Über die Panne zum Bund fürs Leben

Natürlich wollte Willi damals der Dame seines Herzens – Annegret - etwas bieten. Dazu war der sonntägliche Ausflug mit dem eigenen Auto eine Pflicht.

Leider wurde bei dieser Gelegenheit das noch zarte Glück von der ersten größeren Autopanne heimgesucht. Die beiden waren bereits auf dem Heimweg, irgendwo zwischen Euskirchen und Kleinbüllesheim als sie das Pannen-Pech im Lloyd heimsuchte.
Jedenfalls gab es beim Beschleunigen nach einem „Halt-Schild“ - „Stop“-Schilder gab 1964 noch nicht – plötzlich einen deutlich zu vernehmenden Knall und die beiden sahen, wie die Motorhaube mit einem Schlag eine kleine Ausbeulung erhalten hatte. Danach war die Motorleistung weg und das Motörchen lief nur noch auf einem von zwei Zylindern. Die Ursache war auch schnell gefunden: Es war die Zündkerze eines Zylinders, die wegen eines defekten Kerzengewindes fliegen gegangen war und von unten sozusagen eine Delle in die Motorhaube geschossen hatte, eben die Beule, die Willi von oben gesehen hatte. Schnell fand sich auch die weggeschossene Zündkerze hinter dem Lloyd auf der Fahrbahn wieder. Zum Glück war noch niemand mit dem Auto über sie gefahren.

Zur Reparatur griff Willi kurzerhand zum nächsten Grasbüschel am Straßenrand, umwickelte das Gewinde der Zündkerze mit diesem ausgerissenem Gras und drehte sie sodann „mit viel Gefühl“ in das ausgerissenen Kerzengewinde des Zylinderkopfes. Tatsächlich lief das Motörchen anschließend zunächst im Standgas wieder auf zwei Zylindern. Beim Anfahren jedoch schoss die Zündkerze erneut von innen gegen die Motorhaube, und sorgte dafür, dass die Beule in der Haube wuchs. Die Reparatur mit dem Gras wurde erneut versucht, allerdings nahm Willi jetzt „ausgesucht reißfesteres Gras“, welches er noch sorgfältiger um das Kerzengewinde herumwickelte. Beim nächsten Fahrversuch schaffte der Lloyd auch wirklich eine Strecke von ca. 5 Metern bis die Kerze erneut die Beule in der Haube vergrößerte.

Willi sah nun ein, dass solcherlei Reparaturmaßnahmen nicht wirklich weiterhalfen. Zudem hatte der Isolator der Zündkerze inzwischen sichbar Schaden genommen, sodass sie ohnehin nicht mehr zu gebrauchen war. Glücklicherweise ließ sich der Lloyd auch auf einem Zylinder – also sozusagen mit halber Kraft – wenn auch nur sehr langsam, so doch „immerhin fortbewegen“.
Als ein ernsthaftes Hindernis sollte sich anschließend in Heimerzheim angekommen die Knollgasse erweisen, die doch auf über 250 Metern Länge damals eine Steigung von 10 % aufwies. Willi suchte deshalb eine Süd-West-Route am Heimerzheimer Schützenplatz und am Waldrand vorbei zu erschließen, um mit dem maladen Auto den Westhang der Ville auf einem weniger steilen Weg zu erklimmen.

Aber es sollte nicht ganz gelingen: Was der Lloyd durch geringeres Gefälle an Kraft gespart hatte, musste er nun für die Überwindung der schlechten Wegstrecke, der Fahrbahnunebenheiten und des hohen Grases wieder ausgeben. Kurzum, während sich Willi bemühte das Motörchen überhaupt am Laufen zu halten, awr seine liebste Annegret genötigt, das Fahrzeug zu verlassen und die fehlende Motorkraft über etwa 500 Meter durch Muskelkraft auszugleichen. So kamen die beiden dann verschwitz, von Anstrengungen gezeichnet und um eine Erfahrung reicher doch noch am späten Abend im Vorgebirge an.

Wenn man gemeinsam unterwegs ist und der Weg so anstrengend dass man gemeinsam dabei schwitzt, dann soll der Schweiß die Beteiligten miteinander verbinden. Welche nachhaltige Wirkung diese Autopanne auf die beiden hatte, weiß ich nicht so recht einzuschätzen. Jedenfalls dauerte es danach nicht mehr sehr lange, bis die beiden heirateten und eine Familie gründeten.

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Text: Hans Peter Schneider