Motor Veteranen Club Bornheim-Brenig e.V.

Rückschau 2011


Sonntag, 20. November 2011
Besuch bei Kurt Oberdörster, der ein privates Heimat- und ein Zündapp-Museum unterhält

Kurt Oberdörster steht zu unserem Club in einer langjährigen Beziehung. Schon seit den 1980er Jahren nahmen er und seine Frau Rosemarie regelmäßig an den seinerzeit noch von uns veranstalteten Motorrad-Rallyes für Oldtimer teil, entweder auf einer alten BMW- oder Zündapp. Willi Schaub knüpfte eine etwas intensivere Beziehung zu ihm und so statteten wir schon 2003 ihm und seinem Museum im Rahmen einer Oldtimerausfahrt einen Besuch ab. Aber das was gut ist, kann man sich wiederholt anschauen, ohne dass es langweilig wirkt und so machten wir uns nunmehr im Rahmen unseres Winterprogramms erneut auf den Weg nach Lohmar-Wahlscheid.


An einem Sonntag im Oktober, als ich die Tour vorbereitete: Kurt Oberdörsters
Museum ist stets gut besucht

Die Führung der 17 Teilnehmer unseres Clubs durch seinen fast 200 Jahre alten offenen Vierseitenhof beginnt Oberdörster in dem nach historischem Vorbild neben der Hofzufahrt aufgebauten Backes, einem Bachhaus, wie es auch diesseits des Rheins vor 100 Jahren in fast jedem Dorfteil zu finden war. „Als Kind wollte ich gerne Motorradmechaniker werden“, erzählt Oberdörster uns dort, „aber mein Vater war Bauer und so sollte ich auch Bauer werden. Also wurde auch ich Bauer und das war so für mich in Ordnung. Für Motorräder interessierte ich mich trotzdem und befasste mich so weit damit, wie meine knappe Freizeit mir das neben meiner Landwirtschaft zuließ“. 1984 wurde der landwirtschaftliche Betrieb stillgelegt und da fand Kurt Oberdörster die ersehnte Zeit für sein Motorradhobby. Einer seiner Freunde hatte in der Zeit bereits begonnen, Motorradoldtimer der Marke BMW zu sammeln und zu fahren. „Da wollte ich mich nicht auch noch mit BMW befassen und entschied mich für die Marke Zündapp. Aber eigentlich war ich 1984 damit schon zu spät drann, denn 10 Jahre früher hätte ich viele der Motorräder, die ich von da an schon recht teuer bezahlen musste, noch fast geschenkt bekommen“.
Danach erzählt Oberdörster von dem Backes, in dem wir gerade stehen: „Hier in Wahlscheid haben wir einen sehr rührigen Heimatverein und ich wurde gefragt, ob nicht auf meinem Grundstück ein Backes aufgebaut werden könnte nach historischem Vorbild. Ich sagte spontan ja und fand auch kurze Zeit später auf einem Trödelmarkt in Siegburg eine historische Backofenanlage, die ich für dieses Backes kaufte. Seit das Backes steht, wird darin auch mit einiger Regelmäßigkeit gebacken, wobei sich inzwischen herausstellte, dass ein noch größerer Ofen wegen der großen Menge an hergestellten Backwaren sinnvoller gewesen wäre.“ Wir schauen uns in dem Backes um und finden historische Brotformen, Brotschieber, Blasebalg und es riecht auch hier so wie in einer richtigen Bäckerei nach Mehl und Sauerteig. „Eines der Gefache haben wir extra nicht ganz verputzt“, betont Oberdörster indem er auf die Stelle zeigt, „damit die jungen Leute einmal sehen, wie so ein Fachwerk im Inneren aussieht“.


Kurt Oberdörster begann seine Führung im Backes


Die beiden Zündapp-Spezialisten Reinhard und Raimund folgen Oberdörsters Vortrag

Vom Backes führt der Weg zum gegenüberliegenden Wirtschaftsgebäude, in dem er eine Sammlung alter Ackergeräte untergebracht hat, wie sie bis vor 50 Jahren noch so typisch für die kleinen Bauernhöfe des Bergischen Landes waren: Eggen, Pflüge, Sägeräte, Schlagkarren fürs Pferd, Dreschmaschinen, Buttermaschinen und hinter einer Schiebetür öffnet sich der Blick gar auf einen alten bäuerlichen Webstuhl.
Hinter einer weiteren Tür findet sich sodann ein Wehrmachtsgespann KS 750 von Zündapp in der Ausführung des Afrika-Corps. Mit der gleichen Gründlichkeit, mit der er zuvor die Ackergeräte erklärt, stellt er nun das über 70 Jahre alte Gespann vor, das fahrbereit und zugelassen ist und mitunter auch von ihm noch gefahren wird.


Ein Zündapp KS 750 Wehrmachtsgespann stand startbereit in einem Teil des Museums


Maschinen aus Handwerker-Werkstätten und eine wasserbetriebene Wasserpumpe für die Viehweide

In einem nächsten Raum des Gebäudes findet sich die Einrichtung einer alten Schlosserwerkstatt mit einem Sammelsurium alter Ständer-Bohrmaschinen. an der Seite steht eine alte aber noch einsatzfähige Bandsäge. Davor ein mit einem Zweitaktmotor betriebenes Notstromaggregat und auf der Säge selbst eine Wasserpumpe, die selbst mit Wasserkraft angetrieben wird und die einst auf seinen Weiden für die automatische Füllung der Viehtränken sorgte.

Auch der Klassenraum einer Zwergschule, wie sie vor 70 Jahren noch auf allen Dörfern zu finden waren, in denen der Lehrer – neben dem Pastor einst die Respektsperson des Dorfes schlechthin – acht Schulklassen auf einmal unterrichtete. „Wenn wir älteren den Lernstoff der jüngeren Klassen hörten, dann war das eine gute Wiederholung. Wir hatten insgesamt in den acht Schuljahren auch etwas gelernt und hatten nicht das Gefühl dumm geblieben zu sein“, erinnert sich Kurt Oberdörster. Die in dem Schulraum zu findenden Figuren sorgen für Leben, indem sie eindrucksvoll eine Unterrichtsszene darstellen.
Im Klassenraum führt eine schmale enge Treppe zum ersten Stock. Dort sehen wir Wohnungseinrichtungen, Alltagsutensilien und Textilien, wie sie um 1900 von Kurt Oberdörsters Vorfahren so wie damals üblich eingesetzt wurden: Das kurze Bett, in dem die Oma ausschließlich im Sitzen schlief, die – warum wohl - unten offenen Unterhosen der Damen um 1900 und die von Hand zu bedienende Waschschaukel, die eine sehr frühe Art der Waschmaschine war. In liebevoll restaurierten Schränken findet sich noch das „gute Porzellan“ der Großeltern, das immer nur im Schrank stand, weil es für den täglichen Gebrauch zu schade war.


Waschtechnik und Wäsche aus der Zeit um 1900


Küchenstillleben um 1900


Wohnzimmer der Großeltern von ca. 1900

Anschließend werden die lange gehegten Erwartungen, schöne alte Motorräder zu erleben, erfüllt, denn die Tür in der rückwärtigen Wand des Klassenzimmers führt in mehrere Räume, in denen sich mehr ca. 20 Motorräder der Marke BMW befinden, und zwar ausschließlich Zweizylinder von den 1950er Jahren bis hin in die 1990er Jahre. Darunter die R 50, R 69, gleich zwei BMW R 90 S, die seltene R 80 ST und mehre R 100-Versionen. in einem weiteren Raum finden sich ca. 20 Zündapp 50er Mofas, Mopeds und Kleinkrafträder, die meisten in unrestauriertem Originalzustand und fahrbereit. Einmal mehr wird uns auch klar, dass Kurt Oberdörsters Beziehung zu Motorrädern eine doch ganz intensive ist. Er kennt sich aus mit Motorrädern insgesamt und mit Zündapp im Besonderen. Eine Delegation aus China von dem Werk, das 1984 die Produktionsanlagen des insolventen Zündapp-Werkes demontierte, um in China wieder aufbaute, hatte sich ebenfalls seine beachtliche Sammlung schon angeschaut. Kurt Oberdörster erzählt rheinisch, ruhig und in wohlüberlegten klaren Sätzen. „Wenn ich mir etwas in den Kopf setze, dann bekomme ich das in der Regel auch!“ und jeder von uns glaubt ihm das.

Unser Staunen wächst um so mehr, als wir im ehemaligen Kuhstall sozusagen auf das „Heiligtum“ seiner Sammlung treffen. Schon beim Eintritt fällt der Blick auf den seltenen Kleinwagen Zündapp-Janus, der von zwei Personen je von Vorne als auch von hinten bestiegen werden konnte. Beim Betreten eines weiteren Raumes gehen uns die Augen fast über als wir sehen, was sich dieser ruhig und besonnen redende Mann seit 1984 doch alles in den „Kopf gesetzt“ und an besonderen Motorräder zusammengetragen hat: Da steht z. B. eine 250er Levis aus England und daneben eine Zündapp EM 250 von 1925 und jeder kann sogleich erkennen, dass Zündapp sein erstes Serienmotorrad detailgenau der Levis abgekupfert hatte. Da stehen mehrere Zündapp S 200 aus den Vorkriegsjahren, eine KS 500, eine aus den USA reimportierte KS 600. Eien Besonderheit ist auch die Zündapp S 500 mit dem Vierventil-Rudgemotor, ein Motorrad, das zu seiner Zeit ein ausgesprochenes Luxusmotorrad darstellte und in der Anschaffung teurer war, als so manches Auto. Von den seltenen K 800 mit Vierzylinder-Boxermotor finden sich gleich mehrere dort. Auf dem Boden steht ein seitengesteuerter Boxermotor, der in den späten 1920er Jahren Dienst in einem Kleinlaster tat. Aus den Nachriegsjahren fndet sich die fast komplette Palette der kleinen Zweitakter, bis hin zur luftgekühlten KS 125, der GS 125 und der kultivierten wassergekühlten KS 175. Die kleineren Zweitakter bekommen wir jedoch von unserem alten Freund Raimund Brodesser erklärt. Der war schon in den 1980er Jahren auf Kurt Oberdörster gestoßen und hat seitdem mit diesem manches Projekt gemeinsam durchgezogen.


Kaffee und Kuchen fanden wir trotz des langen Museumsbesuches doch noch

Als ich den Nachmittag geplant hatte, da rechnete ich etwa mit einer Stunde Aufenthalt im Museum, tatsächlich wurden aber am Ende mehr als zwei spannende Stunden daraus, die für alle Beteiligten wir im Fluge vorübergingen. Als wir nach dem Museumsbesuch zum obligatorischen Café-Besuch aufbrachen, sandte die Sonne ihre letzten Strahlen für diesen Tag und wir hatten schon Sorge, ob wir den überhaupt noch Kuchen erhalten würden. Aber im Krewelshof wurden wir noch fündig.
Der Besuch des Heimatmuseums in Lohmar-Wahlscheid hatte mich nachhaltig beeindruckt, sowohl was die Museumsstücke anbelangte als auch die Person Kurt Oberdörster, der dieses Museum zu verdanken ist.

Swisttal, den 28.11.2011
Hans Peter Schneider


Am Tag unserer Tour war das Wetter noch so wenig winterlich, dass zwei Teilnehmer sogar mit Ihren Oldtimern erschienen. Hier betankt Willi den Barckengel mit Super-Plus


Kurz vor der Abfahrt die in Bornheim Erschienenen. In Lohmar kamen anschließend noch zwei dazu


Blick in das regelmäßig genutzte Bachhaus. Den Backofen kaufte Oberdörster auf einem Trödelmarkt in Siegburg


Fahrrad mit Einbau-Hilfsmotor von Zündapp um 1952


Mofa- und Mopedsammlung aus den 1960er und 1970er Jahren


einige Maschinen aus der BMW-Sammlung


Highlights des Zündapp-Motorradbaus


Reinhard „Bleistift“ Scholtis nimmt die Detaillösungen in Augenschein


Willi Schaub fachsimpelt mit Raimund Brodesser


Eine BMW zwischen seltenen Zündapp-Motorrädern


Zündapp S 200


Oben links auf dem Regal findet sich die engliche Levis, die Vorlage für die Zündapp Z22 war


Zündapp K 800 mit Vierylinder Boxermotor


Am Ende waren wir nicht nur vom Museum beeindruckt, nicht weniger beeindruckte uns auch die Person Kurt Oberdörster

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