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Rückschau 2016

Sonntag, 10. Juli 2016
Mopedtour entlang dem Nordrand der Eifel

Die Tour musste ich vom ursprünglich vorgesehenen Termin um eine Woche nach hinten verschieben. In Anbetracht der Wetterkapriolen im bisherigen Sommer war das ein Glück, denn am Tourtag war der erste richtige Sommertag an einem Sonntag in diesem Jahr. Die Temperaturen reichten in der Eifel zwar bis knapp unter 30 Grad, aber es war gar nicht schwül, weil ein erfrischender Wind wehte der zudem für eine gute Fernsicht sorgte.

Pünktlich um 10:00 Uhr starteten sodann 8 tollkühne Moped- bzw. Kleinstmotorradfahrer zur anspruchsvollen Tour gen Nordeifel.


Am Sammelpunkt in Brenig mache ich noch einige Fotos für den vorliegenden Bericht

Der Weg führte über Nebenstraßen zunächst einmal lange durchs Flache, bzw. östlich um Euskirchen herum. Die erste Pause war in Enzen vorgesehen. Ich wusste von einem fränkischen Grab in einem römischen Steinsarkophag, der vor der Pfarrkirche in Enzen ausgestellt war. Wegen der reichen Garbbeigaben ging man eine Zeit lang davon aus, dass es sich hierbei um das Grab des im Jahre 612 unweit von Enzen ermordeten Frankenkönigs Theudeberts II handeln würde, was spätere Forschungen jedoch als falsch erkannten.

Unser Ankunft mit den vielen kleinen knatternden alten Zweirädern erregte die Aufmerksamkeit einiger Anwohner, die auf der Straße erschienen. Als eine Anwohnerin von unserem Vorhaben mit der besichtigung es Steinsarkophags hörte, bat sie uns, einen Moment zu warten, weil sie ihren Nachbarn eben rufen wolle, der uns sehr viel zur Geschichte von Enzen und dem Frankengrab erzählen könne und der auch den Schlüssel für die Kirche habe. Eigentlich wollten wir uns nach meinem Plan ja nur etwa eine viertel Stunde dort aufhalten, aber, so sagte ich mir, man muss ja offen sein für Unverhofftes.

Wenige Augenblicke später stand ihr Nachbar Peter Reuter auch schon mitten unter uns. Ich stellte uns mit unserer Oldtimer-Mopedtour kurz vor. Und dann legte er ach schon los. Bereits nach seinem dritten Satz war nicht nur mir klar, das Peter Reuter jemand, der sich richtig gut mit der Geschichte Enzens auskennt.

Er zeigte uns den besagten Sarkophag, in dem nach jüngster Forschung statt des Königs ein wohlhabender Franke gelgen hatte. Auch ein kleinerer Sarg mit einem Mädchenskelett habe noch dazu gehört. Inzwischen stand der römischen Steinsarg des Frankengrabes neben einem weiteren Steinsarg. Es war zur Frankenzeit üblich, die stattlichen Steinsärge, die die Römer aus ihrer Zeit hinterlassen hatten, nochmals zu gebrauchen. Ein ganzes fränkisches Gräberfeld habe man in Enzen, durch das die Römerstraße von Köln über Billig nach Trier verlief, entdeckt. Einen weiteren Sag, auf den man vor etwa 10 jahren bei Baggerarbeiten stieß,hatte man restauriert und neben dem Sarg des „Königsfgrabes“ ebenfalls dort aufgestellt. Die Enzener hätten dafür gesorgt, dass beide Särge unter einem Dach zu stehen kamen.

Neben der aktuellen neugotischen Kirche stand ein Kapellchen. „Das ist der Chorraum der alten Pfarrkirche, den man erhalten habe und heute als Kapelle fungiert“, erklärte uns Peter Reuter. Dabei handelt es sich um einen echten gotischen Bau. Als Reuter schließlich die Tür zur Kapelle aufschließt und wir eintreten, staunen wir nicht schlecht ob der Wandfresken, die noch alle aus dem späten Mittelalter stammen und sehr gut erhalten sind. Noch mehr staunen wir, als wir von Reter erfahren, dass eine Handvoll interessierte Bürger aus Enzen selbst unter des Kontrolle eines professionellen Restaurators die ursprünglichen Fresken in monatelanger Arbeit von ihren Deckschichten befreit hatten.

Ein Erlebnis ist jedoch auch Peter Reuter selbst. Sein Haus, das übernächste vom Friedhof entfernt, war das des ehemaligen Bürgermeister. Es erscheint uns in bestem Zustand restauriert. Uns ist klar, dass Geschichte in Peter Reuters Leben eine große Rolle spielt. In seinem geschichtsträchtigen Haus lebt er mit der Geschichte. Er ist in Enzen so zu Hause, wie man das in dem Ort nur sein kann, in dem man sein Leben lang gelebt hat. Mit dem Wissen der Geschichte dieses Ortes wird dieses Erlebnis schließlich sehr intensiv und Peter Reuter weiß diese Begeisterung, ohne die er die Geschichte nicht so hätte verinnerlichen können, auch an andere weiterzugeben. Uns allen scheint, dass Enzen froh sein kann, dass es einen Peter Reuter dort gibt.
Wir waren es jedenfalls auch; hatten wir doch bei unserer ersten Pause gleich viele unverhoffte Aha-Erlebnisse. Auch an dieser Stelle nochmals ein ausdrückliches Dankeschön an Peter Reuter.


In dem Tollen und geschichtsträchtigen Fachwerkhaus in nächster Nähe zum Friedhof ist Peter Reuter zu Hause


Peter Reuter (im blauen T-Shirt) erzählt uns die Geschichte vom Königsgrab


Wir staunen in der Kapelle nichts schlecht. Das was wir sehen, wird um so spannender, wie wir die Geschichte erfahren

Nach den Enzen-Erlebnissen führt der Weg weiter durch die Zülpicher Börde. Wollersheim liegt an ihrem Rand. Von dort aus ist es nicht mehr weit bis Nideggen. Durch Wollersheim fahren wir mitten hindurch. Die im alten Stil gepflasteren Straßen mit der wunderbar alten und zugleich gepflegten Bebauung ist ein sinnliches Erlebnis für die Augen. Hinter Wollersheim liegt der Eifelrand und es geht sogleich erstmals bergan. Nach einem Zwischental ist sodann Motorleistung gefragt und die ersten Tourteilnehmer warten in Berg auf die langsameren Fahrzeuge. Gemeinsam geht es sodann weiter bis Nideggen. Wir fahren in den an diesem schönen Sonntag sehr gut besuchten Ort hinein und bemerken, wie sich fast alle nach uns und unseren alten Fahrzeugen umdrehen. Unmittelbar vor der Burg stellen wir unsere Fahrzeuge ab und machen uns zu Fuß auf den Weg. Dabei nehmen wir die Ruine bzw. die Reste der Burg in Augenschein, wähnen uns dabei vorübergehend im Rittersaal und gelangen schließlich ans andere Ende der Burgruine, von wo aus wir durch die jahrhundertealten Fensteröffnungen ins Rurtal und bis nach Vossenack blicken können.

Mittagsrast in Nideggen ist uns aber noch zu früh. Es sind eben 12:30 Uhr. Wir verständigen uns auf eine Mittagsrast mit warmem Essen in Heimbach. Von Nideggen hinab bis ins Rurtal kurven wir die Serpentinen hinab. Selbst mit dem Moped lassen sich einige Kurven nicht mit Vollgas fahren und ich stelle bei der Gelegenheit fest, dass die Reifen meiner kleinen Zündapp zu frühzeitig rutschen. Sie sind schon über zwanzig Jahre alt; auch wenn sie noch sehr gut aussehen und sehr viel Profil haben, sollte ich sie wohl bald einmal gegen frische ersetzen.

Eingans von Heimbach kehren wir in einem italienischen Restaurant ein. Dort können wir mit Blick auf unsere Mopeds unmittelbar neben der Rur sitzen und uns vom Weg und den Erlebnuissen bis hierhin erholen.. Wer keinen Salat ist, nimmt Pizza. Die Getränke sind nach dem vielen Schwitzen wichtig für die neue Fitness.


Kurzer Boxenstop hinter Enzen






Schon während des Essens beschließen wir, nicht auf direktem Wege wieder gen Vorgebirge zu fahren. Wenn wir ja schon in Heimbach sind, wollen wir uns bei der Gelegenheit auch gleich noch mal des alte Wasser-Kraftwerk von vor dem ersten Weltkrieg anschauen. Etwa 10 Minuten nach unserem Start in Heimbach stehen wir vor dem Kraftwerk. Zwar werden keine Führungen angeboten, aber durch den Zaun und das Gittertor hindurch benötigen wir ebenfalls mindestens 10 Minuten, bis wir uns halbwegs satt an dem wunderschönen Jugendstil-Zweckbau geschaut haben. Über Hasenfeld führt uns Kalle anschließend weiter bergauf und wir fahren dort über den Damm des Stausees, der hin und wieder noch das historische Kraftwerk mit Wasserdruck für den Betrieb versorgt. Insgesamt beträgt unsere Bergauffahrt nach der Mittagspause etwa 200 Höhenmeter, die die Motorleistung fordert. Die anschließende Bergabfahrt hinunter nach Heimbach beschert und wieder eine Kurvengaudi.

Aus Heimbach hinaus in Richtung Vlatten steigt der Weg wieder bergan. Etwa einen Kilometer hinter Heimbach müssen wir vom Hauptweg nach rechts auf die Landstraße in Richtung Hergarten abbiegen. Weil mir das Warten auf dem Hauptweg mangels sicherem Anhalteort zu gefährlich erscheint, fahre ich mit Reiner, Kalle und seinem Freund einige Meter hinein in den Abbiegeweg nach Hergarten. Dort sind wir eigentlich sehr gut zu sehen - denken wir. Von dort sehen wir sodann, wie wenig später der Rest unserer Gruppe vorbeifährt in Richtung Vlatten. Alle schauen nur gerade aus und keiner auch nur etwas nach rechts zu uns hin. Wir rufen und winken, aber niemand schaut und weg sind sie schon. Mehrere Autos folgen. Sofort bitte ich Kalle mit seinem schnellen Rollen, die verirrten einzufangen und zurückzubringen. Nach etwa zehn Minuten ist Kalle zurück. Er berichtet, er habe zuerst noch einige Autos überholen müssen, was nicht so einfach war und den Rest unserer Gruppe dann doch erreicht. Der mit dem Müller-Motorrad habe auch schon gewendet und bald müssten sie an unserem Warteort auch ankommen. Wir warten und warten, aber es kommt niemand. Kalle fährt mit seinem flotten Roller nochmals los. Nach weitern 10 Minuten ist er wieder zurück: Er sei bis Vlatten gefahren, habe aber niemanden mehr gefunden. Dann sind die also trotzdem weitergefahren.

Schade für das, was noch an Erlebnissen auf dem Plan steht. Die Freude hätten wir gerne noch mit den anderen geteilt. So fahren wir mit der Hälfte der Teilnehmer weiter. In Hergarten fahren wir kurz nach rechts um nach wenigen hundert Metern wieder nach links in Richtung Mechernich abzubiegen. Nach etwa einem Kilometer sind wir auf der nächsten Anhöhe angekommen. An der dortigen Kreuzung biegen wir nach links ab. Was jetzt über mehrere Kilometer ansteht, ist der lange Abstieg vom Eifelrand. Die Landschaftsansichten von hier aus sind einfach herrlich: Man sieht ganz links das riesige Tagebau-Loch mit all dem weißen Quarzsand des Hambacher Forstes und rechts in der Ferne das Siebengebirge. Gerade aus in der ferne liegt die Landschaft der Zülpicher Börde mit den Städten Zülpich und Euskirchen. Unmittelbar am Weg rechts und links die sanften Täler und Erhebungen des Eifelrandes. Nach etwa 3,5 Kilometer kommen wir in dem kleinen Ort Berg an, der nicht mit dem unmittelbar vor Nideggen liegenden gleichnamigen Ort verwechselt werden darf. In Berg biegen wir nach rechts ab und stärken uns in Floisdorf im Café Habig für den letzten Teil des Weges mit Kaffee und Kuchen. Kalle und sein Freund haben sich da schon verabschiedet. Beide müssen noch bis nach Kleinhau bzw. Baesweiler nach Hause fahren.

Der letzte Wegabschnitt führt uns noch durch den historischen Ortskern von Kommern, über Katzfey, Satzfey, Billig, Stotzheim, Flamersheim letztendlich nach Heimerzheim, wo wir die Tour um 17:30 Uhr nach 145 km Wegstrecke offiziell beenden.

Demnächst werde ich eine Tour anbieten, bei der die Verirrten dann Gelegenheit haben, die entgangenen Fahrfreuden nachzuholen.


In Nideggen auf dem Parkplatz vor der Burg:


Die Teilnehmer außer mir: Helmut, Reiner, Hans, Arpad, Bernd, Rainer und Kalle


Gruppenbild mit historischem Kraftwerk

Noch mehr Fotos zur Tour gibt es im Album


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Die nächsten Clubtermine

Swisttal, 17. Juli 2016

Text Hans Peter Schneider und Fotos: Kalle Dick und Hans Peter Schneider


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