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Karl Ludwig Schaub – Restaurator aus Leidenschaft

Karl Ludwig Schaub – kurz Karl genannt – ist Jahrgang 1943 und damit der ältere Bruder von Willi Schaub. Wie so oft bei Brüdern gibt es viele Dinge, die die Brüder gemeinsam haben, aber auch nicht weniger viele, in denen sie sich unterscheiden. Gemeinsam ist beiden die Liebe zu Oldtimern. So ist es auch nicht verwunderlich, dass Karl seit der Gründung des MVC-Brenig bei allen Aktivitäten mit dabei war.

Idealisten haben auch Sinn für Tiere

Karl war aus gesundheitlichen Gründen in den letzten Jahren an der Teilnahme des Clublebens oft verhindert gewesen. Ich hatte ihn deshalb schon lange nicht mehr gesehen. Als ich ihn wegen eines Interview-Termins für die vorliegende Internetseite anrief, räumte er mir sofort bereitwillig ein: „Wann immer du willst“. So erschien ich dann nach einem Feierabend im Dezember vor seinem Haus in Bonn, das für Bonner Verhältnisse einen großen Garten hat. Als ich klingelte, kam sofort sein Schäferhund gelaufen, der mir bellend so viel Respekt einflößte, dass ich lieber auf Karl warten wollte, damit er mich selbst am Tor abholt, um mich sicher ins Haus zu begleiten. Ich hörte ihn auch schon in der Ferne rufen: „Komm rein, der Hund tut dir nichts!“, aber so recht wollte ich noch keinen Mut fassen. Erst als er mich am Tor begrüßt hatte und ich zusammen mit ihm die ersten Schritte im Garten gefahrlos gegangen war, sah ich keine 10 Meter von mir ein Reh stehen, dem sich der Schäferhund so friedlich zur Seite gesellte, dass es vollkommen ungerührt erschien und ich meine Angst vor dem Hund gänzlich fallen ließ. Nicht nur Karls Hund war gut erzogen, auch das Reh reagierte auf Karls Worte. Bald erfuhr ich, dass sein Name Bambi lautet. Später erzählte mir Karl, dass er Bambi als 1.460 g wiegendes verwaistes Kitz am 22.05.2005 gefunden hatte. „Da war noch die Nabelschnur drann“, erzählt er mit knappen Worten, die nicht erahnen lassen, mit wieviel Liebe und Hingabe er und seine Frau Annelen das Reh aufgezogen haben. Das war also die erste Begegnung mit dem Oldtimer- und Tierfreund Karl nach einer langen Zeit.

Wohnzimmerschatz

Im Wohnzimmer waren wir dann jedoch sofort beim Thema: Unübersehbar steht dort im Zentrum des Raumes sein ältester Oldtimer, eine Douglas mit 350ccm Boxermotor. Das genaue Baujahr sei den überlieferten Fahrzeugdokumenten nicht zu entnehmen, erklärt mir Karl. Die Konstruktion stammt aus dem Jahre 1906 und das Bauprinzip des längs zur Fahrtrichtung eingebauten Boxers wurde von Douglas bis weit in die 1920er Jahre beibehalten. Zunächst hab es sie lediglich mit Riehmenantrieb, der nach und nach und in den 20er Jahren gänzlich auf auf Kette umgestellt wurde. Zu Beginn der 20 Jahre erfolgte bereits die Umstellung von Pedalen auf Fußrasten bzw. Trittbretter. Der Maschinentyp bewährte sich seinerzeit sowohl im Ersten Weltkrieg, wozu die Royal Army über 20.000 Maschinen einkaufte, als auch im Motorsport. Karls Douglas ist jedenfalls eine sportliche Zivilausführung, die ursprünglich in Schottland gelaufen war und über einen holländischen Zwischenhändler schließlich in Karls Wohnzimmer seinen Ehrenplatz mitten im Tagesgeschehen fand. Auf unserem Foto sieht man, dass sich die Maschine gut im Wohnzimmer macht, sogar der geschmückte Weihnachtsbaum unmittelbar daneben harmoniert genau ebenso mit der alten Maschine wie die alten Vitrinenschränke mit dem darin befindlichen Porzellan, welches aus der selben Zeit stammt wie die Douglas.

 


 

Ein Besen für den besseren Grip

„Ich hatte – genau so wie mein Bruder – schon immer eine besondere Vorlieb für Motorräder“ erzählt Karl. “Das fing schon in den Jahren vor dem Führerschein mit 98 ccm Motorrädern an, die von vor dem Krieg waren. Im Gegensatz zu meinem Bruder Willi begann ich meine Lehre jedoch nicht auf wechselnden Baustellen an unterschiedlichen Orten sondern als Starkstromelektriker bei der Bahn, genauer gesagt bei der KBE. Ich hatte deshalb einen Freifahrschein bei der KBE, mit dem ich zu meinen nur selten wechselnden und stets gut erreichbaren Arbeits- und Ausbildungsstätten warm und billig mit Bahn und Bus fahren konnte.“ Karl hatte deshalb auch erst mit 18 Jahren den Führerschein gemacht. Seine Transportprobleme löste er zunächst mit einer Kreidler Florett, die er gebraucht günstig von einem Bekannten kaufen konnte. Dieses Kleinkraftrad war das erste dieser Art aus dem Hause Kreidler, es hatte 3 Gänge, 3,6 PS. und wurde produziert in den Jahren zwischen 1956 und1960.

Karl weist darauf hin, dass die Florett war äußerst robust und zuverlässig war und selbst in den ersten Jahren seiner Ehe ihm als sein einziges Motorfahrzeug diente. Es eignete sich in gleicher Weise mit Anhänger ausgerüstet zum Brennholzholen im Wald. Sehr beliebt war das Kreidler-Kleinkraftrad unter den jungen Herren wegen seiner Kraft und Schnelligkeit, ganz zum Leidwesen der Eltern und auch der Polizei. Ein Kreis junger Männer aus dem Vorgebirge traf sich eigens zum „Schräglage Üben“, wobei ein gewisser Gerd Sura aus Heimerzheim mit seiner superschnellen Heinkel Perle als der jenige galt, der die Messlatten setzte. „Gerannt wurde im damals noch vorhandenen Kurvengeschlängel der L 182 kurz vor Heimerzheim“, berichtete Karl und sein Bruder Willi ergänzt noch:“Wir hatten sogar immer einen Besen dabei, denn den besseren Grip gab es nur auf sauberem Asphalt und vor und hinter den Kurven standen Posten, die signalisierten, wenn die Straße frei war“. Übrigens fiel in jenem Kreis junger Wilden auch schon aus gewisser Klaus Ludwig aus Roisdorf mit seinem außerordentlichen Geschick im Umgang mit Fünfzigern auf, der die Fahrübungen zu Studienzwecken mit einer Schmalfilmkamera aufzeichnete und Jahre später noch zu höchsten motorsportlichen Titeln und Ehren gelangen sollte.

Enten zum Knutschen

Wenn Karl schon mal für besonderer Transportprobleme ein Auto benötigte, dann half ihm später sein Bruder Willi schon mal gerne aus, schließlich hatte er Willi ja unter anderem dabei geholfen, sein erstes Auto von Sinzig nach Brenig zu überführen. Später kaufte er sich einen alten Mercedes 180 für kleines Geld und fuhr danach auch zwei mal DKW, und zwar einen Junior und einen F11.

Eine besondere Vorliebe hatte Karl einmal für die Enten von Citroen. Seine ersten Enten-Erfahrungen sammelte er mit einem 2 CV 2, den er damals während eines einjährigen beruflich bedingten Aufenthaltes in der Schweiz zusammen mit einem Kollegen gefahren war. Die beiden hatten ein kleines Ferienhaus in einem Dorf etwa 14 km südlich von Schaffhausen gemietet. Das Ferienhaus stand direkt neben der recht großen Kirche des Dorfes. So kam es, dass die Ente oft in nächster Nähe zur Kirche geparkt wurde. Das tat er auch an einem verschneiten Winterabend ganz sorglos. Er dachte auch noch nicht an etwas Schlimmes, als er des Nachts ein merkwürdiges Rutschgeräusch hörte, das mit einem dumpfen vernehmlichen „RUMMS“ endete. Erst als er am nächsten Morgen das Auto besteigen wollte, fand er an der Stelle, wo er es am Vorabend abgestellt hatte, einen riesigen Schneeberg von annähernd zwei Metern Höhe. Da erinnerte er sich sofort an das merkwürdige nächtliche Geräusch und stellte gleichzeitig fest, dass die dicke Schneedecke des Kirchendaches vom Vorabend ihm nun zu Füßen lag und darunter die Ente sein musste. An eine Bergung des Autos mittels Grabschaufeln war in Anbetracht der knappen Zeit bis zum Arbeitsbeginn nicht zu denken. Ohnehin hatte er keine gute Vorahnung. So blieb die Ente zunächst einmal im Schnee. Als schließlich nach einigen Tagen der Schnee von selbst geschmolzen war, bewahrheitete sich seine böse Ahnung aufs Schlimmste: Die höchste Erhebung des 2 CV2 endete nunmehr wenige Zentimeter über den Rädern, bzw. die Dachlawine hatte das Auto tatsächlich auf die nunmehr gegebene Höhe von ca. 60 cm zusammengestaucht.
Danach hatte Karl noch viel Freude an einem 2 CV 4.

Restaurierung von Motorrad-Oldtimern seit Ende der 1970er Jahre

Gemeinsam mit seinem Bruder Willi ließ sich Karl etwa Ende der 1970er Jahre vom Oldtimerbazillus anstecken: Gemeinsam besichtigte man Kaufobjekte, half sich mit Werkzeug, Transportmitteln und Know-How aus, nahm gemeinsam an der einen oder anderen Oldtimerveranstaltung teil und der Motor Veteranenclub Brenig war ja auch noch da. Froh ist Karl, dass seine Frau Annelene von Anfang an ebenfalls Freude an alten Motorrädern fand und sein Hobby stets mitgetragen hat.

Ein Zündapp KS 600 Gespann von 1938 hatte er sozusagen versehentlich vor Jahren an einen Frankfurter Zahnarzt verkauft. „So etwas wird mir nicht mehr passieren“, sagte Karl. Dennoch erstreckt sich heute auch ohne KS 600 seine stattliche wie auch ansehnliche Sammlung auf insgesamt 19 vollständige Old- und Youngtimer-Motorräder. Teils stehen die Maschinen in der Wohnung an ausgesuchten Stellen, teils auch in der Garage, schließlich wird hin und wieder ja auch damit gefahren.

Aber, so sagte Karl mir mit einem zwinkernden Auge im Vertrauen, mache ihm das Restaurieren viel mehr Spaß als das Fahren selbst. Wenn er abends anfange, dann lasse er sich von der Arbeit so sehr fesseln, dass er ganz die Zeit und jegliche Müdigkeit vergesse. Es sei früher schon öfters vorgekommen, dass er nach dem Abendessen an einem alten Motorrad angefangen habe und plötzlich seine Frau vor ihm stand und ihn fragte, ob er eigentlich nicht zur Arbeit fahren wolle, weil es schon Morgen sei. Es hat eben etwas ganz Besonderes, sich in die alte Technik hineinzudenken, um sie zu verstehen und das, was kaputt ist oder fehlt, zu reparieren oder nachzubauen. Am schönsten ist immer der Moment, wenn die Maschine gegen Ende der Restaurierung wieder ihre ersten Lebensäußerungen von sich gibt. „Man kommt sich hierbei vor wie ein Schöpfer und Arzt zugleich.“
Zur Zeit (Dezember 2005) restauriert er eine BMW R 25/3.

Auf eine bestimmte Marke hat sich Karl nie festgelegt. Man muss die Dinge so nehmen und genießen, wie sie eben sind. In seinem Fuhrpark sind somit unterschiedliche Maschinen der Marken BMW, Hercules (auch Wankel), NSU, Zündapp usw. zu finden. Die Vorstellung dieser Maschinen erfolgt nach und nach in besonderen Aufsätzen auf diesen Seiten.

 


Aktuelles Restaurierungsprojekt im Januar 2006




Im Hausflur


Projekt D-Rad

Nachruf

Am 22. Januar 2007 verstarb Karl-Ludwig Schaub nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 63 Jahren.

Seine Kreativität, seinen Idealismus und seine Einsatzbereitschaft stellte Karl Ludwig auch dem Motor Veteranen Club Brenig seit seiner Gründung 1984 zur Verfügung. Hier war er immer bereit, eigenverantwortlich anspruchsvolle Aufgaben und Funktionen zu übernehmen. Er war über zwanzig Jahre hinweg eine der tragenden Säulen, die zum Gelingen der Großveranstaltungen, zum Nutzen des Clubs und zur Freude aller beitrugen.

Sehr geschätzt waren seine vielfältigen Talente, darunter auch das der schnellen Improvisation, aber auch seine Gelassenheit und sein besondere Art von Witz und Humor. Wenn sonst keiner in Feierlaune den Grill oder die Bierzapfanlage bedienen wollte, übernahm Karl Ludwig wie selbstverständlich und ohne zu murren diese Aufgabe. Ebenso steuerte er bei Ausfahrten den Besenwagen, damit alle anderen sorgenfrei mit ihrem Oldtimer die Ausfahrt genießen konnten.

Beeindruckt war jeder, der sah, wie liebevoll er sich um seine behinderte Frau kümmerte.




 Karl Ludwig Schaub im Januar 2006



Unser Club verliert mit Karl-Ludwig ein sehr verdientes Mitglied, stillen Helfer und Freund!

Wir wollen ihn dankbar in bester Erinnerung behalten!

Text: Hans Peter Schneider
Fotos: Hans Peter Schneider und Archiv

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