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Nachruf Rainer Mangels


Nach getaner Arbeit. Rainer Mangels am Tag der offenen Tür 2017. Ein Foto, das Bände sprechen kann



Am 27.Februar 2023 starb Rainer Mangels plötzlich und unerwartet
an einer tückischen Krankheit, von der wir alle nichts wussten und die wir nicht erahnten.
Wir alle waren sehr erschüttert und sind sehr traurig.
Unsere besondere Anteilnahme gilt seinen Angehörigen und hier ganz besonders seiner Tochter.

Nur“ noch ein Nachruf

Wie immer, wenn ein geschätzter und geliebter Mensch stirbt, ist das Empfinden, dass die Zeit mit ihm zu kurz war. Zu viel wäre da noch gewesen, was man hätte sagen wollen, mit ihm teilen und erleben. Mir selbst erging es nicht anders. Mir die Zeit zu nehmen, für ein näheres Kennenlernen und gar ein Porträt auf dieser Homepage über ihn mit seinem ausgeprägten Zündapp-Hobby war mir nicht gelungen. Der Tag hat immer nur 24 Stunden. So bleibt nun „nur“ noch einen Nachruf zu schreiben, in der Hoffnung, damit eine ehrendes Andenken an ihn zu schaffen. Dazu sprach ich mit einigen Clubfreunden und informierte mich über seine ursprüngliche Heimat in Norddeutschland.

Im Club gleich gut angekommen

Mit seinem Eintritt in unseren Club 2012 fiel nicht nur gleich das Durchschnittsalter der Clubmitglieder deutlich nach unten, jeder spürte sofort bei seinem ersten Auftreten: da kommt ein Macher.
Auffallend war jedoch zuallererst seine Sprache: „Moin“ sagte er an dem Clubabend und damit wohl auch am Morgen, am Mittag eines jeden Tages und auch sonst erinnerte seine Sprache uns Rheinländer an Otto Waalkes, den wohl bekanntesten Botschafter Ostfrieslands. Und er lachte gerne und herzlich und trug immer wieder mit dazu bei, dass es auch etwas zu lachen gab. Die Muttersprache unseres Vorsitzenden verstand er zudem weitestgehend und wir Rheinländer erfreuten uns an seinem Slang. Den Sympathiebogen zum Rheinland hatte er damit in kürzester Zeit perfekt geschlagen.

Beachtung fand seine damals schon außerordentliche Sammlung an kleinen Zündapp-Motorrädern und Mopeds aus den 1960er Jahren bis zum Ende der Produktion 1984. Es zeigte sich schnell sein besonderes Fachwissen rund um das Thema Zündapp. Und wenn jemand einmal ein Problem mit seiner eigenen kleinen Zündapp hatte, wusste Rainer guten Rat und legte oft auch seine helfende Hand an. Überhaupt, wenn wir mit unseren Mopeds in der Eifel unterwegs waren und bei einem der Teilnehmer die Technik streikte, dann fackelte Rainer nicht lange, und während die Anderen noch überlegten, was es denn sein könne, hatte Rainer mit seinem Bordwerkzeug schon seine helfende Hand angelegt. Er konnte zuhören und dabei Empathie zeigen. Zum Gelingen unserer damals noch großen Clubveranstaltungen trug er mit guten Ideen bei und mehr noch mit seiner Bereitschaft, zum Gelingen Funktion und Verantwortung zuverlässig zu übernehmen. Übrigens eine Tugend, die sich immer seltener finden lässt.

Über seine Aktivitäten in unserem Club hinaus beteiligte er sich tatkräftig an der Organisation des regelmäßig im September eines Jahres stattfindenden Oldtimer-Mopedtreffens auf dem Eltzhof in Köln-Wahn, dem wohl größten und bedeutendsten Mopedtreffen in der Köln-Bonner Region.

Rainer Mangels war kurzum nicht nur ein toller Typ und wunderbarer Mensch, er war rund um die Ereignisse zum Thema Oldtimer-Mopeds das, was man in Unternehmen heute einen Leistungsträger nennt.

Von Friesland geprägt

Für uns Clubmitglieder aus dem Vorgebirge war Rainer ein Ostfriese, obwohl seine Heimat in Wursten lag, das zwar zu Friesland gehört, aber nur im weitesten Sinne zu Ostfriesland. Wursten heißt indessen der Küstenstreifen zwischen Bremerhaven und Cuxhaven bzw. zwischen Weser- und Elbmündung.


Wursten ist die Landschaft entlang der Küste zwischen Bremerhaven und Cuxhaven
Karte: TomTom

Seine die Persönlichkeit prägende Kindheit und Jugend erlebte Rainer in dem kleinen Dorf Wanhöden, einem Ortsteil von Nordholz. Nordholz selbst besteht heute aus dem relativ großen und gleichnamigen Hauptort und mehreren, nur jeweils wenige Hundert Einwohner zählenden Nebenorten. 2015 wurde im Rahmen einer Kommunalreform in Wursten die Großgemeinde „Wurster Nordseeküste“ gegründet, die zum Landkreis Cuxhaven gehört.

Land und Leute sind sehr von der Landschaft Wursten geprägt. Diese besteht im Süden vornehmlich aus der Marsch. Dieses noch junge Festland bildete sich erst in den letzten 10.000 Jahren aus der seichten Nordseeküste. Dieser Prozess wurde in den letzten 1.000 Jahren von Menschenhand unterstützt. Die Landschaft ist auch heute noch von Entwässerungsgräben durchzogen, zwischen denen sich vornehmlich Viehweiden und stellenweise auch Getreide- und Hackfruchtanbauflächen befinden. Weiter im Norden kurz vor Cuxhaven findet sich indessen die Geest, die sich aus den Endmoränen, dem letzten eiszeitlichen Eisvorstoß vom Nordpol her, gebildet haben. Die Geestböden liegen etwas höher als die Marsch, sind sandiger und deshalb weniger fruchtbar. Typisch für die Landschaft Wursten waren auch die Moore. Diese sind in den letzten Jahrhunderten mehr oder weniger ausgebeutet worden, früher langsamer in Handarbeit und seit dem letzten Jahrhundert mit Maschinenhilfe in großem Umfang. Der Torf diente früher regional als Brennstoff zum Heizen und überregional zu Bodenverbesserung im Gartenbau. Inzwischen hat man auch die ökologische Bedeutung der Moore und deren CO²-bindende Wirkung erkannt, stellt den Abbau der wenigen noch verbliebenen Moorflächen zunehmend ein und versucht den schon trockengelegten Flächen mit Bewässerung wieder neues/altes Leben zuzuführen.
Der Hauptort Nordholz ist der mit aktuell über 7.000 Einwohnern größte Ort der Gemeinde Wuster Nordseeküste. Dort wurde schon vor dem ersten Weltkrieg ein Flughafen gebaut, der damals ein wichtiger Luftschiff-Standort war.
Heute ist dort das Marinefliegerkommando der Bundeswehr mit dem Marinefliegergeschwader 3 „Graf Zeppelin“ beheimatet. Zwar ist der Flughafen ein reiner Militärflughafen, aber dennoch brachte er verhältnismäßig viele Menschen in die Region, die hier leben und versorgt werden wollen. Damit erfuhr der Ort schon früh einen kräftigen Entwicklungsschub, der bis heute wirkt.
Im 20. Jahrhundert entwickelte sich in den kleinen Küstendörfern Fremdenverkehrswirtschaft. Weil im Bereich der Nordseeküste der Wind bekanntermaßen immer kräftig bläst, finden sich seit Beginn dieses Jahrhunderts in Wursten zunehmend Windräder, die die südlicheren Regionen unserer Republik mit grün produziertem Strom versorgen.

Technikbegeisterung im Kreis von Freunden

Ohne Technikbegeisterung schon als Kind, hätte sich Rainers Freude an kleinen Motorrädern und den damit immer wieder erforderlichen Reparaturen gar nicht erst entwickeln können. Spätestens als Jugendlicher hatte er sich dazu mit Gleichgesinnten seines Alters zusammengefunden. Das förderte die Lerneffizienz. Mopedfahren und damit der Gewinn an Mobilität war für Rainer ein Aufstieg in eine neue Dimension von Freiheit. Als Jugendlicher auf dem Land weiß man das überaus zu schätzen. Jedes Clubmitglied und zahlreiche junge Leute hatten wohl ähnliche Lebenserfahrungen mit solchem Zuwachs an Mobilität gemacht. Und geteilte Freude ist doppelte Freude: Die gemeinsamen Moped-Aktionen mit den Freunden schafften sehr intensive freundschaftliche Bande. Es waren Gemeinschaftserlebnisse, die zusammenschweißen, wenn etwa ein Moped mal wieder in gemeinsamer Aktion zum Laufen gebracht worden war. Dabei war es egal, wenn bei der anschließenden Probefahrt die Wege mehr geradeaus an den Kanälen entlangführten und die gewaltigsten Steigungen nur am Hauptdeich zu finden waren. Oder gar der Wanhöder Berg „erklommen“ wurde, der aus einem ca. 7 Meter hohen und 55 Meter langen aufgeschütteten Hügel besteht. Natürlich lachen Rheinländer, deren Heimat reichlich mit Mittelgebirgen umgeben ist, aber anderes gab es nicht und mitunter war der Gegen- oder gar auch Seitenwind ja auch so stark, dass es keiner echten Steigung am Berg mehr bedurfte.


3-PS-Tour 2018

Brückenschlag zwischen Friesland und Rheinland

Beruflich zeigte sich Rainers vielseitiges Interesse und Können darin, dass er eben nicht Zweiradmechaniker wurde sondern „Büromensch“ im gehobenen öffentlichen Dienst. Das war auch der Grund dafür, dass er schließlich im Rheinland landete, wo er in Bonn seinen Dienst bei einer großen Bundesbehörde antrat.

Zusammen mit seiner Lebensgefährtin kaufte er im alten Ortskern von Waldorf bewusst einen historischen Bauernhof. Dieser erwies sich als ideal, da er selbst schon ein Stück Geschichte darstellte und zudem die ehemaligen Wirtschaftsgebäude ausreichend Platz für sein Zweiradhobby boten. Das war dann auch die Zeit, als er 2012 unserem Club als ordentliches Mitglied beitrat. Bald kam seine Tochter zur Welt. Viele aus dem Club besuchten ihn in seinem Haus. Es gab immer etwas zu sehen und manch einem ließ er dort auch seine handwerkliche Hilfe zuteil werden.

Rainer blieb immer Friese, was nicht nur an der Sprache erkennbar war. Immer war er Botschafter seiner Heimat mit viel Platz in seinem Herzen für die bunte und vielgestaltige Welt, zu der auch das Rheinland gehört. Mehrmals im Jahr nahm er die fast 400 km bis in seine ursprüngliche Heimat auf sich und besuchte dort seine Eltern und seine Freunde. Mit letzteren unternahm er in den letzten Jahren auf kleinen Motorrad-Oldtimern mehrwöchige Touren durch ganz Europa: Diese führten in und über die Alpen, auf die britischen Inseln und im letzten Jahr noch nach Norwegen. Er schickte von unterwegs regelmäßig Fotos an unsere WhatsApp-Gruppe und ließ uns über seine Heldentaten staunen. An den Clubabenden waren sodann die spannenden Berichte zu hören, denen wir mit Freude und Bewunderung zuhörten.




Letzte Fernreise mit kleinem Hubraum nach Norwegen im August 2022

Schmerzhafter Verlust

In seinem Bauernhof starb er.

Rainer Mangels wurde gerade einmal 46 Jahre alt.
Er hatte den Idealismus, den man braucht, wenn man andere froh machen will.
Wir vermissen ihn sehr und werden ihn in bester Erinnerung behalten.



Swisttal, im März 2023

Hans Peter Schneider

Zum Album
mit Fotos von erlebten Momenten mit Rainer

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