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Einige Murksbeispiele,
die den Profi in Erstaunen versetzen

Bereich Hinterradachse


Die ursprüngliche Riffelung der Hantel wird erst beim Ausbau des Hinterrades sichtbar. Auch der improvisierte Kettenspanner ist erkennbar. Alles gefährlicher Murks

Offenbar war die originale Hinterachse verloren gegangen bzw. stand dem ersten Restaurierer nicht mehr zur Verfügung. Aber das sollte ja kein Problem sein, denn schließlich war eine Drehbank vorhanden. Auch lag in einer Ecke aus früheren Jahren noch eine Hantel zum Trimmen des Bizeps herum. Die Neulust für solche Martyrien war längst verflossen, deshalb stnd sie nun für andere zwecke zur Verfügung. Die Außenmaße der Hantelachse timmten ungefähr mit den erforderlichen Maßen der gesuchten Hinterachse überein, jedenfalls dann, wenn man die ursprüngliche Riffelung der Hantel belies. Schnell und billig ließ sich so das Hinterrad zumindest für den Verkauf anbringen. Die verbliebene Riffelung sah man ja sowieso erst, wenn das Rad einmal ausgebaut wurde und dann war das Motorrad ja ohnehin schon längst über alle Berge verkauft.


Freier Blick auf den improvisierten Kettenspanner

Danach zeigte sich jedoch das nächste Problem, denn die ursprünglichen Kettenspanner waren auch nicht mehr vorhanden. Also behalf man sich kurzerhand mit einer M6 Schraube und einigen Muttern um die erforderliche Distanz zwischen Hinterrad und dem Kettenritzel des Getriebeblocks für die Kettenspannung herzustellen. Mit den ursprünglichen Zollgewinden war der erste Restaurierer ohnehin überfordert.

Zumindest bis zum Verkauf, zum Rangieren ins Transportmittel und für eine kurze und in der Regel langsame Probefahrt hielt dieser Murks tatsächlich das Hinterrad im Rahmen ohne dass die Kette dabei verloren ging.

Der Profi musste es richten: Eine neue Hinterradachse war zu besorgen.
Die Kettenspanner mussten indessen nach den Maßen und Formen der Originalteile nachgefertigt werden.


Diese Perspektive offenbart die ursprüngliche Hantel-Funktion der „neuen Achse“


Oben Murksachse, darunter ein Originalteil


Oben links der Pfusch, unten rechts der Nachbau mit passendem Zollgewinde


Nachbaukettenspanner im eingeschraubten Zustand

Vermurkste Schauben sind ein ständiges Thema

Keinswegs dürfen herausragende Gewinde ohne Mutter sein. Ob die Mutter dabei noch Halt bietet ist dabei von untergeordneter Bedeutung; sie darf nur nicht gleich runterfallen.

Besonders reizvoll sind Lösungen, bei denen irgendein ein Moritz auf ein Zollgewinde in Ermangelung einer passenden Zollmutter eine metrische Mutter gewaltsam draufgemurkst hat.


Beschädigte versteckte Gewinde sind mehr als ärgerlich, wenn sie auftauchen


Bei alten englischen Motorrädern ist in der Regel der Motorblock vom Getriebe getrennt. Zum Spannen der Primärkette muss der Getriebeblock im Fahrzeugrahmen verschoben werden. In Ermangelung der ursprünglich dicken Unterlegscheibe, wird eine einfache dünne gestanzte genommen, von denen 100 Stück im Baumarkt 2,48 € kosten


Insbesondere Schrauben mit besonderen Maßen werden auch dann noch verwendet, wenn sie nur noch Schrottwert haben. Falls die Schrauben nicht mehr neu zu erwerben sind, geht an einer qualifizierten Nachfertigung kein Weg vorbei


Zumindest die obere Keilschraube hat ihre Zeit hinter sich. Deutlich zu sehen sind auch noch die Spuren von Hammerschlägen, die von den Wellenlagern irgendwie weggesteckt werden mussten. Beide Schrauben waren in einem „vollrestaurierten“ teuer bezahlten Motorrad verbaut

Kupplungsgeschichten


Natürlich gibt es qualitativ hochwertige Nachfertigungen der üblichen Verschleißteile bei einschlägigen Händlern zu kaufen ...


... aber auch hier ist man vor Murks nicht sicher: Die Wandstärke der Nachbaunabe ist unter dicker als oben


Die obere Druckstange zum Ausrücken der Kupplung war eine Zeit lang ohne Kugel in Betrieb; sie hatte sich deshalb in den Sitz des Kupplungskorbes hineingearbeitet und sich dementsprechend verformt. Die untere Druckstange ist der neu angefertigte Ersatz


Hier hatte ein „Restaurator“ die Scheiben der Trockenkupplung eines blendend lackierten und damit „vollrestaurierten“ Motorrades mit einfachsten Mitteln und Werkzeugen überholt. Ein Winkelschleifer war offenbar auch wieder dabei. ...


... und damit noch nicht genug: Der selbe Winkelschleifer diente wohl auch dazu, das obere Bronzelager „einzupassen“ (oben rechts). Ein neues Lager musste deshalb angefertigt werden (links darunter)


Statt eines Einlegekeils (links) hatte hier der „Restaurator“ eine Passfeder mit „Luft“ gefertigt: Die beste Voraussetzung, um Welle und Rad im Weiteren zu ruinieren

Navigator

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Swisttal, im Oktober 2009


Hans Peter Schneider


Fotos: Archiv Paul Greve und Hans Peter Schneider

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