es jedoch nicht alleine. Dann hatte man ihn letztendlich verstanden oder man traute ihm zumindest und ließ ihn mit all den Pokalen weiterziehen.


TT 1966, Fritz Scheidegger mit Beifahrer John Robinson


Am Ostermontag 1967 verunglückte der legendäre Fritz Scheidegger bei einem Motorradrennen tödlich. Die Trauergemeinde wenige Tage später war außerordentlich groß. Auch Schleuter war dabei und machte dieses Foto. Bei der Predigt zeigte der Pfarrer wenig Verständnis für den Motorsport. Später entschuldigte er sich für seine unglücklichen Äußerungen

Bei den TT-Rennveranstaltungen war Schleuter, wann immer sich die Gelegenheit ergab, nicht nur auf gute Fotos aus, gerne trug er auch zum guten Gelingen von Motorradrennsport bei. Das begann meistens schon früh am Morgen, wenn er die Rennteams um 05:00 Uhr weckte, damit die etwa ihre Einsäze bei den früh-morgendlichen Trainingssitzungen um 06:00 Uhr nicht verpassten.. Natürlich wusste er, bei wem er dieses Wecken keinesfalls vergessen durfte. Schleuter wurde auf diesem Wege sozusagen für Jahrzehnten zum lebenden Inventar des TT Zirkusses. Auch der Veranstalter der TT, die TT-Riders-Association hatte dieses schon vor etwa dreißig Jahren erkannt und lädt ihn deshalb einmal jährlich im November nach Birmingham zum gemeinsamen Mittagessen „The TT-Riders Lunch“ ein.


TT 1966. Spannende Positionskämpfe in der Gespannklasse: Johann Attenberger und Josef Schillinger


Schotten 2001. Der sechsfache Weltmeister Jim Resman auf einer Vierzylinder 500er Werks-MV Agusta. Weltmeister war er allerdings auf Honda


Schotten 2001. Luigi Taveri, der dreifache Weltmeister auf einer 250er Vierzylinder Honda


Ralf Engelhard 1967


Ralf Engelhardt 1972


Helmut Werner Bönsch 1970, als er Direktor des Unternehmensbereiches Motorrad bei BMW war


TT 1966. Siegfried Schauzu und Horst Schneider auf dem Weg zur technischen Abnahme ihres Gespanns.
Schauzu ist mit insgesamt neun TT Siegen Deutschlands erfolgreichster Gespannfahrer auf der Isle of Man


TT 1966. Hans Georg Anscheid mit der Zweizylinder 50er Suzuki auf Siegeskurs


Gyla Marsowszky 1966 mit der superleichten Einzylinder Zweitakt- Bultaco 250, wie sie von vielen schnellen Fahrern jener Tage eingesetzt wurde


1967 GP Deutschland, Georg Auerbacher und Eduard Dein


Production-Racer aus Japan im Jahre 1967: Yamaha TD 1B. Im Hintergrund eine Honda CB 72 für den Renneinsatz hergerichtet. Bald sollten sich die Zweitakter durchsetzen


Schotten 2001. Bei der "historischen Rennveranstaltung" konnte Schleuter viele Fahrer, die er 30 und 40 Jahre zuvor in Schwarz-Wei? fotografiert nunmehr auf ihren legendären Maschinen in Farbe fotografieren. Im Bild Ernst Hiller auf einer 500er Vierzylinder GP Werks-Gilera. Hiller wurde insgesamt sechs mal Deutscher Meister


Schotten 2001. Umberti Masette wurde zweimal Weltmeister. Hier ist er ebenfalls auf einer 500er Vierzylinder GP Werks-Gilera unterwegs


1998 hatte Schleuter nochmals eine Begegnung mit dem
legendären Georg Meier

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Alle Fotos: Karl Schleuter ©

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