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ISDT Österreich 1976 Noch vor dem Start ein Abenteuer mit der Polizei Man schrieb das Jahr 1976. Im Januar stellten wir die neueste Hercules-Kollektion auf der Motorrad-Ausstellung in Toronto aus. Da ich vorhatte, später im Jahr bei der ISDT in Österreich mitzumachen, wählte ich gleich die 175er Hercules für mich aus, um mich an die Maschine zu gewöhnen. Darauf nahm ich dann im Laufe des Jahres an etlichen Veranstaltungen mit besten Erfolgen teil. Allerdings war das Jahr hektisch. Kurz vor der Verschickung der Bikes nach Europa erlaubte mir der Generalimporteur SACHS-HERCULES CANADA eine neue Hercules zu nehmen, herzurichten und in Österreich zu fahren. Die Zeit für diese Vorbereitungsarbeiten war allerdings äußerst knapp. Die typischen Sixdays-Umänderungen mussten gemacht werden, kurze Probefahrt, dann in Kiste verpacken und schon trafen sich die Kanadier in Toronto auf dem Flughafen.
In Salzburg angekommen, war dann meine neue
Hercules noch nicht eingefahren, dazu hatte die Zeit gefehlt. So
entschloss ich mich, anstatt in den Leih-Automobilen mitzufahren,
die Hercules die ca. 250 km von Salzburg bis Knittelfeld am
Österreich-Ring auf eigener Achse hinzufahren. Das Wetter
war ausgezeichnet. Öl und Benzin getankt, ein Tankrucksack
voll Bananen und eine Landkarte wurde montiert und ab ging die
Post. Fahrtstrecke über Bad Ischl, Pötschen Höhe,
…, durch die Rottenmanner Tauern, Judenburg, …,
Zeltweg-Knittelfeld. Ja und dann musste ich tanken. Gerade habe
ich den Rüssel der Zweitakt-Gemisch-Säule im Tank und
gucke mich dabei so um, da hat doch der BMW-Mann am Rande der
Tankstelle geparkt, kommt auf mich zu, macht seinen
Kombi-Reißverschluss auf … und anschließend
dachte ich, ich würde im Erdboden versinken, denn unter der
schwarzen Lederkombi hatte er eine grüne Polizei-Uniform an.
Für mich war in dem Moment die Sechstagefahrt zu Ende, denn
das musste einen Führerscheinentzug geben und damit mein Aus
für das, worauf ich seit Wochen hin gearbeitet hatte. Ich
musste wohl weiß wie eine Wand ausgesehen haben, denn der
Schupo öffnete seinen Helm, grinste mich an und sagte in
fließendem Englisch: „ Keine Sorge, ich bin nicht im
Dienst. Aber da wir uns nun mal so richtig ausgetobt haben,
wollen wir von hier an schön die herrliche Gegend
genießen“.
Die Sechstagefahrt verlief gut für mich, mit Ausnahme eines kleinen Kolbenring-Verreibers, der meinem Motor am vierten Tag etwas Kompression kostete, sodass ich am fünften Tag morgens anschieben musste, deshalb 60 Strafpunkte kassierte und dadurch meine GOLDENE verlor.
Nach Beendigung der ISDT wurde der Kolbenring gewechselt und auf eigener Achse ging es wieder zurück nach Salzburg. Derweil mietete mein Onkel Rolf , der ebenfalls angereist war, einen Motorgleiter am zwar bayerischen aber nicht all zu weit entfernten Flugplatz Unterwössen gemietet und flog mit mir für etliche Stunden wir über die Alpen. Bis zu einer Höhe von ca. 400 Metern kam der Motor zum Einsatz, dann wurde der ausgeschaltet. Wir hielten nach den kreisenden Raubvögeln Ausschau, denn die zeigten uns, wo die Aufwinde waren. Diese nutzen wir aus, indem wir bis auf Alpenkreuz-Höhe stiegen. Am folgenden Tag musste ich erneut zum Flughafen Salzburg, wo meine anderen Kanadier mit halfen, meine Hercules wieder in einer Holzkiste zu verstauen. Weg damit zum Verlade-Terminal und nachmittags ging es dann ab, zurück nach Kanada. Alles in Allem waren es zwei schöne und interessante Wochen.
Die Geschichte der Hercules nach dem ISDT-Einsatz In Kanada wurde die Hercules noch durch ein Paar Veranstaltungen geschlaucht und am Ende des Jahres in Ontario – also quasi in der Nachbarschaft – verkauft. Im Lauf der Jahre wurde ich durch Leo Keller, Hans Theis und andere Freunde zum Classic Sport auf Vintage-Bikes geführt. Dazu gelang es mir, etliche Sechs- und Siebengang-Hercules ausfindig zu machen und zu erwerben, denn ich hatte ja in früheren Jahren reichlich davon verkauft. Ende 2005 fiel mir die Kundenkarte eines Herrn Schäfer in die Finger. Sogleich rief ich bei dem an, um herauszufinden, an wen er die Hercules wohl verkauft habe. Zu meinem Erstaunen sagte er, dass er die Hercules noch habe. Ich hin, geguckt und zurückgekauft, obwohl sie in einem verheerenden Zustand war. Es ging mir mehr um die richtige Fahrgestell-Nummer, damit es auch meine ISDT Hercules war.
Ja und dann begann der mühselige
Wiederaufbau: Sandstrahlen, schweißen, lackieren, Brehm
(Zweiradhändler, der noch über einen Bestand an
Sachs-Ersatzteilen verfügt) besuchen und viele Stunden
täglich arbeiten. Nur kurze Zeit später trat ich mit der
restaurierten Hercules zum Start an bei einem Enduro-Wettbewerb
über 80 km. Dort im Fahrerlager angekommen fiel mir gleich
das mitleidige Schmunzeln und Kopfschütteln der Konkurrenz
auf, die durchweg mit moderneren Maschinen erschienen war. Die
erste Überraschung kam bei der Phonmessung noch vor dem
Start: Mit 91 Dezibel war meine Maschine die leiseste unter den
mehr als 150 Startern. Die Hercules hatte ihre Probe bestanden und
wird im Oktober bei unserer ISDT Rider Reunion-Zweitagefahrt in
Missourie USA von einem meiner Freunde gefahren. Für heute schöne Grüße von Canada Euer Helmut |
Restaurierung nach 31 Jahren
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Weitere Fotogeschichten von Helmut Clasen
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Swisttal, im August 2012
Text: Hans Peter
Schneider
Fotos: Archiv Helmut Clasen