Mit der
Rennsportszene verwachsen
Im Mai/Juni 1966 war der Streik der britischen
Seeleute. Auch der Verkehr zur Insel Man war davon betroffen und
somit empfindlich gestört. Dem Veranstalter der TT war es
deshalb nicht möglich, die „Race-Week“ in der
traditionellen Jahreszeit Mai/Juni zu veranstalten. Weder konnten
genug Fahrer noch die für die Wirtschaft der Insel so
wichtigen Besucher zum Rennen erscheinen. Glücklicherweise
war es dem Veranstalter und der FIM dennoch möglich, die
TT-Rennveranstaltung mit der besonderen Genehmigung des
Gouverneurs der Insel auf Ende August/Anfang September zu
verlegen.
Der WM-Status der Veranstaltung konnte damit
sogar gewahrt bleiben. Ausnahmsweise erfolgte das Rennen der
Gespanne am Sonntag, dem Wochentag in Großbritannien, der
traditionell von Großveranstaltungen frei gehalten wird.
Wie die meisten Motorradrennfahrer, konnten auch die deutschen
Gespannfahrer Klaus Enders und Ralf Engelhardt nicht alleine von
der Rennerei leben. Die schon sehr geschätzte
Werksunterstützung von BMW gab das nicht her. Deshalb
mussten Motorradrennfahrer regelmäßig einem Hauptberuf
nachgehen.
Klaus
Enders zusammen mit dem legendären Gespannkonstrukteur
Dieter Busch bei der technischen Fahrzeugabnahme zur Teilnahme an
der TT 1966. Für Enders wurde es beim Rennen der vierte
Platz und der Pokal für den Newcommer. Ein Jahr später
holten Enders/Engelhardt den Sieg
Auch Enders/Engelhardt hatten es aus diesem
Grund verständlicherweise nach dem Rennen stets sehr eilig,
den weiten Weg nach Hause anzutreten. Bei ihrer ersten
TT-Teilnahme fuhren die beiden auf Anhieb den vierten Platz
heraus, was außer dem Pokal für den vierten Platz auch
noch einen Sonderpokal für die besten Newcomer einbrachte.
Auch weitere deutsche Gespannfahrer – alle auf BMW –
erhielten für ihr gutes Abschneiden silberne Pokale und
andere Trophäen. Weil die offizielle Siegerehrung jedoch -
wie üblich - am nachfolgenden Tag, dem Montag, in der Villa
Marina erfolgen sollte und die deutschen Gespannfahrer da schon
seit einem Tag auf der Heimreise waren, hatte die ACU als
Veranstalter der TT, den damalige BMW-Direktor, Helmut Werner
Bönsch, gebeten,die Trophäen der deutschen
Gespannfahrer stellvertretend in Empfang zu nehmen und und den
Gewinnern mit nach Deutschland zu nehmen. Bönsch suchte aber
noch vor der Siegerehrung Karl Schleuter auf und fragte diesen,
ob er nicht die Entgegennahme der Trophäen und deren
Überführung nach Deutschland für ihn übernehmen
könne. Er selbst müsse zuerst nach London und
anschließend zum nächsten Geschäftstermin nach
Berlin weiterfliegen. Karl Schleuter fühlte sich in dem
Moment mehr als nur geschmeichelt, weil ja der „große
BMW-Direktor höchstpersönlich“ ihm sein Anliegen
vortrug. Schleuter überlegte nicht lange und sagte sofort
zu.
TT
1966 Siegerehrung der Gespannklasse: 1.) Scheidegger /Robbinson,
2.) Deubel/hörner, 3.) Auerbacher/Kalauch. Vorne recht H.W.
Bönsch. Etwa eine halbe Stunde nach der Siegerehrung wurde
Scheidecgger der Sieg aberkannt und Deubel/Hörner durften
den Siegerpokal mit nach Hause nehmen. Später wurde auch
diese Entscheidung wieder rückgängig gemacht.
Schleuter
mit dem Silberschatz nach der glücklichen Ankunft in
seiner Wohnung
Also nahm er zunächst höchst
feierlich die Trophäen und Ehrungen stellvertretend für
die schon Heimgereisten in Empfang. Da er zudem ohnehin auch noch
den Siegerpokal Max Deubels transportierte, war der Kofferraum
seines Autos anschließend voll mit silbernen Pokalen.
Unerwartet problematisch wurde die Aktion schließlich
an der belgischen Grenze: Das Schengener Abkommen war noch
Jahrzehnte entfernt. Den Grenzern und Zöllnern kam diese
silberne Kofferraumladung natürlich sehr ungewöhnlich
vor, zumal Schleuter keinerlei Papier vorlegen konnte, das für
so viel Silber eine sofort verständliche Erklärung
geboten hätte. Auf Anhieb war die Situation zunächst
ernst. Die Grenzer prüften gar, ob Karl Schleuter die
kostbare Metallfracht vielleicht irgendwo „geklaut“
haben könnte. Schleuter musste mehr als eine Stunde, ohne
auch nur ein Wort Französisch sprechen zu können, mit
den Grenzern verhandeln. An seinem Presseausweis lag es jedoch
nicht alleine. Dann hatte man ihn letztendlich verstanden oder
man traute ihm zumindest und ließ ihn mit all den Pokalen
weiterziehen.
TT
1966, Fritz Scheidegger mit Beifahrer John Robinson
Am
Ostermontag 1967 verunglückte der legendäre Fritz
Scheidegger bei einem Motorradrennen tödlich. Die
Trauergemeinde wenige Tage später war außerordentlich
groß. Auch Schleuter war dabei und machte dieses Foto. Bei
der Predigt zeigte der Pfarrer wenig Verständnis für
den Motorsport. Später entschuldigte er sich für seine
unglücklichen Äußerungen
Bei den TT-Rennveranstaltungen war Schleuter,
wann immer sich die Gelegenheit ergab, nicht nur auf gute Fotos
aus, gerne trug er auch zum guten Gelingen von Motorradrennsport
bei. Das begann meistens schon früh am Morgen, wenn er die
Rennteams um 05:00 Uhr weckte, damit die etwa ihre Einsäze
bei den früh-morgendlichen Trainingssitzungen um 06:00 Uhr
nicht verpassten.. Natürlich wusste er, bei wem er dieses
Wecken keinesfalls vergessen durfte. Schleuter wurde auf diesem
Wege sozusagen für Jahrzehnten zum lebenden Inventar des TT
Zirkusses. Auch der Veranstalter der TT, die
TT-Riders-Association hatte dieses schon vor etwa dreißig
Jahren erkannt und lädt ihn deshalb einmal jährlich im
November nach Birmingham zum gemeinsamen Mittagessen „The
TT-Riders Lunch“ ein.
TT
1966. Spannende Positionskämpfe in der Gespannklasse: Johann
Attenberger und Josef Schillinger
Schotten
2001. Der sechsfache Weltmeister Jim Resman auf einer
Vierzylinder 500er Werks-MV Agusta. Weltmeister war er allerdings
auf Honda
Schotten
2001. Luigi Taveri, der dreifache Weltmeister auf einer 250er
Vierzylinder Honda
|
Ralf
Engelhard 1967
Ralf
Engelhardt 1972
Helmut
Werner Bönsch 1970, als er Direktor des
Unternehmensbereiches Motorrad bei BMW war
TT
1966. Siegfried Schauzu und Horst Schneider auf dem Weg zur
technischen Abnahme ihres Gespanns. Schauzu ist mit insgesamt
neun TT Siegen Deutschlands erfolgreichster Gespannfahrer auf der
Isle of Man
TT
1966. Hans Georg Anscheid mit der Zweizylinder 50er Suzuki auf
Siegeskurs
Gyla
Marsowszky 1966 mit der superleichten Einzylinder Zweitakt-
Bultaco 250, wie sie von vielen schnellen Fahrern jener Tage
eingesetzt wurde
1967
GP Deutschland, Georg Auerbacher und Eduard Dein
Production-Racer
aus Japan im Jahre 1967: Yamaha TD 1B. Im Hintergrund eine Honda
CB 72 für den Renneinsatz hergerichtet. Bald sollten sich
die Zweitakter durchsetzen
Schotten
2001. Bei der "historischen Rennveranstaltung" konnte
Schleuter viele Fahrer, die er 30 und 40 Jahre zuvor in
Schwarz-Wei? fotografiert nunmehr auf ihren legendären
Maschinen in Farbe fotografieren. Im Bild Ernst Hiller auf einer
500er Vierzylinder GP Werks-Gilera. Hiller wurde insgesamt sechs
mal Deutscher Meister
Schotten
2001. Umberti Masette wurde zweimal Weltmeister. Hier ist er
ebenfalls auf einer 500er Vierzylinder GP Werks-Gilera unterwegs
1998
hatte Schleuter nochmals eine Begegnung mit dem legendären
Georg Meier
|