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Breniger Urgestein „Das ist auch eine Einzylinder-BMW! Sollen wir die tauschen?“ frage ich ihn. Heinz Poll schweigt zunächst und schaut sie sich gründlich meine G 650 XMoto an und meint sodann: „Die ist mir zu hoch und ich werde ja auch in diesem Jahr noch 80 Jahre alt - so Gott will“. Klar war mein Tauschvorschlag nicht ganz ernst gemeint und das wusste Heinz Poll auch. Zu unterschiedlich sind die BMW R 25/2 von 1952 und die G 650 Xmoto des Modells von 2007: Die Jüngere ein reines Freizeitvergnügen zum Entspannen der Sinne und die ältere das typische Brot- und Buttermotorrad der frühen Nachkriegsjahre: Die R 25/2 ist so zweckmäßig, dass man problemlos auch einen Seitenwagen zum Transport einer kompletten jungen Familie anschrauben konnte. Dass ein solches Gespann mit gerade einmal 12 PS nach heutigen Maßstäben gar nicht auf Tempo kam, war vor über 50 Jahren von untergeordneter Bedeutung.
Beruflich übernahm Heinz Poll nach seiner Heirat den Bauernhof seiner Eltern und betrieb ihn gemeinsam mit seiner Frau Johanna bis zum Jahre 1990. Dann beschlossen beide den Übergang in den nächsten Lebensabschnitt: Der landwirtschaftliche Betrieb wurde eingestellt und man widmete sich fortan anderen erbaulichen Dingen des Lebens, für die es außerhalb der Arbeit oft keine Zeit mehr gibt. |
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In jungen Jahren Bei meinem
Besuch legt mir Heinz Poll die Rechnung mit der Nummer Wie allen jungen Leuten, bedeutete auch ihm die erworbene motorisierte Mobilität ein Stück erfahrbare Freiheit. Die BMW verkürzte den Höhenunterschied von 80 Metern den Berg hoch vom Anfang des Stationenwegs bis ins Ortszentrum von Brenig, man war ggf. schnell in Bonn und Brühl, wo es immer wieder mal was zu besorgen gab, auch für die Eltern. Am Sonntag führte der Weg außer zum Hochamt nach Brenig bei schönem Wetter oft an die Ahr oder gar zum Nürburgring, wenn dort eben ein interessantes Rennen anstand. Schon bald
stellte sich als regelmäßiges Fahrtziel die
Heimerzheimer Straße zwischen Brenig und Heimerzheim ein,
wo seine Liebste Johanna Esser zu Hause war. Weiter als die
beiden, konnten Breniger nicht voneinander entfernt wohnen:
Heinz, mehr in Bornheim als in Brenig wohnend und Johanna
jenseits von Brenig auf halben Wege nach Heimerzheim. Zu Fuß
war das eine Entfernung von einer Stunde. Mit der BMW waren es
gerade einmal fünf Minuten. Dabei war Johanna ebenfalls
alles andere als immobil: Mit 16 Jahren hatte sie schon auf dem
elterlichen Anwesen das Motorradfahren erlernt und war selbst mit
einer 250er Triumph – auch die gab es bei Zörner, aber
„schon für 1.700,00 DM“ - recht gut gerüstet.
Nach der Heirat nahmen die beiden im elterlichen Betrieb von Heinz Poll das Heft in die Hand. Die Mobilität und die Kraftaktionen zum und auf dem Acker besorgte bis 1957 ausschließlich Muskelkraft, zu der auch ein Pferd beitrug. Dann wurde der erste Traktor angeschafft. Mit der Geburt der Tochter im Jahre 1958 kam schließlich das erste Auto ins Haus. Bis dahin war
die BMW das Transportmittel für die größeren
Distanzen. Heinz und Johanna Poll erinnern sich noch gut daran,
wie sie kurz nach dem Kauf des ersten Traktors mit der BMW in
Rodenkirchen 3 Stangen Eisenprofile mit den Abmessungen 30 mm X
50 mm X 1.600 mm abgeholt hatten. Die Profile wurden für den
Bau eines „Exepaters“ (Exstirpator, Kultivator, Egge)
benötigt. Eine weitere Transportaktion ist den beiden ebenfalls in guter Erinnerung: Johanna und Heinz hatten von Rondorf aus zwei Ferkel nach Brenig zu transportieren. Diese wurden kurzerhand in einen Jutesack gesteckt. Heinz Poll hängte sich diesen Sack auf den Rücken und nahm wieder auf dem Sozius Platz, während seine Frau Johanna die BMW führte. Auf dem langen Weg bis nach Brenig wurde es dann „auch schon einmal im Rücken feucht und warm“, erinnern sich beide lachend. |
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Wiedererweckung Mit dem ersten Auto 1958 wurde die BMW erst einmal für einige Jahre in einem der Wirtschaftsgebäude des Hofes abgestellt. Es gab damals noch nicht den Werbeslogan „aus Freude am Fahren“, weil der Zeitgeist noch nicht so war. Aber ans Verkaufen des Motorrades wollte Heinz Poll dennoch nie denken. Mitte der 1970er Jahre stellte sich der erste große Motorradboom ein. Weil ich selbst damals im Breniger Kirchenchor sang und fast allabendlich die Pfade der Breniger Ackerflur mit meiner Enduro im „Renntempo“ abfuhr, war das Gesprächsthema zwischen Heinz Poll und mir „Motorräder“. Zu jener Zeit hatte er schon Hand an die BMW gelegt, um sie bald wieder zuzulassen. Als „Transportesel“ benötigte er die BMW da freilich schon nicht mehr. Mein Freund Peter Koepp aus Dersdorf, der eine BMW R 25/3 besaß bzw. auch heute noch besitzt, konnte mir viele gute Tipps und Adressen für das Herrichten alter BMWs geben, die ich an Heinz Poll gerne weitergab. Bald war die R 25/2 wieder fahrbereit. Wenige Jahre später ergänzt Heinz Poll seinen Motorradfuhrpark noch mit der damals eben neu erschienenen BMW R 45. Oft sah ich Heinz und Johanna Poll, wie sie darauf in Richtung Eifel tourten.
Seit dem Bestehen des MVC-Brenig nahm Heinz Poll an allen Motorrad-Veteranen-Rallyes unseres Clubs als „Lokalmatador“ teil. Die Breniger, die das Treiben unseres Clubs beobachteten, wussten alle, dass Heinz Poll bei den Rallyes schon ein fester Bestandteil unter den Teilnehmern, und zwar – was das ganz Besondere war - mit seiner BMW, die er sich als junger Bursche 1952 selbst gekauft hatte. Von der BMW R 45 hat sich Heinz Poll inzwischen wieder getrennt, auch von dem Schutzanzug, den er sich seinerzeit zusammen mit der R 45 zugelegt hatte. Aber die R 25/2 bewegt er immer noch regelmäßig: Mal um nach Brenig und um Brenig herum zu fahren, an seinen verpachteten „Ländereien“ vorbei und auch immer wieder mal zur Ahr, wie schon vor über 50 Jahren. Heute benutzt er allerdings nur noch wenig befahrene Straßen, denn mehr als 80 km/h will er dem alten Motorrad nicht mehr zumuten. Aber was heißt schon alt? Zwar hat die Zeit sowohl an Heinz Poll als auch an seiner R 25/2 Spuren hinterlassen, deutlich zu sehen ist aber auch, dass bei beiden zwischendurch immer mal wieder Pflegemaßnahmen ergriffen wurden und dass beide für ihr eigentliches Alter doch noch fit und agil erscheinen. Auf meine
eingangs gestellte Frage nach einem Tausch meiner Einzylinder BMW
mit der seinen kam dann am Ende meines Besuches die Antwort, die
gar nicht anders hätte lauten können. Wie recht er doch hat. |
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Swisttal, im April 2009
Text: Hans Peter
Schneider
Fotos: Heinrich Poll, Josef Schmitz (Bornheim,
Stationenweg) und Hans Peter Schneider