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Früh übt sich ...

Die Liebe zu einem alten Gefährt ist, glaube ich, nicht einfach da, sondern sie entwickelt sich. Ich hatte zwar, muss ich sagen, auch keine schlechten Bedingungen in meiner Kindheit - aber das war es sicherlich nicht alleine - denn welcher Opa hat schon einen privaten Schrottplatz und allerlei Gerätschaften so einfach neben dem Haus herumliegen und wo können Kinder noch einfach so dazwischen spielen? Bei uns im Dorf war das, geprägt durch die Nachkriegszeit – in den sechziger Jahren in der Eifel – noch so. Es gab keinen Kindergarten oder sonstigen Einrichtungen – außer natürlich der Schule – aber jede Menge zu entdecken ...

Für mich begann meine motorisierte Zweiradgeschichte mit einer 25er DKW. Das alte, abgelegte Mofa meiner Brüder wurde mir als Wrack überlassen, als sie ihren Führerschein gemacht hatten. Ich war 14 und hatte von Technik eigentlich keine Ahnung und auch keine Unterstützung, denn meine Geschwister waren inzwischen in der Stadt und mein Vater konnte zwar fast alles, aber mit Motoren hatte er nichts am Hut.


Also Autodidakt sein, dran geben - und tatsächlich - irgendwie hab ich es ans Laufen bekommen. Dies motivierte dann ungemein und so wuchsen die Ansprüche und es musste auch fahren. Als Gaszug wurde kurzerhand ein abgebrochener Spatenstil angebaut, die Bremse wurde mit der Kette gezogen und die Gänge wurden mit einem Stück Holz eingelegt. Aber es funktionierte. Damals konnte man sich noch recht frei mit so einem Gefährt bewegen – ohne Führerschein und ohne Nummernschild. Aber der Wirkungskreis wurde größer und damit musste auch wieder der Bedienkomfort steigen und nach und nach wurde das Mofa wieder allgemein gebrauchsfertiger. Das heißt aber auch Stück für Stück wurden Austauschteile eingebaut, bis ich, als ich also achtzehn wurde, kein Teil mehr Original war, noch nicht einmal der Rahmen. Der Motor war inzwischen ein Dreigang Moped Motor von Sachs und trotzdem, dass ich Tausende Kilometer gefahren bin, ist mir auch nichts passiert, außer natürlich etlichen Pannen, und ich wurde nicht einmal von der Polizei angehalten.


Dies ist natürlich heute nicht zum Nachahmen empfohlen, aber ich erzähle die Geschichte, weil sie mit wichtigen Einstellungen zum Leben zu tun hat. Ich werde nie vergessen, was ich zwischen durch geflucht hab´, was für neue Herausforderungen gekommen sind , wieviel Nächte ich als Schüler in der Garage verbracht habe ( zum Glück waren meine Eltern tolerant genug, dass ich morgens um drei noch ohne den Auspuff einen Probelauf machen konnte) und ich hab´ nicht aufgegeben - und es auch - zu meiner damaligen Zufriedenheit - geschafft.

Ich kann heute sagen, ich bin an meinem Mofa gewachsen, so unmerklich Erwachsen geworden. Es war ja neben der technischen auch noch eine soziale Seite für mich: die Möglichkeit zu Freunden zu kommen, die alle außerhalb wohnten und mit Ihnen sich den Abenteuern des jungen Lebens zu stellen.



Bei mir ging die motorisierte Phase dann nahtlos weiter, dadurch, dass dann für mich das Käferzeitalter anbrach und ich bis zum Ende des Studiums aus zirka 16 Schrottkäfern 3 fahrbereite Fahrzeuge schraubte, die mich immer gut - und mehr oder weniger sicher - durch die Welt gefahren haben.


Aber die Erinnerung an meine DKW 25 ist geblieben. Und als ich dann mit 25 in Köln einmal in einer Hinterhofgarage eine schwarze 175 er DKW entdeckte, war´s um mich geschehen: ich hab´ sie kurzer Hand gekauft, ohne groß zu überlegen, denn ich hatte ja weiter keine Erfahrung mit Motorrädern und noch nicht mal einen Führerschein.... Aber ich hatte ja damals gelernt: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg! Kurzum, ich hab ´ den Führerschein nachgemacht, meine DKW über den TÜV gebracht und konnte wieder schrauben und fahren.

Als sich dann eine Familie einstellte, dachte ich, jetzt ist die Zeit vorbei und da ich auch wenig Platz hatte, hab´ ich die DKW meinem Schwager geschenkt. Der freute sich, als früherer Mielefahrer, wieder mit Zweitakt durch die Eifel fahren zu können.


Da bei ihm aber die Zeit und Lust fehlte, sich dauerhaft mit einem - eben nicht perfekten Fahrzeug abzugeben, hat er sich ein neues Motorrad gekauft. Als ich dann die arme 175 er so lieblos dastehen sah entwickelte sich doch wieder das Interesse an meiner alten Leidenschaft. Und tatsächlich, mein Schwager hat´s gemerkt und sie mir zum Geburtstag wieder zurück geschenkt.


Und so fing es wieder an: Ersatzteile suchen, schrauben, putzen und wieder zum TÜV.


Aber es hat alles geklappt und ich bin weiterhin stolz, nicht nur eine DKW Baujahr 1954 zu fahren, sondern zu wissen, dass sich Einsatz auszahlt und dass gerade heute, in der kurzlebigen Zeit, sich das Beschäftigen mit alten Fahrzeugen in vieler Hinsicht lohnt und einen guten Gegenpol dazu bedeutet - und von daher auch den Horizont erweitert.


Ich wünschte mir heute für Jugend die Erkenntnis: „ weniger ist oft mehr“ - denn manches kann ich besser verinnerlichen, wenn es einfach, dauerhaft und nachvollziehbar bleibt – eben, wie unsere guten alten Stücke!


Übrigens, so nebenbei hat sich noch ein U 421 Unimog, Bj. 73 und ein Eifelland Wohnwagen, Bj. 70 dazu gesellt. Und in der Garage wartet noch mein allererster Käfer, Bj 63 auf ein neues Leben ...


Text: Lothar Nehren
Fotos: Lothar Nehren und Hans Peter Schneider

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