Zurück zur Geschichten-Übersicht
Jochen
Kleins Wasp RT 17G-Gespann ist inwischen über 30 Jahre alt und
hat mehr als 200.000 km gelaufen
|
Wasp-Erfolgsgeschichte begann Der Name
Wasp
lässt sich zwar in der Motorradszene verorten, aber auch
dort ist er nur einem Kreis von Motocross-Seitenwagen-Freunden
bekannt. Einige Szenegänger erinnern sich an
Solo-Motocross-Maschinen mit Wasp-Fahrwerk und dem Motor der
Yamaha XT 500, die vereinzelt auftraten, kurz nachdem Yamaha
selbst ihren aus der XT 500 abgeleiteten Wettbewerbstyp HL mit
dem schwedischen Ex-Weltmeister Bengt Aberg zu den WM-Rennen 1978
und 1979 schickte. Hinter dem Namen Wasp steht der Brite Robin Rhind-Tutt (1941-2019). Schon in seiner Zeit als Ingenieur-Lehrling ab1956 beim Britischen Verteidigungsministerium machte er durch seinen Arbeitskollegen Mike Lane erste Erfahrungen mit dem Grasbahnsport, den er selbst Anfang der 1960er Jahre bei Seitenwagenrennen aktiv bestritt. Die damals eingesetzte Technik bestand laut Gespann-Pabst Dr. Axel Koenigsbeck aus „halbherzig umgestrickten Solomaschinen“. Rhind-Tutt sah das als Herausforderung für einen Techniker und entwickelte systematisch einen Komplettrahmen für den sportlichen Gespannbetrieb. Diverse Motoren ließen sich darin einbauen. Die sportlichen Erfolge gaben Rhind-Tutt Recht. Wettbewerber zeigten Kaufinteresse an seinen Entwicklungen und beauftragten ihn mit dem Bau von Rahmen. In dieser Konsequenz gründete Rhind-Tutt 1964 die Wasp Motorcycles Ltd. In Dinton, ca. 13 km westlich von Salisbury. 1997 firmierte das Unternehmen um in Wasp Engineering Ltd. Der Produktionsschwerpunkt lag in den ersten Jahren nach Firmengründung beim Bau von Gespannrahmen für den Bahnsport. Auch wurden erste Rahmen für Solo-Geländemaschinen gebaut, in die Motoren von Norton, Triumph und BSA gelangten. In den 1960er Jahren waren die britischen Geländesportler ja noch vornehmlich in den großen Hubraumklassen unterwegs. Für die damalige noch existierende Britische Motorradindustrie waren die USA der wichtigste Absatzmarkt. Dort waren Wüstenrennen zu der Zeit sehr beliebt und so gelangten Wasp-Rahmen auf dem US-Markt. Als Ende der 1960er Jahre der Motocross-Gespannsport sich von den Verbänden IMBA und DAMCV wegen der wachsenden Beliebtheitswerte bei Fahrern und Zuschauern endlich auch die FIM-Vereine, heute der DMSB, erreichte, wollte man dort auch schon weg von den umgestrickten schweren Solomaschinen. Robin Rhind-Tutt hatte da bereits das im Gespann-Cross steckende Marktpotential entdeckt und spezielle Chassis für diese noch relativ neue Sportart entwickelt. Seine Produkte fanden guten Absatz. Von England aus fanden sich bald Kunden in Belgien und Holland und schließlich in Deutschland. Konrad Knübben aus Mönchengladbach war laut Axel Koenigsbeck 1970 der erste, der in Deutschland ein Wasp-Gespann im Motocross einsetzte und zeigte, wie man damit erfolgreich sein konnte. Als Deutscher Importeur hatte sich dann die Firma Hermeling-Zabel in Freilingen gefunden. Waren es zunächst vornehmlich die Motoren der Norton Commando, die sich in den Wasp-Rahmen besonderer Beliebtheit erfreuten, so dominierte ab Beginn der 1980er Jahre der bis auf 1.000 ccm gebrachte Motor der Yamaha XS 650. Neben den Motocrossrahmen, die das Hauptgeschäft von Wasp ausmachten, wurde 1983 ein eigener Zweizylinder-Motor angeboten, der jedoch bei Weitem nicht auf die Verkaufszahlen der Rahmen kam. Als Walter Netterscheid 1985 erfolgreich einen leichten Einzylinder-Zweitakter in dieser Sportart einsetzte und innerhalb kurzer Zeit die gesamte Szene diesem Schritt folgte, bot Wasp auch für diese bis zu 50 kg leichteren Motoren kurzfristig entsprechende leichtere Fahrwerke an. Im Übrigen hatte Wasp weiterhin Rahmen für Solo-Geländemaschinen, Rahmen für Quads und Motorrad Schwingengabeln im Verkaufsprogramm. Eine Besonderheit war ferner der Bau von Metisse Repiken-Rahmen, die dereinst von den Gebrüdern Rickman entworfen und erfolgreich verkauft wurden. Auch die Rickmans verwendeten für Ihre Rahmen die hochwertigen Reynols Rohre, die per Hartlot verbunden und abschließend vernickelt wurden. Für den Straßenbetrieb brachte Wasp in den 1980er Jahren zulassungsfähige Gespann-Typen heraus. Nachdem Friedhelm Zabel in den 1980er Jahren bei Hermelin-Zabel ausgestiegen war, kümmerte sich Otto Hermelin in Freilingen bis zu seinem Tod, am 3. Dezember 2011 alleine um den Import der Wasp-Produkte. Am 4. September 2019 verstarb Robin Rhind-Tutt. Das von ihm gegründete Unternehmen Wasp wird von Nachfolgern geführt. Typisch Wasp Außer dem Rahmen, bei dem Zugmaschine und Seitenwagen-Chassis aus einer Einheit bestanden, verwendete Wasp dünnwandiges, dafür jedoch hochfestes und teures 531er Reynolds-Rohr. Um die mitunter weniger als einen Millimeter dicken Rohrwandungen sicher zu verbinden, wurden diese nicht verschweißt sondern hartgelötet und abschließend zum Rostschutz vernickelt. Gegenüber Konstruktionen aus originalen Solorahmen und angeschraubten Seitenwagen brachten die Wasp-Rahmen neben der hohen Festigkeit Gewichtseinsparungen von bis zu 50 kg, die im Motorsport eine Bank sind. |
|
|
Motocross-Technik im deutschen Straßenverkehr Der Motocross-Rahmenhersteller Wasp wie auch der Wettbewerber VMC und Heos versuchten ab etwa Mitte 1980er Jahre ihr Gespanngeschäft auf eine breitere Basis zu stellen, indem für die Szene nun auch zulassungsfähige Enduro- und Fernreisegespanne auf dem Markt angeboten wurden. In der Regel wurden diese von den relativ kleinen Herstellern den Kundenwünschen entsprechend individuell ausgeführt. Horst Ullrich verwendete
Wasp-Gespann-Rahmen Offenbar ist der Markenname Wasp so speziell, dass dieser bei der Suchmaschine mobile.de nicht zur Auswahl vorgesehen ist. Und bei der Anzeige aller auf dem Markt angebotenen Gespanne, findet sich eine Wasp allenfalls als historisches Motocross-Gespann. Alleine dieser Umstand zeigt schon, welch außergewöhnliches Gefährt unser Clubfreund Jochen nun schon seit mehr als 30 Jahren auf der Straße bewegt. „Ich kenne noch einen, der ein Wasp-Gespann fährt, mehr aber auch nicht“, berichtet Jochen. Dabei steht im Fahrzeugschein als
Hersteller „Ullrich, Kefenrod“. Dahinter steht die
Firma HU-Gespannbau mit dem Inhaber Horst
Ulrich aus 63699 Kefenrod im Wetteraukreis. Ulrich bezog in
den 1990er Jahren vom Importeur Otto Hermeling für seinen
eigenen Gespannbau die Rahmen und Schwingengabeln von Wasp als
Halbfertigprodukte, zwar mit hartgelöteten Rohrverbindungen,
jedoch nicht vernickelt. Damit kam Ullrich den individuellen
Wünschen seiner Kunden nach. Diese wählten Motor, Tank,
Rädern, Bremsen und Federelemente für ihr fahrfertige
und zulassungsfähiges Enduro- und/oder Fernreisegespann aus.
Die Hinterradschwingen für den Kardanantrieb der BMWs
erstellte Ullrich selbst, weshalb man daran ausschließlich
Schweißverbindungen findet. Zum Schutz vor Rost wurden die
Fahrwerkteile schließlich lackiert.
|
|
|
Jochen Kleins Mobilität war jahrelang nur mit dem Motorrad unterwegs „Ich war schon immer total aufs Motorradfahren ausgerichtet“, erzählt Jochen. „Für ein Kleinkraftrad hatte ich kein Geld, den Führerschein machte ich 1979 mit 18 Jahren fürs Auto und Motorrad zusammen. Mein Opa kaufte mir sodann eine Honda CB 250 N mit 17 PS. Die war damit keine Rennmaschine, aber ich kam überall hin, wohin ich wollte, zur Schule, Wehrdienst usw. Von Burgbrohl aus, wo ich damals noch bei meinen Eltern wohnte, waren die täglichen Wege mitunter weit und das sommers, winters bei jedem Wetter. Mit der kleinen Honda kamen so in etwa zwei Jahren über 50.000 km zusammen. 1981 folgte auf die Honda eine BWM R 65 mit dem Dreifachen an Leistung und pflegeleichtem Kardan“. Irgendwie müssen es die Motorräder von BMW Jochen angetan haben. Warum genau, fällt ihm schwer zu erklären.
Als er nach fünf Jahren mit
der R 65 etwa 150.000 km zurückgelegt hatte, kaufte er sich
eine BMW R 80 RT. Inzwischen hatte Jochen aber auch seinen
Gefallen am Gespannfahren entdeckt. So leistete er sich 1989
neben der R 80 RT ein BMW R 80 Troika-Gespann. Immer noch hatte
er bewusst und gewollt kein Auto, obwohl er da schon beruflich
täglich weit zu fahren hatte. Mit der R 80 RT und dem
Troika-Gespann kamen so jährlich ca. 30.000 km zusammen. Islandreise mit dem Motorradgespann Ein besonderes Erlebnis in der Zeit war 1991 eine vierwöchige Reise mit dem Troika-Gespann und Freunden nach Island. Das war sehr abenteuerlich. Sein Freund fuhr dabei ein Enduro-Gespann, was bei den dortigen Straßenverhältnissen mit vielen Flussdurchfahrten ein Vorteil war. „Die Flussdurchfahrten unternahmen wir am liebsten morgens, weil in der Nacht die Gletscher frostbedingt weniger Wasser abgaben und dann das Wasserstand der Flüsse noch nicht so hoch war, wie nachmittags. Vor der eigentlichen Flussdurchfahrt musste zuerst die beste Fuhrt gesucht werden. Das Gepäck wurde dort zu Fuß über den Fluss getragen und wenn wir dann mit den Motorrädern fuhren, waren wir froh, wenn der Motor kein Flusswasser ansaugte. Ohnehin war die Angelegenheit immer sehr nass und kalt, aber in so jungen Jahren steckten wir das noch locker weg. Hauptsache das Motorrad fuhr noch!“, erinnert sich Jochen lachend. Bei der Tour stellte Jochen fest, dass die ihm lieb gewordenen Abenteuertouren mit einem großen Enduro-Gespann besser zu bewältigen waren. In den vier Islandwochen konnte er das täglich am Wasp RT 15-Gespann seines Freundes beobachten. |
|
|
Wasp RT 17G Gespann seit 1992 Im Spätsommer 1992 wollte Jochen sich ein neues Gespann zulegen. Ein Jahr zuvor hatte er noch sehr mit einem BMW K 100 LT EZS-Gespann mit Zweisitzer-Boot geliebäugelt, womit er auch für den Fall von Familienplanung gut gerüstet gewesen wäre.
Aber seit der Island-Tour standen nun noch viele wilde Straßen in seiner Planung, darunter auch eine Pyrenäen-Tour über unbefestigte Militärstraßen. Ein reines Straßengespann von EZS erschien da weniger gut geeinet als ein großes Enduro-Gespann. Am Wasp-Gespann seines Freundes hatte er schon studieren können, was Horst Ullrich auf drei Räder stellen konnte. So gab er bei diesem den Bau des Enduro- und Fernreisegespann Wasp „RT 17G“ in Auftrag. Außer dem Motor der BMW R 100 mit 60 PS legte Jochen noch Wert auf einen großen 45 Liter fassenden Benzintank.
Der Wasp-Rahmen hat seine Wurzeln im Motocross. So verwundert es nicht, dass laut Fahzeugschein, das Motorrad ohne Beiwagen nicht gefahren werden darf und das komplette Gespann ohne Beifahrer auch nur mit einem Zusatzgewicht von mindestens 60 kg auf dem Beiwagen. Das Gesamtgewicht des gespanns beträgt laut Fahrzeugschein bescheidene 285 kg. Außer den aus dem Motocross bekannten Haltestangen für den Beifahrer findet sich auf der Beiwagenplattform eine große Kiste für die Aufnahme des Zusatzgewichts. Die simple wie clevere Lösung besteht darin, dass diese Kiste einen gepolsterten Deckel hat und insofern der Beifahrer auf längeren Fahrten darauf einigermaßen entspannt sitzen kann. Das ist für den allemal bequemer, als das Stehen, das nur mit Turneinlagen im Motocross Sinn macht, nicht jedoch beim Toureneinsatz auf der Straße. Von Nachteil ist bei dieser Konstruktion der mit zunehmender Geschwindigkeit wachsende hohe Luftwiderstand, der den Benzinverbrauch dramatisch steigen lässt. „Aber man kann ja schließlich nicht alles haben und das Fahren mit dem Wasp-Gespann machte schon viel Spaß“, bewertet Jochen diesen Umstand. |
|
|
Einsatz als Alltagsfahrzeug Sommer wie Winter 1992 wohnte Jochen noch in Andernach. Ein Auto kam für ihn damals noch nicht in Frage. So fuhr er fünf Tage die Woche von Andernach nach Köln zur Arbeit und zurück, was täglich ca. 200 km waren. Zu der Zeit lernte Jochen in der Motorradszene seine spätere Ehefrau kennen, die damals ebenfalls selbst auf einem Suzuki-Einzylinder unterwegs war. 1993 wurde geheiratet und die Tochter geboren.
Damit für die Familie mehr Zeit blieb, wurde der Wohnsitz nach Erftstadt-Erb, in ein neu gebautes Eigenheim verlegt. Die tägliche Wegstrecke zur Arbeit reduzierte sich damit immerhin auf 82 km täglich. Bis zum Jahre 2000 legte Jochen alleine auf den Wegen zur täglichen Arbeit mit seinem Wasp-Gespann über 190.000 km zurück. Hinzu kamen Urlaubsfahrten und Fahrten zu Treffen, wie etwa dem Elefantentreffen sowie jeweils im Januar zum Wochenendtreffen der Motorradfreunde Neckar Odenwald im Odenwald. Für Tochter und Ehefrau wurde 1993 dann doch ein Auto angeschafft, das jedoch mit den täglichen Fahrten zur Arbeit nichts zu tun hatte.
Im Jahre 2000 wechselte Jochen den Arbeitgeber und erhielt von diesem für seine Fahrten zur Arbeit einen Dienstwagen. Seitdem dient das Wasp-Gespann neben einigen Solo-BMW ausschließlich zu privaten Fahrten und zum Besuch des Januar-Treffens im Odenwald. Da der Kilometerzähler der BMW seit dem Kauf viermal schlapp machte, kann Jochen heute die genaue Laufleistung des Wasp-Gespanns nicht beziffern, aber es sind nach Adam Riese deutlich mehr als 200.000 km. |
|
|
Langeweile kennt Jochen nicht
Fürs Motorradhobby bewegt er zur Zeit vornehmlich als Oldtimer eine BMW R 100 RS. Die hat erst ca. 40.000 km Laufleistung auf der Uhr. Für Jochen ist das eigentlich noch gar nichts. |
|
Swisttal, im April 2024
Text: Hans Peter
Schneider
Fotos: Jochen Klein und Hans Peter Schneider